Will man den Worten Berengars von Poitiers Glauben schenken, so war das am 25. Mai 1141 eröffnete Konzil von Sens eher ein wüstes Gelage als eine seriöse Versammlung ehrbarer Kirchenmänner. Aber Berengar hatte allen Grund, durch seinen Augenzeugenbericht das Konzil zu diskreditieren, denn von den Anwesenden wurde sein Lehrer, der Philosoph und Theologe Petrus Abaelardus, der Ketzerei beschuldigt. Abaelards Ankläger war kein Geringerer als der wortgewaltige und einflussreiche Zisterzienser Bernhard von Clairvaux.
Da war zum einen Abaelards bis heute romantisch verklärte Liebesbeziehung zu seiner Schülerin Heloisa, die für Abaelard mit der Kastration endete. Mehr noch aber erzürnten Abaelards theologische Werke die Zeitgenossen, denn er näherte sich dem Glauben mit der Methode der Vernunft: Auch Gott war nun der ratio unterworfen. In stärkerem Kontrast hätte er nicht zum Mystiker Bernhard von Clairvaux stehen können, der versuchte, Abaelard in 19 Punkten der Häresie zu überführen. Auf dem Konzil nahm Abaelard selbst nicht Stellung, aber er appellierte an Papst Innozenz II. – und scheiterte: Seine Schriften landeten im Feuer, und er selbst wurde zu lebenslanger Klosterhaft verurteilt, die er in einem cluniazensischen Priorat verbrachte. Als er schon im Jahr 1142 starb, ließ Heloisa seinen Leichnam in ihrem Kloster des Paraklet beisetzen. Sie selbst wurde nach ihrem Tod 1164 an Abaelards Seite bestattet.