Am 4. Juni 1949 versammelten sich etliche Menschen auf dem Betriebsgelände des Lebensmittelgroßhandels „Bernhard Müller Augsburg“. Das in der Stadt am Lech ansässige Unternehmen schrieb an diesem Tag Handelsgeschichte, denn eröffnet wurde das erste deutsche Selbstbedienungsgeschäft. Im „Blauen Laden“, so benannt nach der Müller’schen Markenfarbe, konnte die Kundschaft aus über 2000 Waren selbst auswählen. Was aus Sicht des Unternehmens ökonomisches Kalkül war, erwies sich als Revolution im Einkaufsverhalten. Die Geschäftsleitung von „Bernhard Müller Augsburg“ wurde durch die Konsumkultur der USA inspiriert; das Unternehmen „Piggly Wiggly“ hatte dort bereits 1916 einen ersten Selbstbedienungsladen eröffnet.
Hatten bislang die Verkäufer und Verkäuferinnen die gewünschte Ware einzeln über die Ladentheke gereicht, so nahmen nun die Kunden von Müller selbst die Waren aus dem Regal, legten sie in Holzkisten und trugen sie zur Kasse. Zunächst sollte ein einjähriger Testlauf mit ausgewählter Kundschaft erweisen, ob sich diese Methode als praktikabel erwies. Einkaufsberechtigt waren nur Betriebsangehörige mit einer speziellen Genehmigungskarte. Dennoch: Mit diesem ersten Gehversuch begann der Siegeszug der Selbstbedienung. Ein Jahr später erhielt auch die Stadtbevölkerung Augsburgs ihr erstes Selbstbedienungsgeschäft. Mit vollem Erfolg!