Johann Wolfgang von Goethe war ein alter Mann, als er 1831, nur wenige Monate vor seinem Tod, auf der Reise nach Ilmenau die kleine Jagdhütte an den Hängen des Kickelhahn inmitten des Thüringer Waldes noch einmal besuchen wollte. Er stieg ins obere Stockwerk des Holzhäuschens und blieb vor einer Inschrift stehen: „Über allen Gipfeln ist Ruh; in allen Wipfeln spürest Du kaum einen Hauch. Die Vögelein schweigen im Walde. Warte nur! Balde ruhest Du auch.“ Er selbst, Goethe, hatte diese Verse einst mit Bleistift an die Bretterwand geschrieben. Am 6. September 1780 war das gewesen. Goethe hatte damals Gesteinsuntersuchungen in den Silberbergwerken im nahen Ilmenau durchgeführt und war mit Carl August, Herzog von Sachsen-Weimar-Eisenach, auf die Jagd gegangen. Acht Tage hatte er damals in der Jagdhütte verbracht, und eines Abends griff er zum Bleistift. 1815 ließ Goethe das Gedicht in Band 1 seiner Werke drucken. Als er nun am Ende seines Lebens noch einmal auf die Verse blickte, war er tief bewegt und zu Tränen gerührt. Er veranlasste eine Erneuerung der bereits verblassten Inschrift.
Die Urinschrift, die im genauen Wortlaut wohl leicht von den uns vertrauten Zeilen abwich, ist nicht erhalten; eine Fotografie von 1869 zeigt die Verse in späterem Zustand. Denn ein Jahr später brannte die Jagdhütte auf dem Kickelhahn, das schon bald als „Goethehäuschen“ bekannt wurde, ab. Sie wurde kurz darauf originalgetreu wiederaufgebaut und ist bis heute das Ziel zahlreicher Besucher, die dort Goethes Gedicht in 15 Sprachen lesen können.