Im Oktober 1761 fand Jean Calas, protestantischer Kaufmann aus Toulouse, seinen Sohn Marc Antoine erhängt in seinem Haus vor. Um die Schmach des Selbstmordes zu vertuschen, gab die Familie zunächst an, der junge Mann sei ermordet worden. Als Calas später den wahren Hergang berichtete, wollte ihm niemand mehr glauben. Nachdem nämlich bereits 1756 einer von Calas‘ vier Söhnen zum Katholizismus übergetreten war, entstand schnell der Verdacht, der Vater selbst habe Marc Antoine getötet, um ihn am Übertritt zum katholischen Glauben zu hindern. Unter der Folter lieferte Jean Calas ein entsprechendes Geständnis ab und wurde des Mordes an seinem Sohn für schuldig befunden. Der Widerruf seines Geständnisses blieb unbeachtet. Am 10. März 1762 wurde er im Alter von 68 Jahren in Toulouse hingerichtet.
Der Fall war aber damit nicht abgeschlossen. Kein Geringerer als Voltaire interessierte sich für das Schicksal des Hingerichteten und fahndete nach den genauen Hintergründen von Marc Antoines Tod. Minutiös sammelte Voltaire alle Unterlagen und kam zu dem Schluss, Jean Calas sei Opfer eines Justizskandals geworden. Der Junge habe sich wegen Spielschulden erhängt und weil er aufgrund seiner Konfession sein Jurastudium nicht habe abschließen können. Voltaires „Traité sur la Tolé‧rance“ machte den Fall in Europa bekannt, so dass er schließlich die Wiederaufnahme des Prozesses erreichen konnte. 1765 wurde Jean Calas postum freigesprochen. Seine Familie erhielt vom König eine Entschädigung von 36000 Francs.