Jedes Jahr am 6. Juli wird in der Tschechischen Republik des religiösen Reformators Jan Hus gedacht, der 1415 als Ketzer verbrannt worden war. Ausgerufen wurde der nationale Feier‧tag im Jahr 1925, sieben Jahre nach der Gründung der ersten Tschechoslowakischen Republik. Mit seinem Kampf gegen eine verweltlichte, am Besitz orientierte römische Papstkirche, der ihn zum Vorläufer der lutherischen Reforma‧tion in Böhmen werden ließ, galt Hus der jungen Republik als Patron des nationalen Selbstbewusstseins. Auch der erste Staatspräsident Tomáš G. Masaryk berief sich in seinem Kampf um einen eigenständigen tschechoslowakischen Staat auf den Märtyrer Hus.
Die staatliche Schirmherrschaft über die Hus-Feiern führte jedoch 1925 zu Irritationen im Vatikan. Der päpstliche Nuntius verließ Prag, wor-auf auch die Tschechoslowakische Republik ihren Botschafter aus dem Vatikan abzog. Erst als vier Jahre später Masaryk den Jahrestag des heiligen Wenzel zum nationalen Feiertag erklärte und damit die Überkonfessionalität des Staates betonte, entspannte sich die Situation.
Innerhalb der katholischen Kirche des Landes schwelte der Konflikt jedoch weiter, tat sie sich doch schwer, Hus für sich zu vereinnahmen. Erst in den 1990er Jahren kamen unter Johannes Paul II. erste Zeichen aus Rom, die Geschichte des Jan Hus neu zu bewerten. Im Jahr 2000 würdigte der Papst dessen „sittlichen Mut“ und bat um Vergebung für die Leiden, die der Reformator und seine Anhänger hatten erdulden müssen.