Damit hatte niemand gerechnet. Bei Ausschachtarbeiten für ein Armenhaus, die 1653 nahe der Pfarrkirche St. Brice im belgischen Tournai stattfanden, stießen die Arbeiter auf ein Grab. In einer 2,20 Meter in den Boden eingetieften hölzernen Grabkammer befand sich ein männliches Skelett. Das Grab selbst war überhügelt und, das brachten weitere Ausgrabungen zwischen 1983 und 1985 zutage, Teil eines fränkischen Reihengräberfeldes. Um die Grabanlage herum waren 21 Pferde bestattet worden. Anhand eines Siegelrings mit einem stilisierten Bildnis und der Umschrift „CHILDIRICI REGIS“ konnte der Bestattete eindeutig identifiziert werden: Man hatte das Grab des Frankenkönigs Childerich I. (gest. 481/82) entdeckt.
Childerich war nicht nur König der Salfranken, sondern auch Administrator der römischen Provinz Belgica Secunda. Seine engen Beziehungen zum Römischen Reich und seinen militärischen Rang belegen zahlreiche Grabbeigaben: Neben römischen Münzen fand sich auch eine goldene Zwiebelknopffibel. Auf fränkische Traditionen verweisen hingegen die Art der Bestattung sowie die beigelegten Waffen: Spatha (zweischneidiges Schwert), Franziska (Wurfaxt) und Sax (einschneidiges Hiebschwert). Bereits zwei Jahre nach dem Fund publizierte der Arzt Jean-Jacques Chiflet den Grabschatz. Seine detaillierten Kupferstiche der einzelnen Gegenstände sind ein großer Glücksfall. Seitdem nämlich 1831 der größte Teil des Schatzes aus der Pariser National‧bibliothek gestohlen und zerstört worden war, bieten nur sie noch eine Ansicht der einzigartigen Funde.