Pfingstsonntag im Jahr 1783 in Island. Es versprach, ein schöner, warmer Tag zu werden, als gegen neun Uhr morgens plötzlich die Erde bebte. In der Laki-Spalte, einem Vulkansystem im Südosten Islands, bildete sich ein etwa zwölf Kilometer langer Riss. Aus der Eruptionsspalte schossen bis zu 1000 Meter hohe Lavasäulen. „Die Flut des Feuers ergoss sich mit der Geschwindigkeit eines großen, durch das Schmelzwasser angeschwollenen Flusses an einem Frühlingstag. In der Mitte der Feuerflut wurden große Felsen und Steinblöcke mitgeschwemmt, die sich wie riesige Wale beim Schwimmen tummelten, glutrot und leuchtend“, notierte Jon Steingrimsson, Priester in Skaftafell. Alles riss der Lavastrom mit sich. Ganze acht Monate lang, bis zum Februar 1784, hörte der Laki nicht auf, Lava und Asche zu spucken. Der größte dokumentierte Vulkanausbruch der Geschichte verfinsterte den Himmel; es legten sich Wolken von Asche und Gas über den Süden Islands, mit Folgen für das Klima in ganz Europa.
Jon Steingrimsson beobachtete, schrieb alles auf und wurde zum wichtigsten Chronisten der Naturkatstrophe. Er kam zu der Überzeugung, dass Gottes Strafgericht über die Isländer gekommen sei. Am 20. Juli 1783 predigte er in der Kirche von Kirkjubæjarklaustur über die Verfehlungen seiner Landsleute und soll mit seiner Wortgewalt den Lavastrom, der die Kirche und die Siedlung zu begraben drohte, zum Halten gebracht haben. Danach pries man ihn als „Eldklerkur“, als „Feuerpriester“.
