„Für ein paar kurze Morgenstunden ist in Potsdam das wilhelminische Zeitalter noch einmal zu gespenstisch strahlendem Leben erwacht.“ So beschrieb die „Vossische Zeitung“ den Vormittag des 19. April 1921. Der Anlass für diese Zeilen war das Begräbnis von Kaiserin Auguste Viktoria, der Gemahlin von Wilhelm II., die in Haus Doorn in den Niederlanden verstorben war. In ihrem Testament hatte sie ein Begräbnis in Deutschland, nicht im ungeliebten Exil, verfügt.
Der Tod der Kaiserin war ein Politikum für die noch junge Weimarer Republik, stellte er sie doch vor die Frage des Umgangs mit dem wilhelminischen Erbe. Keinesfalls sollte durch pompöse Aufmärsche während des Begräbnisses der Eindruck erweckt werden, dass Deutschland noch immer ein monarchistisch gesinnter Staat sei. Exkaiser Wilhelm II. und Kronprinz Wilhelm, beide im Exil lebend, blieben von den Feierlichkeiten ausgeschlossen. Auch die Reichsregierung sowie die Preußens nahmen nicht an der Beisetzung teil. Reichskanzler Constantin Fehrenbach kondolierte im Namen der Republik per Telegramm.
Die Kaiserin genoss im Volk allerdings noch immer große Popularität. Es hatte ihre zahlreichen karitativen Schirmherrschaften und ihr jahrzehntelanges soziales Engagement nicht vergessen. So säumten Hunderttausende den Weg, den der Trauerzug vom Kaiserbahnhof „Wildpark“ zur Begräbnisstätte nahm. Vor geladenem Kreis fand Auguste Viktoria im Antikentempel vor dem Neuen Palais im Park von Sanssouci die letzte Ruhe.