Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

3D-Blick durch Holo-Trick

Allgemein

3D-Blick durch Holo-Trick
Räumliche Bilder sichern heute Ausweise, Kreditkarten und Banknoten. Künftig soll die Holographie auch dreidimensionale Videos ermöglichen und extrem schnelle Computer, die mit Licht statt mit Elektronen rechnen.

Was heute in 3D dargestellt wird

Ein bedeutender Promi hat DIE SZENE verlassen. An der Supermarktkasse kann es jeder feststellen: Beethoven ist weg. Wer heute eine EC-Karte zückt, auf der noch immer das Konterfei des Komponisten dreidimensional in Regenbogenfarben schimmert und auf der der Musikus – aus dem richtigen Blickwinkel batrachtet – die rechte Hand ans Ohr legt, bezahlt entweder mit einer Rarität oder versucht es mit einer abgelaufenen Karte. Denn seit dem Wegfall der Euroscheck-Garantie vor drei Jahren verzichten die Banken bei der Ausgabe neuer Karten auf das schicke räumliche Bildchen am rechten Kartenrand. Doch auch wenn die Holographie damit einen Star weniger hat – die Technologie ist noch lange nicht auf dem Rückzug. Im Gegenteil.

Auch nach dem Holographie-Aus für Beethoven bleibt das wohl bekannteste und größte Anwendungsgebiet für Hologramme der Schutz vor Fälschern und Plagiaten. Über 400 Millionen US-Dollar setzt die Sicherheits-Branche pro Jahr mit derartigen Hologrammen um. Und die deutschen Behörden sind Spitzenreiter in Sachen holographische Sicherheit. „Das US-Außenministerium betrachtet die deutschen Pässe und Personalausweise als die derzeit weltweit sichersten“, sagt Günther Dausmann stolz. 23 Jahre lang hat der Optik-Experte mit bedächtigem bayerischen Akzent in den Labors seiner Firma Dausmann Holographics in Ottersberg bei München im Auftrag der Bundesdruckerei an den Sicherheitsmerkmalen getüftelt. Dabei herausgekommen sind fünf holographische Geheimnisse, die heute – versteckt in den Kunststoffschichten der Ausweispapiere – jedem Bundesbürger beim Blick auf den eigenen Pass entgegenleuchten. Auch auf Geldscheinen, Kreditkarten, Visa und selbstklebenden Produktsicherungen sind die 3D-Bilder zu finden.

Damit ist die Liste der Anwendungen für Hologramme noch nicht zu Ende. Ob als Hingucker in der Werbung, als bunter Aufkleber zum Markenschutz, als Wertmarke auf Verpackungen oder als Gimmick für originelle Geschenke: Überall finden die 3D-Bilder regen Absatz. Bereits 2001, analysierte die britische Unternehmensberatung Reconnaissance International, betrug der weltweite Gesamtumsatz mit Hologrammen in diesen Bereichen über 1,2 Milliarden Dollar. Tendenz: rapide steigend. Auch in der Kunst sind Hologramme beliebt. Da wurde im Juni 2004 die 3D-Technik auf den britischen Kanalinseln gar majestätisch. Im Museum von Mont Orgueil auf der Insel Jersey schimmert seither Queen Elisabeth II. bläulich von den Wänden. „Equanimity“ – auf deutsch: Gelassenheit – heißt das Werk einer Gruppe von vier britischen Holo-Künstlern. Und wie der Name ist auch der königliche Gesichtsausdruck: royaler Gleichmut in 3D.

Die Vielfalt der unterschiedlichen Hologramme am Markt ist auf den ersten Blick verwirrend. Prägehologramme, Volumenhologramme, Kinegramme, Multistereogramme, Amplituden- und Phasenhologramme sind die Schlagwörter, mit denen die Experten um sich werfen. Daneben existieren Weißlichthologramme, Regenbogenhologramme sowie Reflexions- und Transmissionshologramme (siehe Kasten rechts „Die Hologramm-Familie“). Allen gemeinsam ist das physikalische Prinzip: Die Information eines Bildes wird räumlich in drei Dimensionen auf einem lichtempfindlichen Medium festgehalten. Dazu reicht eine normale Fotoplatte. Doch eine Holo-Aufnahme unterscheidet sich grundsätzlich von einem Foto. Wer normal fotografiert, zeichnet nur die Helligkeit des direkt vom Objekt zur Kamera gelangenden Lichtstrahls auf. Die Rückseite eines Gegenstands lässt sich auf einem Foto nicht betrachten – das Bild ist zweidimensional. Wer holographiert, geht anders vor: Er nutzt einen physikalischen Effekt namens Interferenz. Der macht sichtbar, was auf der Rückseite des Gegenstands passiert – die Abbildung ist dreidimensional.

Anzeige

Der Trick der Holographen: Sie lassen bei der Aufnahme den Lichtstrahl mit einem zweiten – dem so genannten Referenz-Lichtstrahl – überlappen, den sie auf die Holo-Kamera schicken. Das Resultat des Licht-Rendezvous auf der Fotoplatte ist, physikalisch gesprochen, die Mischung beider Lichtwellen. Schließlich ist sowohl der eine als auch der andere Lichtstrahl nichts anderes als eine elektromagnetische Welle. Und wo sich die beiden treffen, entsteht ein streifenförmiges Muster, das aus der Verstärkung und Auslöschung der interferierenden Wellen herrührt.

Diese aufwendige Prozedur hat einen großen Vorteil: Im Streifenmuster ist die gesamte Bildinformation des Gegenstands enthalten. Durch erneute Beleuchtung mit dem Referenzlicht lässt sich das ursprüngliche Bild aus dem Interferenzmuster dreidimensional rekonstruieren – und im Gegensatz zum Foto auch die Rückseite des Gegenstands anschauen (siehe Kasten rechts „Das 3D-Geheimnis“).

Die Fotoplatte als Filmmaterial für die Holographie verliert dabei immer mehr an Bedeutung. Hologramme können auch in anderen lichtempfindlichen Materialien gespeichert werden. So lassen sich die 3D-Bilder in speziellen Kristallen oder Kunststoffen durch mikroskopische Veränderungen in der Kristallstruktur verewigen. Bereits zum Standard gehört das Prägen von Hologrammen auf Metallfolien.

Mit der weit verbreiteten Vorstellung eines räumlichen Bildes haben Hologramme in vielen Anwendungen aber kaum noch etwas zu tun. Der Trend geht dahin, statt ganzen Objekten lediglich so genannte optische Funktionen holographisch zu speichern. Die Rekonstruktion eines derartigen technischen Hologramms ist dann kein Kopf oder Bundesadler mehr. Stattdessen ist das 3D-Bild, je nach Art der Herstellung, eine spezielle optische Linse oder ein besonderer Spiegel. „Edle Holographie“ nennt Günther Daussmann die Herstellung solcher holographisch-optischer Elemente (HOE).

Das Resultat sind überraschende Effekte: Zum Beispiel bekommen Spiegel einen Knick in die Optik und können sich plötzlich ganz anders verhalten als nach dem bekannten physikalischen Prinzip „ Einfallswinkel gleich Ausfallswinkel“. So projizieren „ holographische Spiegel“ aus den in Kampfjets üblichen Head-Up-Displays die Instrumententafel während des Flugs direkt ins Sichtfeld und machen Blicke nach unten überflüssig. Ähnliche Elemente kommen in Messgeräten zum Einsatz, mit denen sich die Qualität von DVDs bestimmen lässt, und auch in Hochleistungslasern zur Materialbearbeitung. Beim Schweißen, Bohren und Löten mit Laserlicht begrenzen sie dessen Wellenlänge und machen das Strahlwerkzeug so leistungsfähiger und brillanter.

Noch recht neu ist die Nutzung der Holographie durch Archäologen. Die 3D-Technik macht die Arbeit der Altertumsforscher bequemer und viele Reisen überflüssig. So können Ägyptologen dank der Arbeit von Physikern der Universität Münster Keilschriftplatten zu Hause am Schreibtisch untersuchen. Die Holographieforscher aus Westfalen entwickelten dazu die erste tragbare holographische Kamera. Mit ihr ziehen sie seither durch Museen und Ausgrabungsstätten auf der ganzen Welt, um wertvolle Kulturgüter holographisch aufzunehmen. Mittels Laserlicht werden Topographie und Farbe einer alten Madonna, einer Keilschriftplatte oder eines Torsos mit einer Auflösung von drei Millionstel Meter auf einem Spezialfilm festgehalten. Der Vorteil für die Archäologen: Statt durch die ganze Welt zu reisen, können sie sich von bereits aufgenommenen und als 3D-Bild gespeicherten Schätzen einfach eine Hologramm-Kopie schicken lassen. Und weil sich mit einigen Tricks auch noch die Kontraste steigern lassen, ist die 3D-Kopie für die Forscher oft sogar nützlicher als das Original. Die UNESCO fördert daher das Projekt.

Wie Holo-Bilder in die Welt kamen

Manche Historiker behaupten, es sei lediglich der beginnende Kalte Krieg gewesen, der Ende der vierziger Jahre des 20. Jahrhunderts zur Entdeckung der Holographie geführt habe. Angesichts der Genialität des Holographie-Erfinders Dennis Gabor lässt sich über diese plakative These zwar streiten, Tatsache ist jedoch: In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg hatte der ungarische Physiker viel Zeit. Wegen seiner osteuropäischen Herkunft war der in London arbeitende 48-Jährige von den meisten der damals bahnbrechenden Forschungsarbeiten – etwa zur Mikrowellen-, Nuklear- oder Radartechnik – auf Befehl der Politiker ausgeschlossen. Also machte er sich daran, das Auflösungsvermögen der noch jungen Elektronenmikroskopie zu verbessern. Heraus kam 1948 eine Abhandlung über die „verzerrte Front elektromagnetischer Wellen“ – der Grundgedanke der Holographie war geboren.

Es dauerte jedoch noch 14 Jahre, bis mit dem inzwischen entdeckten Laserlicht das erste gelungene Hologramm entstand – von einem Spielzeugzug mit Vogel. Danach ging es Schlag auf Schlag: Dem Russen Uri Denisyuk gelang im selben Jahr 1962 das erste Hologramm mit normalem weißem Licht, 1967 wurde erstmals ein lebender Mensch mit einem Laser dreidimensional abgelichtet. Ein Jahr später wurde Holographie industriell nutzbar: Mit der Entwicklung des so genannten Regenbogenhologramms erfand der US-amerikanische Forscher Roger Benton vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) eine Methode, um Hologramme günstig mit Weißlicht aufzunehmen und in riesigen Stückzahlen zu produzieren. Seit Mitte der achtziger Jahre dienen solche Hologramme als Sicherheitsmerkmale – etwa auf Kreditkarten.

Anfang der siebziger Jahre erhielt die Holographie den wissenschaftlichen Ritterschlag – und Dennis Gabor den Nobelpreis. Der konnte es nicht fassen. Für ihn war die komplizierte Sache denkbar einfach gewesen: Er schäme sich fast, für eine so simple Entdeckung den Nobelpreis verliehen zu bekommen, schrieb der Physiker einem Freund. „Seither verläuft die Forschung in unterschiedlich starken Wellen der Begeisterung“ , stellte der Physiker Karsten Buse fest. Der Professor an der Universität Bonn forscht seit Jahren an Grundlagen und Anwendungen der Holographie.

Science-Fiction-Autoren ließen Raumschiffe starten, die holographische Notfallprogramme zur medizinischen Ferndiagnose an Bord hatten, in den Fantasien von Wissenschaftlern und Buchautoren wurde dreidimensional telefoniert und via Hologramm konferiert. Doch die meisten der schillernden Träume blieben bisher Vision. Sowohl holographische Telefonie als auch der Traum eines Holo-Fernsehens sind noch längst keine Realität. Ein fünfminütiger russischer Versuchsfilm, der vor 20 Jahren per Holographie gedreht wurde, ist bis heute das einzige Vorzeigestück. Der damalige Pionier des Holo-Kinos, Viktor Korma, ist mittlerweile im Ruhestand, seine Arbeiten werden nicht weitergeführt.

Im Media Lab des MIT wird dafür eifrig an anderen Verfahren zur Ausgabe von 3D-Bildern geforscht. Einige Prototypen des „ elektro-holographischen Videos“ gibt es bereits. Statt aus realen Bildern auf lichtempfindlichen Platten wird das Hologramm dabei mit Computerhilfe generiert. Superrechner kalkulieren die entsprechenden Interferenzbilder, die so genannte akusto-optische Modulatoren mit Hilfe von Kristallen und Schallwellen wieder in sichtbares Laserlicht übersetzen. Die technischen Ansprüche sind allerdings gewaltig: 40 000-mal so viele Daten wie bei einem normalen Bildschirm müssen verarbeitet werden. Während beim gewöhnlichen Fernsehen ein Bildpunkt rund 100 Mikometer groß ist, setzt sich ein Elektrohologramm aus Pünktchen im Abstand von nur 0,5 Mikrometern zusammen. Da wird schon ein kleines Bild ein echter Datenriese. Der Rekord beim technisch machbaren Bildformat liegt derzeit bei Handtellergröße.

Wohin die Holo-Reise führt

Geht es nach der Bank von Malaysia, so hat die Zukunft der Holographie bereits begonnen. Als neuen Fälschungsschutz ihrer Geldscheine setzt der asiatische Staat auf versteckte Informationen und auf den Trend der Maschinenlesbarkeit von Hologrammen. „Unter dem Licht eines speziellen Laserpointers kann man auf einem Bildschirm die Buchstaben MY erkennen“, erklärt Günther Dausmann die Neuheit. Mit bloßem Auge ist nichts zu sehen. Auch im deutschen Reisepass steckt Verborgenes: Unter dem roten Punkt links auf dem Foto kann ein Gerät holographisch gespeicherte Informationen auslesen. Um den Kopierschutz zu erhöhen, ist dort codiert, ob es sich um einen Pass oder einen Personalausweis handelt. In Zukunft könnten dort auch biometrische Merkmale – zum Beispiel die Augenfarbe oder der genetische Code – holographisch unsichtbar hinterlegt werden.

Als Ultima Ratio für die Sicherheit träumen die Forscher von einer so genannten Phasenkorrelation, die nach dem „ Schlüssel-Schloss-Prinzip“ funktioniert. Dabei würde auf dem Pass das Hologramm einer mikroskopisch klein strukturierten Fläche gespeichert. Der Clou: Die darin versteckten Informationen könnte nur derjenige lesen, der das genaue Gegenstück der Mikrostrukturierung kennt. Das Schloss befände sich damit auf dem Pass, den Schlüssel hätte nur die Einwanderungsbehörde. Weil die Strukturen im Bereich von millionstel Millimeter liegen, wäre es für einen Fälscher praktisch unmöglich, das Schloss von einem gültigen Pass zu kopieren. „Das ist das Sicherste, was man sich heute vorstellen kann“, sagt Günther Daussmann. Ein Patent dazu gibt es bereits. Nachteil: Über die Frage „Ist der Pass echt oder nicht?“ könnte nur noch eine Maschine entscheiden – zu sehen wäre das nicht.

In Richtung holographisches Versteck soll es nicht nur bei Pässen, Kreditkarten und Banknoten gehen. „Holographische Speicher sind ein Dauerbrenner in der Forschung“, sagt der Bonner Physiker Karsten Buse. Die Idee: Statt räumliche Bilder zu speichern, nutzt man die lichtempfindlichen Materialien, um viele Hundert zweidimensionale Seiten, beschrieben mit Bits aus Einsen und Nullen, übereinander – und damit dreidimensional – in den Film zu schreiben. Das Resultat ist im Prinzip ein Buch aus lauter Digitalbuchstaben – in Form eines Holo-Speichers. Um in dem Digi-Buch zu blättern und die Informationen zu lesen, muss man bloß den Einfallswinkel eines Lese-Laserstrahls verändern.

Die aufwendige Mechanik einer herkömmlichen CD, DVD oder Festplatte fiele damit weg. Und auf das Volumen einer DVD würden sich prinzipiell 10 000 Gigabyte Daten packen lassen – rund 2000-mal so viele wie bisher. Bislang gestaltet sich die Suche nach dem richtigen Material allerdings recht schwierig. Doch dem Vernehmen nach setzt der Branchenriese Sony auf eine holographische Technologie als Nachfolger der DVD. Die US-amerikanische Firma InPhase, nach eigenem Bekunden Weltmarktführer im Bereich der Holo-Speicher, hat die Markteinführung einer holographischen Datenscheibe für 2006 angekündigt. Mehr hieße dann auch: schneller. Das Speichermedium, das ähnlich aussieht wie eine konventionelle CD oder DVD, soll 200 Gigabyte Daten aufnehmen und sie mit einer Geschwindigkeit von 20 Megabyte pro Sekunde abspielen können – das wäre immerhin mit etwa der dreifachen Zugriffsgeschwindigkeit eines DVD-Laufwerks.

In der Medizin soll die Holographie den Chirurgen zu mehr Sicherheit während minimalinvasiver Operationen verhelfen. „ Diagnosen nur mit den Kamera-Bildern der Endoskope zu stellen, ist äußerst schwierig – durch einen endoskopischen Kanal können Sie schließlich nicht tasten“, erläutert Gert von Bally, Leiter des Labors für Biophysik an der Uniklinik Münster. Das Problem: Weil die Ärzte nur die Oberfläche eines Darms, Magens oder einer Leber sehen, wissen sie oft nicht, ob sich knapp darunter ein Tumor verbirgt.

Das in Münster entwickelte „fühlende Endoskop“ nimmt deshalb neben den normalen Bildern des Bauchraums auch einige Hologramme in extrem kurzen Zeitabständen hintereinander auf. Gespeichert werden sie nicht einzeln, sondern übereinander wie auf einem doppelt belichteten Film. Das Resultat: Auf dem holographischen Bild wird sichtbar, wie sich die Oberfläche im Körperinneren zwischen zwei Aufnahmen bewegt hat. „Damit kann man Elastizitätsunterschiede unter der Oberfläche sehr genau erkennen“ , sagt Bally. Auch die Funktion von Herzklappen lässt sich auf diese Weise untersuchen. Der Prototyp des sensiblen OP-Geräts wird zurzeit in der Münsteraner Uniklinik getestet.

In anderen Bereichen funktioniert das Prinzip der holographischen Interferometrie schon. Mit der Doppelbelichtungsmethode untersuchen Ingenieure Schwingungsbelastungen in Brücken und Turbinen oder gehen dem Dröhnen von Motoren nach. Die holographische Zukunft ist auf jeden Fall digital. Zur schnellen Aufnahme eines Hologramms werden die herkömmlichen lichtempfindlichen Materialien bald ausgedient haben. „In absehbarer Zeit werden CCD-Kameras die Hologrammen aufzeichnen“, prognostiziert Karsten Buse. Heute haben die CCD-Chips bereits Pixelabstände von einigen Mikrometern. „Wenn die Abstände noch um den Faktor zehn kleiner werden, kann man Hologramme in guter Qualität direkt digital aufnehmen“, sagt Buse.

Spätestens dann könnte die Holographie ihren Siegeszug in großem Stil dort antreten, wo sie herkommt: Zur Verbesserung der Mikroskopie im Allerkleinsten. Forscher experimentieren damit, holographische Linsen in die Optik eines Mikroskops zu integrieren. Weil ein derartiges Hologramm immer „weiß“, aus welcher Richtung der Lichtstrahl kommt, erreicht man elegant eine hohe Tiefenauflösung. „Schon heute sehen wir mit holographischen Mikroskopen auf zehn Nanometer genau“, sagt der Biophysiker Gert von Bally. In Zukunft wollen die Wissenschaftler mit ähnlichen Geräten in der Biologie und Pharmaforschung den Molekülen dreidimensional beim Arbeiten zusehen.

Dafür denken die Wissenschaftler gerade darüber nach, die Lichtsorte zu wechseln. Denn für manche Fragestellungen liefern holographische Aufnahmen mit Elektronen und Röntgenstrahlung eine deutlich bessere Auflösung als sichtbares Licht. So konnten ungarische Forscher vor einiger Zeit mit Röntgenstrahlung die Position eines einzelnen Kobalt-Atoms in einem Kristall auf 0,05 Nanometer genau bestimmen – das ist ein Bruchteil des atomaren Durchmessers.

Wohin die Holo-Reise in den nächsten 20 Jahren gehen wird, ist nicht abzusehen. An holographischen Antireflexionsschichten für Lacke arbeiten die Forscher genauso wie an Holo-Spiegeln, um die Effizienz von Solarzellen zu verbessern. Auch als Bandfilter für die Telekommunikation sind die holographischen Elemente im Gespräch. Und klappt ein Plan der NASA, wird die US-Raumfahrtbehörde sogar ein Holo-Mikroskop auf die Internationale Raumstation entsenden. Von dort sollen 3D-Daten von wissenschaftlichen Experimenten unverzüglich die Reise zur Erde antreten und für Forscher sichtbar gemacht werden. Nicht zuletzt lassen sich Photonische Kristalle, die als Hoffnungsträger der Optoelektronik von morgen gelten (bild der wissenschaft 11/2003, „Wie das Licht die Kurve kriegt“), durch besonders dicke Hologramme herstellen. Diese Kristalle gehen mit Lichtteilchen so um, wie es heute schon Halbleitermaterialien mit Elektronen tun. Sie könnten in fernerer Zukunft die Siliziumtechnologie ablösen und den Bau von Rechnern ermöglichen, die optisch statt elektrisch gesteuert werden. ■

Tobias Beck

Ohne Titel

Auf einem normalen Foto kann nur das geschulte Auge Informationen über die räumliche Tiefe des Geschehens erkennen. Automatisch ordnet das Gehirn die vollständig sichtbaren, großen und scharfen Objekte dem Vordergrund zu und schiebt kleine, unscharfe Objekte in den Hintergrund. Auf dem belichteten Film ist außer der Farbe nur die Helligkeit des Lichts gespeichert, die von den einzelnen Bildpunkten ausgeht – konkrete räumliche Informationen fehlen. Sieht man auf dem Bild beispielsweise einen Elefanten von vorne, ist der hintere Teil des Tiers, der von dem Vorderkörper verdeckt wird, nicht zu erkennen. Er bleibt pure Einbildung des Gehirns.

Ein Hologramm – egal welcher Art – nimmt dagegen nicht nur die Helligkeit eines Bildpunkts auf, sondern speichert auch die Information darüber, wann das Licht von diesem Punkt gestartet ist. Physiker nennen dieses Merkmal Phasenunterschied. Da das Hinterteil des Elefanten weiter von der Holo-Kamera entfernt ist als der Kopf und die Vorderbeine, muss die Lichtwelle dort früher gestartet sein, wenn sie gleichzeitig ankommt. Um ein echtes dreidimensionales Bild zu erhalten, muss neben der Helligkeit auch diese Verschiebung der Startzeiten bekannt sein.

Der Trick: Statt des realen Helligkeitsbildes – wie auf einemFoto – wird beim Hologramm das Interferenzmuster aufgenommen, das bei der Überlagerung zweier Lichtwellen entsteht. Diese beiden Lichtwellen erhält man, indem eine einzelne Welle durch einen Strahlteiler in zwei Teile aufgespaltet wird. Ein Teil, die so genannte Objektwelle, trifft auf das abzubildende Objekt, der andere Teil wird direkt auf das Aufnahmemedium gelenkt – etwa eine Fotoplatte, ein Kristall oder eine Kunststofffolie.

Um die Phasenunterschiede zwischen den beiden Teilwellen genau abbilden zu können, braucht man für die Aufnahme eine kohärente Lichtquelle, zum Beispiel Laserlicht. Dabei schwingen die Lichtwellen – anders als bei weißem Licht – in einem genau definierten Verhältnis und damit gewissermaßen im Gleichschritt. Diese Eigenschaft nennen Physiker Kohärenz.

Allerdings kann man eine holographische Aufnahme in der Regel nicht einfach wie ein herkömmliches Foto betrachten. Man braucht stattdessen kohärentes Licht derselben Wellenlänge wie beim Abbilden, um das 3D-Bild sichtbar zu machen. Mit diesem Licht wird das holographische Interferenzmuster beleuchtet, wodurch das virtuelle 3D-Bild für den Betrachter sichtbar ist. Manche Arten von Hologrammen lassen sich auch in normalem Licht anschauen – dann aber nur unter bestimmten Winkeln (siehe Kasten: „Die Hologramm-Familie“)

Der große Vorteil der Holographie: Zwar kann man das gespeicherte Bild je nach Art des Hologramms nur mit einer ausgefeilten Beleuchtungstechnik wieder erscheinen lassen, doch dafür enthält jeder Bildpunkt die gesamte Information des Bildes. Zerschneidet man ein Foto, fehlt die Hälfte. Macht man das gleiche mit einem Hologramm, ist lediglich der Betrachtungswinkel eingeschränkt.

Ohne Titel

Laser-Transmissionshologramm: Während der Aufnahme treffen bei diesem Hologramm Objekt- und Referenzstrahl von der gleichen Seite auf die lichtempfindliche Platte. Die Interferenzstreifen sind nur auf der Oberfläche gespeichert. Daher heißt diese Hologramm-Art auch Flächenhologramm. Das Bild kann nur mit Laserlicht einer bestimmten Wellenlänge rekonstruiert werden. Dazu muss die Platte von der entgegengesetzten Seite beleuchtet werden. Es liefert das schärfste Bild aller Hologramm-Typen und dient oft für Kopien und viele andere Arten von Hologrammen als Vorlage.

Amplitudenhologramm und Phasenhologramm: Diese beiden Bezeichnungen beschreiben die Art, wie das Hologramm auf dem Filmmaterial gespeichert wird. Beim Amplitudenhologramm ist das Interferenzmuster als unterschiedliche Schwärzung im Film hinterlegt. Nachteil: Bei der Rekonstruktion des Bildes wird an den dunklen Stellen Licht absorbiert, und das Bild erscheint deshalb dunkler als das Original. Dieses Manko hat das Phasenhologramm nicht. Das Muster wird bei ihm als Reliefstruktur einer Oberfläche aufgezeichnet. Deshalb müssen die Rekonstruktionswellen durch unterschiedlich dicke Schichten eines Films laufen.

Volumenhologramm: Hier breitet sich das Interferenzmuster über die ganze Dicke der Fotoplatte aus – im Gegensatz zum Flächenhologramm. Das Hologramm lässt sich auch unter weißem Licht und in Reflexion betrachten. Zudem sind Volumenhologramme in Echtfarben möglich.

Regenbogenhologramm: Dies ist das am weitesten verbreitete – weil billigste – Verfahren. Um den Nachteil der Einfarbigkeit eines Flächenhologramms zu umgehen, wird lediglich ein kleiner Streifen eines Flächenhologramms – eines so genannten Masters – auf eine zweite Platte kopiert. Vorteil: Das Hologramm ist auch unter weißem Licht zu sehen. Allerdings erscheint es nur in einer vertikalen Perspektive und, je nach Betrachtungswinkel, in den unterschiedlichen Farben des Regenbogens. Massenprodukte werden als Stempel hergestellt, das Hologramm meist in Kunststoffe geprägt. Auch in Regenbogenhologrammen lassen sich mehrere Bilder speichern. Allerdings sind Echtfarbenhologramme mit dieser Technik nur unter einem bestimmten Winkel in den tatsächlichen Farben des Objekts sichtbar.

Multistereogramm: Es ist kein Hologramm im eigentlichen Sinn. Eine große Zahl normaler Fotos, die ein Objekt aus verschiedenen Perspektiven zeigen, werden in einem Hologramm gespeichert. Der räumliche Eindruck entsteht dadurch, dass jedes Auge eine andere Perspektive des Bildes sieht. Auf diese Art funktioniert auch das herkömmliche 3D-Sehen der Stereographie. Durch Speichern ganzer Bildsequenzen unter unterschiedlichen Winkeln lassen sich sogar Bewegungseffekte erzielen. So funktionierte das Beethoven-Hologramm auf der EC-Karte. Auch die Laufeffekte, die als „Kinegramm“ auf Geldscheinen und Pässen für scheinbare 3D-Bewegung und Farbe sorgen, beruhen auf diesem Prinzip.

Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

For|sy|thie  〈[–tsj] f. 19; Bot.〉 Angehörige einer Gattung der Ölbaumgewächse, beliebter Zierstrauch in Anlagen mit gelben Blüten: Forsythia suspensa; Sy Goldflieder … mehr

Che|mi|gra|fie  〈[çe–] f. 19; unz.〉 Verfahren zur Herstellung von Druckstöcken für den Hochdruck auf fotograf. Weg; oV Chemigraphie … mehr

Fern|seh|ka|me|ra  〈f. 10〉 Gerät zum Aufnehmen von Bildern für das Fernsehen

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige