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Das virtuelle Labor

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Das virtuelle Labor
Experimente im Supercomputer – via Datennetz Lawrence

Werden Elementarteilchen künftig in Supercomputern anstatt in Supercollidern beschleunigt? Kann Kernfusion bald am Bildschirm simuliert anstatt in teuren Reaktoren getestet werden? Am neuen Supercomputer-Zentrum des National Laboratory in Berkeley (LBL) werden virtuelle Experimente ohne Labor- und Landesgrenzen geplant.

Während andere Supercomputer-Zentren im Zuge von Sparmaßnahmen um ihre Existenz bangen, erhielt das LBL 40 Millionen Dollar für den Ausbau seiner Anlage. Stolz präsentiert jetzt der stellvertretende Labor-Direktor Bill McCurdy die geballte Rechenkraft im neuen National Energy Research Scientific Computing Center (NERSC): fünf Cray-Supercomputer. „Schon jetzt kann praktisch der gesamte Inhalt der National Library gespeichert werden“, erklärt McCurdy. „Ende des Jahres paßt sie sogar zehnmal hinein.“

Aber nicht nur Speicherkapazität, sondern auch schnelles Abrufen und Verarbeiten der Daten ist entscheidend. McCurdy verweist auf den Prototyp künftiger Super-Rechner: „Parallele Datenverarbeitung wird nicht mehr von teuren, maßgeschneiderten Prozessoren erledigt, sondern von vernetzten Standardprozessoren.“

Um die schnellen Rechner den Wissenschaftlern landesweit und international zugänglich zu machen, hat LBL sein eigenes „ESnet“ entwickelt. Die neue Vernetzungstechnik läßt 30 Energieforschungszentren in den USA direkt und schnell mit den Berkeley-Rechnern kommunizieren.

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Internationale Partner in Japan, Italien und Deutschland – via Deutsches Forschungsnetz (DFN) – sind über das weltumspannende Internet angeschlossen. „Hier gibt es allerdings noch Engpässe“, gesteht ESnet-Leiter Jim Leighton. Im Kontrollraum verfolgt ein halbes Dutzend Angestellte am Bildschirm oder an einer wandgroßen Projektion, ob alle Datenleitungen auf „grün“ stehen.

In diesem Raum können auch Videokonferenzen mit Teams in München oder Tokio geschaltet werden. Das hilft bei der internationalen Zusammenarbeit, etwa am geplanten Fusionsreaktor ITER. Neben neuer Technik wird viel Wert auf eine fachlich breit gefächerte Mannschaft gelegt, um die tiefe Kluft zwischen Computer- und Naturwissenschaften zu überbrücken: Während sich die Programmierer oft als „Virtuosen“ sehen, klagen Physiker und Genetiker – als Nutzer -, daß an ihren Bedürfnissen vorbeiprogrammiert wird.

Das versucht der deutschstämmige Horst Simon als NERSC-Direktor zu ändern. Seine Erfahrungen beim Luftfahrt-Unternehmen Boeing, am NASA Ames Forschungszentrum und bei der Software-Firma Silicon Graphics könnten ihm dabei helfen. Er plant, mit dem ICSI in Berkeley zusammenzuarbeiten, um auch deutschen Stipendiaten das LBL-Zentrum zu erschließen.

Zu den Dienstleistungen des LBL-Supercomputer-Zentrums zählt auch die bildliche Darstellung von Daten. So kann ein Wissenschaftler seine Zahlenkolonnen an ein „Visualization-Team“ geben, das sie in dreidimensionale Computergrafiken übersetzt. Besonders beeindruckend ist eine Wandprojektion von Gasturbulenzen – oder Molekülstrukturen, die mit 3-D-Brille betrachtet wie Kraterlandschaften oder Sternengalaxien im Raum stehen. Der Betrachter kann mit einem pistolenartigen Manipulator sein Daten-Modell drehen und wenden, um es von allen Seiten anzuschauen. „Künftig wird er seine Daten auch fühlen und die virtuellen Krater betasten können“, erklärt die Teamleiterin Nancy Johnston.

Experimentieren die Wissenschaftler bald nur noch am Computer? „Ich glaube nicht, daß Rechner sämtliche Teilchenbeschleuniger und Reaktoren ersetzen werden“, sagt Horst Simon. „Aber Computer können Experimente besser simulieren und auswerten.“

Supercomputer-Zentren: An etwa 20 US-Forschungszentren stehen Supercomputer – die zur Zeit schnellsten Rechner – für wissenschaftliches Arbeiten bereit. Zu den größten zählen die von der National Science Foundation finanzierten Zentren an der University of Pittsburg, der University of Illinois, der Cornell University und der University of California in San Diego. Auch das vom Energieministerium unterstützte Zentrum am Lawrence Berkeley Laboratory gehört dazu.

Internet: Es entstand aus dem „ARPAnet“, das in den sech- ziger Jahren vom US-Verteidigungsministerium entwickelt wurde. Das Internet wurde populär – und damit für wissenschaftliches Arbeiten zu langsam, weil überlastet. Die National Science Foundation begann daher mit dem Aufbau des Internet II oder „vBNS“ (very high speed Backbone Network Service). Das Energieministerium hat seine Labors über das schnelle „ESnet“ verknüpft.

ICSI: das „International Computer Science Institute“ in Berkeley wurde vor einem Jahrzehnt von der University of California in Berkeley gegründet, zusammen mit der Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung (GMD) in St. Augustin bei Bonn. Finanziert wird das Rechenzentrum von einem deutsch-schweizerischen Förderverein, unter Beteiligung weiterer internationaler Partner.

Infos im Internet Lawrence Berkeley National Laboratory (LBL): http://www.lbl.gov/ International Computer Science Institute (ICSI): http://www.icsi.berkeley.edu/

Bruni Kobbe

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