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Ewige Wiederkehr

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Ewige Wiederkehr
Das Ende eines Universums könnte die Geburt eines neuen gewesen sein: unseres eigenen. Vielleicht oszilliert es in einem ständigen Kreislauf von Werden und Vergehen.

„Jeden Morgen, wenn ich aufwache, überrascht es mich aufs Neue, dass diese Möglichkeit existiert – und sogar schon vor Jahrzehnten hätte vorausgesagt werden können.“ Paul J. Steinhardt wird nicht müde, seine Begeisterung in Worte zu fassen. Mit fast kindlichem Überschwang schwärmt er immer wieder von „dieser Möglichkeit“ – einem Universum, das seit aller Ewigkeit existiert und doch von einem Urknall zum nächsten gelangt: „Der Urknall muss nicht der Anfang von Raum und Zeit sein, sondern könnte ein Übergang sein zwischen einer gegenwärtig expandierenden und einer zuvor kontrahierenden Phase.“ Was sich so einfach anhört, ist in Wirklichkeit das Resultat kühner Überlegungen und raffinierter Berechnungen an der vordersten Front der Physik. Aber erfindungsreich war Paul Steinhardt schon immer. Der Albert-Einstein-Professor für Physik und Astronomie an der Princeton University im US-Bundesstaat New Jersey hat sogar drei Patente. Sie entspringen aus seiner Leidenschaft für Quasikristalle. Diese faszinierenden geometrischen Objekte sind im Gegensatz zu echten Kristallen nicht periodisch und symmetrisch, obwohl auch sie aus einfachen Elementarzellen bestehen, die in der Theorie zu beliebig vielen Konfigurationen zusammengelagert werden können. 1984 hatte Steinhardt mit seinem Kollegen Dov Levine vorausgesagt, dass diese mathematischen Objekte auch in der Natur vorkommen – inzwischen haben sie Recht bekommen. Außerdem bewies der Theoretische Physiker viel praktisches – patentreifes – Gespür und entwickelte eine Anleitung für den Vierfarbendruck, bei dem sich mit einem Quasikristall-Punktmuster eine unerwünschte Linienbildung vermeiden lässt, was bei den üblichen symmetrischen Verfahren nicht möglich ist. Wie die Quasikristalle begann auch die Kosmologie als Nebenbeschäftigung für den gelernten Quantenfeldtheoretiker, „aber beide Gebiete wurden zu lebenslangen Interessen“. Steinhardt ist einer der Mitbegründer der Inflationstheorie, die beschreibt, wie sich das Universum im ersten Sekundenbruchteil exponentiell ausgedehnt haben soll (bild der wissenschaft 12/2001, „Modell Klassik“). Diesem seit den letzten 20 Jahren immer einflussreicher gewordenen Modell stellte er letztes Jahr einen raffinierten Konkurrenten entgegen: das Szenario vom Ekpyrotischen Universum, das den Urknall durch den Zusammenprall zweier Universen erklärt (bild der wissenschaft 12/2001, „Modell Avantgarde“). Nun geht Steinhardt noch einen Schritt weiter und behauptet, dass sich diese kosmische Kollision in alle Ewigkeit wiederholt – so als würden zwei unendlich große Hände rhythmisch klatschen. Dieses „Zyklische Universum“ ist eine völlig andere Vorstellung vom Kosmos, und Steinhardt würde sie am liebsten „die Kosmologie des 21. Jahrhunderts“ nennen. „Zuerst dachte ich, das neue Modell sei ein gutes Mittel, um die Inflationstheorie zu testen – um zu sehen, wie leistungsfähig diese Idee ist. Ich bin kein Experimentalphysiker, und das beste, was ein Theoretiker bei der Überprüfung einer Theorie tun kann, ist zu zeigen, wie schwierig es ist, mit einer guten Alternative aufzuwarten.“ Zu seiner großen Überraschung gelang es ihm zusammen mit seinem kongenialen Kollegen Neil Turok von der University of Cambridge tatsächlich, einen Konkurrenten zu kreieren. Und der ist in mancher Hinsicht sogar einfacher als die bisherige Vorstellung vom inflationären Universum – doch das erschließt sich erst nach einem gedanklichen Ausflug in eine höhere Dimension. Den theoretischen Rahmen des Zyklischen Universums liefert nämlich eine Variante der String-Kosmologie. Sie basiert auf der String-Theorie, die von vielen Experten als aussichtsreichster Kandidat für eine „Theorie von allem“ gehandelt wird, als Synthese von Relativitäts- und Quantentheorie. Die String-Theorie beschreibt die Elementarteilchen nicht als Punkte, sondern als Anregungen schwingender Saiten („Strings“), winziger eindimensionaler Objekte. Experimentelle Beweise dafür gibt es bislang allerdings nicht. Dennoch hat sich die String-Theorie für viele Physiker als so leistungsfähig erwiesen, dass sie inzwischen sogar kosmologische Anwendungen findet. Eine besonders populäre Variante der String-Kosmologie nimmt an, dass es eine fünfdimensionale Raumzeit gibt, die von zwei vierdimensionalen „ Branen“ begrenzt wird – ähnlich wie zwei parallel aufgehängte Leintücher den Raum zwischen ihnen einschließen. Diese beiden „ Leintücher“ sind jedoch ganze Universen, und unser vertrautes All ist eines davon. Was sich in der „Bran am anderen Ende der Welt“ verbirgt, jenem schattenhaften Paralleluniversum, das der String-Theorie zufolge von unserem nur um eine Haaresbreite getrennt ist – aber eben in der fünften Dimension –, wissen die Forscher nicht. Doch das ist auch unwesentlich für ihre weit reichenden Schlussfolgerungen. Vielleicht gibt es in dem Paralleluniversum ebenfalls Sterne, deren Einfluss in unserem All sich als Dunkle Materie bemerkbar macht. Denn die Schwerkraft soll die fünfte Dimension durchqueren können – im Gegensatz zum Licht, das in einer Bran gefangen bleibt, weshalb es unmöglich ist, das andere Universum zu sehen. Nachdem Steinhardt und Turok einen Vortrag des String-Theoretikers Burt A. Ovrut von der University of Pennsylvania über Branen hörten, begann ein Brain-Storming, das Steinhardt nun augenzwinkernd als „ Bran-Storming“ bezeichnet und das letztlich zum Weltmodell des Zyklischen Universums geführt hat. „Wir hatten das große Bild nicht von Anfang an vor Augen, sondern wurden von einer Serie von Entdeckungen geleitet“, erinnert er sich an die letzten eineinhalb Jahre harter Arbeit, an denen auch sein Student Justin Khoury sowie Ovrut und Nathan Seiberg vom Institute of Advanced Study in Princeton mitwirkten. „Es war wirklich eine aufregende Achterbahnfahrt, keine geplante geradlinige Reise.“ Die erste Entdeckung war, dass die Bran-Kollision einen Urknall mit all den heute noch beobachtbaren Folgen produzieren konnte. Die zweite, ebenso überraschende Erkenntnis war, dass sich auch die geheimnisvolle Dunkle Energie in das Szenario integrieren lässt. Ihr Beitrag zur Gesamtenergiedichte des Universums ist doppelt so groß wie der aller sichtbaren und unsichtbaren Materie, und sie führt dazu, dass sich der Weltraum gegenwärtig immer schneller ausdehnt (bild der wissenschaft 7/2001, „Die mysteriöse Dunkle Energie“ und 4/2002, „Finstere Zukunft“). Das belegen kosmische Vermessungen mit Hilfe ferner Sternexplosionen. Doch die Natur der Dunklen Energie entzieht sich bislang dem Verständnis der Wissenschaftler. Michael Turner von der University of Chicago spricht sogar vom „größten Rätsel der gegenwärtigen Physik“. „Im Zyklischen Modell spielt die Dunkle Energie eine wesentliche Rolle, indem sie erst die Bedingungen dafür schafft“, erläutert Steinhardt. In seinem Modell ist die Dunkle Energie nichts anderes als die Wirkung eines bislang unbekannten Kraftfelds – Radion genannt – das die fünfdimensionale Raumzeit zwischen den beiden Branen durchzieht. Es unterliegt einer periodischen Veränderung, die mit einem ständigen Wechsel von Entfernung, Wiederannäherung, Kollision und neuer Entfernung der Branen einhergeht. Die Kollision entspricht dabei dem Übergang von einem Endknall zu einem neuen Urknall, in dem die Bewegungsenergie der Branen in Materie und Strahlung umgewandelt wird. Bei diesem kosmischen Crash schrumpft die fünfte Dimension für einen Moment auf Null. „Was bislang immer als katastrophale Singularität erschien, ist die mildeste Form möglicher Singularitäten – das Verschwinden einer Dimension“, sagt Neil Turok. „Der Raum kollabiert, aber nicht unser Raum – es ist die Extradimension“, ergänzt Steinhardt. „Was wir also vorschlagen ist, dass der Urknall nicht aus dem Kollaps des Raumes, sondern nur aus dem der Extradimension entspringt. Daher bleiben Temperatur und Dichte endlich. Es gibt keinen Grund, warum die Extradimension nicht wieder auftauchen kann und die Zeit weiterläuft.“ Die kurzfristige Kollision führt nur so lange zur Branen-Verschmelzung, bis sich die fünfte Dimension erneut entfaltet. Dann trennen sich die Universen wieder. „Kurzfristig können Teilchen und Strings von einer Bran zur anderen wechseln. Was wohin gehört, lässt sich im Moment der Fusion nicht sagen“, erläutert Neil Turok. Im März hat er auf einer internationalen Konferenz in München den staunenden Zuhörern demonstriert, dass die Vorstellung einer Auf- und Abprall-Kollision der Branen sogar äquivalent ist mit einer vollständigen Durchdringung: Die beiden Branen würden dann gleichsam periodisch die Seiten wechseln. Und noch eine Entdeckung haben Steinhardt und Turok gemacht: Es gibt eine Attraktor-Lösung für verschiedene Geschwindigkeiten der Branen vor und nach der Kollision, die auch bei kleinen Zufallsschwankungen über die Zeit hinweg stabil bleibt. So ist es möglich, dass sich die Vorgänge beliebig lange wiederholen. „Die Zyklen können in die unendliche Vergangenheit zurückreichen“, sagt Steinhardt, „und für lokale Beobachter würde jeder Zyklus mit dem vorigen identisch sein.“ Somit lässt sich die Geschichte des Zyklischen Universums in sechs Phasen unterteilen: Urknall: Die Entstehung von Materie und Strahlung. Dominanz der Strahlung: Der heiße junge Weltraum ist noch undurchsichtig, weil die Strahlung ständig mit der Materie wechselwirkt. Sie entkoppelt sich erst, wenn der Raum unter 3000 Grad abkühlt, hat dann freie Bahn und wird zur Kosmischen Hintergrundstrahlung wie im bisherigen Urknall-Modell. Dominanz der Materie: Atome, Sterne, Galaxien und Galaxienhaufen bilden und entwickeln sich. In dieser Epoche leben wir heute. Die Branen haben ihre größte Entfernung erreicht und verharren fast bewegungslos. Dominanz der Dunklen Energie: Sie führt zu einer beschleunigten Expansion, einer Verdoppelung kosmischer Entfernungen alle 15 Milliarden Jahre. Diese Phase dauert Billionen von Jahren. Dadurch werden die Abstände zwischen den allmählich verlöschenden Galaxien und den einsamen Schwarzen Löchern so groß, dass das Universum praktisch leer erscheint. Verzögerte Expansion: Mit der Annäherung der Branen verlangsamt sich die Ausdehnung des Weltraums. Diese Phase dauert vielleicht eine Milliarde Jahre. Kontraktion: Im Verlauf von vielleicht einer bis zehn Milliarden Jahren schrumpfen die kosmischen Abstände und scheinen sich schließlich in einem Punkt zusammenzuziehen. Das Radionfeld macht sich als eine exotische fünfte Kraft bemerkbar, die das Äquivalenzprinzip der Relativitätstheorie von schwerer und träger Masse verletzt. Das bedeutet: Die Massen der Elementarteilchen ändern sich und verschwinden sogar, die Materie löst sich auf. Falls irgendwelche hochentwickelten Lebensformen das Erkalten und Ausdünnen des Weltraums überstanden haben, steht ihnen nun der Feuertod bevor. „ Die Hitze lässt alle Atome verdampfen, gewöhnliche Materie – etwa von Planeten – löst sich in ein Quark-Gluonen-Plasma auf. Nur Schwarze Löcher überdauern“, malt Paul Steinhardt ein apokalyptisches Bild. „Es ist vorstellbar, dass eine sehr fortgeschrittene Zivilisation ihre lokale Umgebung vor dem Kollaps bewahren kann – vielleicht durch einen Schutzwall aus Schwarzen Löchern. Das ist wilde Spekulation, scheint aber momentan nicht ausgeschlossen.“ Endknall: Das Universum erreicht im Kollaps seine höchste Temperatur – respektable 1023 Grad, was gewaltig, aber nicht unendlich und somit unphysikalisch ist. Dieses Inferno entspricht zugleich einem neuen Urknall. Die eine tausendstel Sekunde zuvor entstandenen großräumigen Dichteschwankungen im Strahlungsmeer bilden später die „ Keimzellen“ der Galaxienhaufen und machen sich heute noch als Unregelmäßigkeiten in der Temperaturverteilung der Kosmischen Hintergrundstrahlung bemerkbar, dem Relikt der feurigen Urknall-Epoche. Die Dichteschwankungen gehen auf leichte „Wellen“ der Branen und somit auf eine nicht völlig gleichzeitige Kollision zurück – so als würden die Leintücher nicht exakt simultan zusammenklatschen, weil sie hier und da ein paar Falten besitzen. Der Kollaps des Universums erscheint nur aus der Innenperspektive der Branen als ein solcher. Von „außen“ betrachtet expandieren die unendlich großen Branen immer weiter – nur in der Kollisionsphase schrumpfen sie geringfügig. Die Branen-Vorstellung der String-Kosmologie ist nicht einmal notwendig für das Zyklische Universum. „Alles lässt sich auch in einer vierdimensionalen Feldtheorie formulieren“, sagt Steinhardt. „Unser theoretischer Rahmen ist so allgemein, dass er auch noch angewendet werden kann, falls sich die String-Theorie als falsch herausstellen sollte und durch eine andere Theorie ersetzt werden muss.“ Der kreative Physiker argumentiert auch, dass das Zyklische Universum einfacher als das inflationäre sei, denn: Es beschreibt die ganze Geschichte des Weltalls, nicht nur die ersten Sekundenbruchteile. Es hat eine Erklärung für die Dunkle Energie, deren Effekte wir beobachten, und benötigt nicht die Annahme einer enorm kurzen inflationären Raumaufblähung nach dem Urknall, für die es keinen direkten Hinweis, aber 300 verschiedene Modelle gibt. Es geht davon aus, dass unser Beobachtungsausschnitt des Universums typisch ist, während das Inflationsmodell die Existenz physikalisch ganz anders beschaffener Regionen weit jenseits unseres Horizonts annehmen muss. Das Zyklische Universum macht außerdem die Frage nach dem Anfang überflüssig, denn die Zyklen könnten schon immer da gewesen sein. Es ist aber auch möglich, dass es einen ersten Urknall gab, wenn sich die Branen aus der Unendlichkeit angenähert hatten, und sich dieser seither ständig wiederholt: Aufgrund der Attraktor-Lösung hätten sich die Branen gleichsam auf den Kollisions-Modus eingependelt. „Das Zyklische Universum erweitert das Schwache Kosmologische Prinzip – alle Orte sind gleichberechtigt – zu einer neuen Form des Starken Kosmologischen Prinzips: Unsere Position in Raum und Zeit ist nichts Besonderes – in dem Sinn, dass wir nicht sagen können, in welchem Zyklus wir leben“, sagt Steinhardt. Freilich gibt es noch viele offene Fragen. Die Eigenschaften des Radionfelds sind genauso wenig erklärt wie der gegenwärtige Wert der Dunklen Energie. Und „was bei der Singularität geschah, ist das große Rätsel“, sagt Nathan Seiberg. „Welche physikalischen Prozesse verursachen, dass das kollabierende Universum in die expandierende Phase zurückschwingt?“, will Andreas Albrecht von der University of California in Davies wissen – Singularität bleibt Singularität, auch wenn es nur die „Stringularität“ einer Dimension der String-Theorie ist. Andrei Linde von der Stanford University schlägt in dieselbe Kerbe und weist auf das Problem der Dichteschwankungen hin: „Wie können die kleinen Störungen den Endknall überwinden und aus ihm wieder herauskommen? Es ist, als würde man einen Stuhl in ein Schwarzes Loch werfen und warten, dass er später wieder rematerialisiert.“ Steinhardt hält die Kritik für unangebracht: „Die Stringularität ist etwas ganz anderes als die Singularität in einem Schwarzen Loch. Wir haben detaillierte Berechnungen gemacht. Und wir reden nicht von Stühlen, sondern von Störungen, die sich als Wellen der Branen bemerkbar machen und zu einer etwas ungleichzeitigen Kollision führen.“ Wie auch immer die Kontroverse weitergeht – und Beobachtungen, die sie entscheiden können, etwa von Gravitationswellen niedriger Frequenz oder Eigenschaften der Kosmischen Hintergrundstrahlung, werden noch lange auf sich warten lassen –, fest steht bereits: Das neue Modell hat frischen Wind in die Kosmologie gebracht und rüttelt an alten Gewohnheiten. Gabriele Veneziano, ein Pionier der String-Theorie vom Europäischen Kernforschungszentrum CERN, sagt: „Durch die Arbeit von Steinhardt und Turok sind wir jetzt eher bereit zu akzeptieren, dass der Urknall die Folge von etwas sein könnte, als die Ursache von allem.“

Kompakt

Ein neues Modell erklärt den Urknall mit der Kollision zweier Universen in einer fünfdimensionalen Raumzeit. Dies kann immer wieder geschehen, so dass es keinen absoluten Anfang gegeben haben muss (Zyklisches Universum).

Zeitpfeil und Zyklen

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Die Idee einer ewigen wiederkehr von Werden und Vergehen ist nicht neu. In den asiatischen Religionen und einigen altgriechischen Naturphilosophien spielt sie eine große Rolle, ebenso im Denken von Friedrich Nietzsche. Auch in der modernen Kosmologie taucht sie wieder auf: Richard Chase Tolman, Professor am California Institute of Technology und Verfasser eines berühmten Kosmologie-Lehrbuchs, beschrieb in den dreißiger Jahren das Weltmodell eines oszillierenden Universums. Es beginnt mit einem Urknall, dehnt sich so lange aus, bis die Materie mit ihrer Schwerkraft die Expansion stoppt, zieht sich dann wieder zusammen und kollabiert in einem furiosen Endknall. Dieser ist der Keim eines neuen Urknalls, der schließlich wieder in einen Kollaps mündet – und so weiter in alle Ewigkeit. Allerdings erkannte schon Tolman, dass dieses Modell in thermodynamische Schwierigkeiten gerät: Die Entropie, das physikalische Maß für Unordnung, steigt von Zyklus zu Zyklus immer weiter an – das heißt, der Anteil der Strahlung relativ zur Materie wird immer höher. Dadurch verlängert sich jedoch die Zeitspanne zwischen Ur- und Endknall mit jeder neuen Runde. Schlussfolgerung: Irgendwann sollte es beinahe materiefreie Nachfolger-Universen geben – und die Kette der Ahnen muss doch einen Anfang haben. Gegen Tolmans Oszillierendes Weltmodell spricht außerdem, dass unser Universum bei weitem nicht genug Masse enthält, um die kosmische Expansion zu stoppen und umzukehren. Paul Steinhardts Zyklisches Modell hat dieses Problem nicht – hier sorgt das Radionfeld für die ewige Wiederkehr. Zwar nimmt die Entropie ständig zu, nicht jedoch die Entropiedichte, denn die beschleunigte Expansion treibt praktisch alles aus dem Horizont eines Beobachters, und jeder Urknall füllt den Raum wieder mit Materie aus. Die globale Entropiezunahme und die ständige Expansion der Branen zeigt trotz ewiger Wiederkehr die Zeitrichtung an. Steinhardt: „Unser Modell definiert eine Richtung für den Zeitpfeil.“

Rüdiger Vaas

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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

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