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Asteroiden: Fehlendem „Gesichtspuder“ auf der Spur

Astronomie

Asteroiden: Fehlendem „Gesichtspuder“ auf der Spur
Der Asteroid Bennu besitzt eine auffallend raue Oberfläche. © NASA/Goddard/University of Arizona

Eigentlich hatten Astronomen „ein feines Hautbild“ erwartet – doch statt von Staub bedeckte Oberflächen zeigten die Aufnahmen der Asteroiden Bennu und Ryugu stark grobkörnige Strukturen. Der Grund dafür ist ein Verlust des „Puders“ durch einen elektrostatischen Effekt, geht nun aus einer Studie hervor: Die Staubteilchen laden sich auf, stoßen einander ab und beginnen dadurch zu springen. Durch die geringe Schwerkraft kleiner Asteroiden können sie dabei davonhüpfen, zeigen die Simulationen. Diese Form des Materialverlusts könnte sich langfristig sogar auf die Bewegung der Himmelskörper auswirken, sagen die Wissenschaftler.

Weder Wasser noch Luft nagen an ihren Strukturen, dennoch ist auch die Oberfläche von Asteroiden von Erosionsprozessen betroffen. Diese sind vor allem auf ihre Drehung zurückzuführen. Dabei werden die Oberflächen in relativ schneller Folge dem Sonnenlicht ausgesetzt, dann dem Schatten und schließlich wieder der Strahlung. Der damit verbundene Zyklus von Erwärmung und Abkühlung belastet das Gestein an der Oberfläche, bis es zerbröselt: Die größeren Brocken zerfallen im Laufe der Zeit in immer kleinere, bis schließlich eine staubige Substanz übrigbleibt, die größtenteils aus mikroskopisch kleinen Partikeln besteht.

Fragender Blick auf raue Asteroidenoberflächen

Deshalb war zu erwarten, dass die Oberflächen von Asteroiden eher glatt und staubig sind. Beim mehrere Kilometer großen Asteroiden Eros bestätigten dies auch Untersuchungen. Doch bei Himmelskörpern mit einem Durchmesser von unter einem Kilometer war das nicht der Fall: Missionen zu den Asteroiden Ryugu und Bennu offenbarten Oberflächen, die aussehen wie raues Sandpapier und mit großen Felsbrocken übersät sind. Warum diese kleineren Asteroiden nicht von Staub bedeckt sind, der sich durch die Erosion eigentlich bilden müsste, blieb bisher unklar.

Der Erforschung dieses Rätsels haben sich nun Wissenschaftler der University of Colorado in Boulder gewidmet. Sie gingen dabei einem konkreten Verdacht nach: Aus Untersuchungen der Merkmale des Staubs, der auf einigen Himmelskörpern vorkommt, ist ein Effekt bekannt, der als „elektrostatisches Aufwirbeln“ bezeichnet wird. Dabei nehmen die kleinen Partikel durch die Sonneneinstrahlung negative Ladungen auf. Sie können sich summieren, bis schließlich ein Effekt wie bei zwei Magneten entsteht, die sich gegenseitig abstoßen. Die Partikel lösen sich dabei manchmal schlagartig voneinander – sie springen. In einigen Fällen können die Staubkörner mit einer Geschwindigkeit von mehr als acht Metern pro Sekunde weggeschleudert werden. „Diesen Prozess hatte aber bisher noch niemand im Fall der Asteroidenoberflächen in Betracht gezogen“, sagt Co-Autor Xu Wang.

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Im Rahmen ihrer Studie haben die Wissenschaftler nun die Daten von Laborexperimenten in Modellsimulationen integriert, um zu untersuchen, wie sich das elektrostatische Aufwirbeln auf Asteroiden auswirken könnte. Sie kreierten dazu am Computer zwei hypothetische Asteroiden und untersuchten, wie sich dort Staubkörner bilden und dann über Hunderttausende von Jahren hinweg umherhüpfen würden. Einer dieser fiktiven Asteroiden war ähnlich klein wie Ryugu, der zweite war hingegen ein eher großer Brocken mit mehreren Kilometern Durchmesser – ähnlich wie der Asteroid Eros.

Verlust durch elektrostatisches Aufwirbeln

Aus den Modellsimulationen ging hervor: Auf größeren Asteroiden können die Staubkörner durch den elektrostatischen Effekt nicht genug Geschwindigkeit gewinnen, um sich aus der Schwerkraft zu befreien. Auf dem kleineren, Ryugu-ähnlichen Asteroiden war dies jedoch anders: „Die Schwerkraft auf kleineren Asteroiden ist so schwach, dass sie das Abdriften nicht aufhalten kann. Der feinkörnige Regolith geht dadurch verloren“, sagt Erstautor Hsiang-Wen Hsu. In den Modellsimulationen wurde der kleinere Asteroid dadurch innerhalb von mehreren Millionen Jahren fast vollständig vom Feinstaub befreit. Der Eros-ähnliche Asteroid hingegen blieb staubig. Den Forschern zufolge könnte der Verlust dieser Schutzschicht sogar zu einer beschleunigten Erosion führen. Dies könnte zu den ausgesprochen geröllreichen Landschaften beitragen, die bei Ryugu und Bennu dokumentiert wurden.

Die Studie beleuchtet somit nun, was hinter Merkmalen von Asteroiden stecken kann und wie sie sich im Laufe der Zeit verändern, sagen die Forscher. Außerdem hat der Effekt möglicherweise noch eine weitere Bedeutung: Der Verlust des Staubs könnte sogar die Bewegungen der betreffenden Himmelskörper beeinflussen. Wie die Wissenschaftler erklären, gibt es Hinweise darauf, dass sich die dynamischen Effekte, die durch Sonnenstrahlung verursacht werden, zwischen felsigen und staubigen Strukturen unterscheiden. Die Merkmale könnten somit einen Einfluss darauf haben, wie Asteroiden durch den Weltraum wandern.

Wie die Wissenschaftler abschließend berichten, werden ihre Studienergebnisse nun bald auf die Probe gestellt. Denn in weniger als drei Monaten wird eine NASA-Mission mit der Bezeichnung Double Asteroid Redirection Test (DART) zwei kleinere Asteroiden besuchen. „Dann werden wir neue Oberflächenbilder bekommen, um unsere Theorie zu überprüfen“, sagt Hsu.

Quelle: University of Colorado at Boulder, Fachartikel: Nature Astronomy, doi: 10.1038/s41550-022-01717-9

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