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Astronomen entdecken energiereichsten kosmischen Ausbruch

Astronomie|Physik

Astronomen entdecken energiereichsten kosmischen Ausbruch
SChwarzes Loch
Ein supermassereiches Schwarzes Loch kann beim Verschlingen von Sternen oder Gaswolken enorme Energien freisetzen. © John A. Paice

Heftige Explosionen und Strahlungsausbrüche sind im Kosmos keine Seltenheit, sei es durch Supernovae, Sternkollisionen oder das Zerreißen eines Sterns an einem Schwarzen Loch. Doch jetzt haben Astronomen eine kosmische Explosion entdeckt, die alles zuvor Beobachtete übertrifft. Der acht Milliarden Lichtjahre entfernte Ausbruch setzte enorme Mengen an Energie in Form von Strahlung frei und hält seit fast drei Jahren an. Er ist wesentlich intensiver als selbst die stärksten bekannten Sternexplosionen oder Sternentode an Schwarzen Löchern. Als mögliche Ursache vermuten die Wissenschaftler das Verschlingen einer riesigen, massereichen Gaswolke durch ein supermassereiches Schwarzes Loch.

Wenn ein Stern dem zentralen Schwarzen Loch einer Galaxie zu nahe kommt, hat das für ihn fatale Folgen: Er wird von den gewaltigen Gezeitenkräften im Umfeld des Schwerkraftgiganten zerrissen und zu dünnen Fäden auseinandergezogen. Bei einem solchen „Tidal Disruption Event“ (TDE) bildet ein Teil des stellaren Materials eine um den Ereignishorizont rotierende Akkretionsscheibe und wird nach und nach verschlungen. Der Rest wird als energiereicher Teilchenstrom ausgeschleudert. Beide Prozesse setzen große Mengen Energie frei, die als starkes Aufstrahlen über Milliarden Lichtjahre hinweg sichtbar sind.

Extrem energiereiches Aufleuchten

Am 13. April 2021 detektierte die Zwicky Transient Facility (ZTF), ein speziell auf die Beobachtung kurzlebiger kosmischer Phänomene ausgelegtes Instrument am kalifornischen Palomar-Observatorium, ein Ereignis, das auf den ersten Blick ebenfalls von einem solchen TDE oder einer besonders starken Supernova zu stammen schien. „Wir haben dieses Ereignis durch Zufall entdeckt, als unser eigentlich auf Supernovae ausgerichteter Suchalgorithmus ihn anzeigte“, berichtet Erst-Autor Philip Wiseman von der University of Southampton. Doch während eine Supernova nur kurz aufleuchtet, war dies bei diesem AT2021lwx getauften Ereignis nicht der Fall: „Die meisten Supernovae und Tidal Disruption Events halten maximal einige Monate an, bevor sie verblasst sind“, sagt Wiseman. „Aber dieses Ereignis dauerte mehr als zwei Jahre – das war schon auf den ersten Blick sehr ungewöhnlich.“ Bei näherer Analyse des Lichtspektrums mithilfe weiterer Teleskope stellten die Astronomen fest, dass die Quelle dieses Ausbruchs in rund acht Milliarden Lichtjahren Entfernung liegen musste.

Aus Messdaten und dieser Entfernung ermittelte das Team, wie viel Energie bei diesem Ereignis freiwurde: „Insgesamt setzte AT2021lwx eine Energiemenge von 1,5 x 1052 Erg g frei – mehr als bei jedem anderen transienten Ereignis“, berichten die Astronomen. „AT2021lwx ist damit mehrere Größenordnungen heller als jede bekannte Supernova und zehnmal heller als das extreme Tidal Disruption Event ASASSN15-lh.“ Im Vergleich zu durchschnittlichen TDEs ist dieses Ereignis sogar gut 100-mal energiereicher. Das warf die Frage auf, was diese extreme Explosion verursacht haben könnte. Eine Supernova schlossen die Forscher anhand der spektralen Merkmale und der langen Dauer aus.

Vom Schwarzen Loch vertilgte Gaswolke

Eine weitere mögliche Ursache für die kosmische Explosion könnte ein Quasar sein – ein aktives Schwarzes Loch im Herzen einer fernen Galaxie. „Bei einem Quasar sehen wir häufiger ein Aufleuchten und Abschwächen im Laufe der Zeit“, erklärt Co-Autor Mark Sullivan von der University of Southampton. Deshalb suchten die Astronomen in Archivdaten verschiedener Teleskope nach Hinweisen auf einen schon früher existierenden Quasar an dieser Stelle. „Aber es gab dort nichts, bevor AT2021lwx plötzlich mit dieser enormen Helligkeit aufstrahlte – das ist beispiellos“, so Sullivan. Allerdings fanden die Astronomen spektrale Hinweise darauf, dass ähnlich wie bei einem Quasar ein supermassereiches Schwarzes Loch an dem Geschehen beteiligt sein könnte. „Wir haben zwar keine Belege für die Aktivität eines aktiven Galaxienkerns, aber es gibt im nichtthermischen Röntgenbereich Hinweise auf eine heiße Korona oder einen Jet und die Präsenz großer Mengen an Staub“, berichten Wiseman und sein Team. Zudem zeigt das Spektrum eine sich extrem schnell bewegende Komponente und einen langsameren Anteil.

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Nach Ansicht der Astronomen könnte die Explosion daher durch das Zerreißen und Verschlingen einer riesigen Gaswolke an einem supermassereichen Schwarzen Loch verursacht worden sein. „Die spektralen und photometrischen Merkmale dieses Ereignisses sprechen für die plötzliche Akkretion einer großen Menge Gas, wahrscheinlich einer gigantischen Molekülwolke“, erklären sie. Demnach geriet in acht Milliarden Lichtjahren Entfernung eine solche, tausende von Sonnenmassen schwere Wolke aus dichtem, kaltem Gas in die Nähe eines supermassereichen Schwarzen Lochs und wurde von diesem auseinandergerissen. Das Material heizte sich dabei extrem auf und gab dabei Energie in Form der starken Strahlung ab, während es nach und nach vom Schwarzen Loch verschlungen wurde.

Die Astronomen hoffen, diese Hypothese durch weitere Beobachtungen in verschiedenen Wellenlängenbereichen erhärten zu können. „Es könnte sein, dass solche extrem seltenen Ereignisse Schlüsselprozesse für die Entwicklung von Galaxienzentren im Laufe der Zeit sind“, sagt Wiseman.

Quelle: Philip Wiseman (University of Southampton) et al., Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, doi: 10.1093/mnras/stad1000

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