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Auch Meere haben „Schwarze Löcher“

Astronomie|Physik Erde|Umwelt

Auch Meere haben „Schwarze Löcher“
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Parallen zwischen Wirbeln und einem Schwarzen Loch. Credit: George Haller / ETH Zurich
Schwarze Löcher sind berühmte Stars der Astronomie, denn ihre Eigenschaften sind spektakulär: Aus dem Bann dieser Gavitationsmonster gibt es kein Entrinnen. Offenbar teilen sie diese fesselnde Eigenschaft mit einem Phänomen in den Ozeanen der Erde, berichten Meeresforscher: Die größten Meereswirbel der Erde bilden kreisförmige Barrierreströmungen, die ein Entkommen aus den gigantischen Wassergebilden verhindern.

Es war bereits bekannt, dass sich in den Ozeanen Wirbel bilden, die mehr als 150 Kilometer Durchmesser erreichen. Verursacht werden sie durch Meeresströmungen wie beispielsweise den Golfstrom. Er ist Teil der weltumspannenden Zirkulation, die das Weltklima maßgebend beeinflusst. Auch den Wirbeln kommt in diesem Zusammenhang eine Bedeutung zu. Laut Forschungsberichten nimmt ihre Zahl in südlichen Ozeanen zu, was den Transport von warmem und salzigem Wasser nach Norden erhöht. Dies könnte den negativen Einfluss schmelzenden Polareises ausgleichen.

 

Bisher konnten Wissenschaftler diese Wirkung jedoch nicht genau messen, da sie die Grenzen der rotierenden Wassermassen nicht bestimmen konnten. Die Forscher um George Haller von der ETH Zürich haben nun eine mathematische Methode entwickelt, die es ermöglicht, die Grenzen von wassertransportierenden Meereswirbeln in Satellitendaten zu erkennen. Zu ihrem Erstaunen erkannten sie dabei, dass solche fest zusammenhängenden Wirbel mathematisch betrachtet Schwarzen Löchern ähneln.

 

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Schwarze Löcher sind Himmelskörper mit einer so großen Masse, dass sie alles, was sich ihnen auf eine bestimmte Distanz nähert, anziehen beziehungsweise bannen – das gilt auch für das Licht: Wenn ein Lichtstrahl ein Schwarzes Loch in einem bestimmten Abstand streift, wird er durch dessen Schwerkraft so stark gebogen, dass er sich zu einem kreisförmigen Orbit schließt. Eine Barriereoberfläche, zusammengesetzt aus solch geschlossenen Lichtringen, wird in Einsteins Relativitätstheorie als Photonsphäre bezeichnet. Ähnliche geschlossene Barrierelinien haben Haller und seine Kollegen nun um bestimmte Meereswirbel entdeckt. Auf diesen Linien bewegen sich Flüssigkeitspartikel wie auf einem geschlossenen Orbit – ähnlich der Bewegung von Licht in einer Photonsphäre. Analog zu den Schwarzen Löchern kann nichts aus dem Inneren dieser geschlossenen Barrierelinien entkommen, nicht einmal Wasser. Genau diese Barrieren sind es, die dabei helfen, fest zusammenhängende Meereswirbel in Satellitendaten zu erkennen.

 

Wirbelnde Transportvehikel der Ozeane

 

Weil die Wirbel so stabil zusammenhalten, funktionieren sie wie ein Transportvehikel – nicht nur für Kleinstlebewesen wie Plankton oder Fremdkörper wie Plastikmüll oder Öl, sondern auch für Wasser mit einer Temperatur und einem Salzgehalt, die vom umliegenden Wasser abweichen können. Solch kohärenten Wirbel kommen laut Haller vermutlich noch in anderen komplexen Strömungen vor. In diesem Sinne sind viele Wirbelstürme wahrscheinlich auch Schwarzen Löchern ähnlich. Das wohl spektakulärste Beispiel für einen Wirbel des Schwarzen-Loch-Typs könnte der große rote Fleck – ein stationärer Megasturm – des Planeten Jupiter sein.

 

Kurioserweise war vermutlich der erste, der Meereswirbel als solche scharf abgegrenzten Wirbelströme erkannt hat, der amerikanische Autor Edgar Allan Poe. In seiner Geschichte „A Descent into the Maelstrom“ beschreibt er einen stabilen Gürtel aus Schaum um einen Meeresstrudel. Dies diente Haller und und seine Kollegen als Inspiration, um nach diesen stabilen Gürteln mit ausgeklügelten mathematischen Formeln zu suchen. Ihre Resultate könnten dabei helfen, einige der großen Fragestellungen der Ozeanforschung zu beantworten, von Klima-bezogenen Fragen bis zu Ausbreitungsmustern von Müll und Öl.

 

© wissenschaft.de – Martin Vieweg
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