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Berge im Eisgrab

Astronomie|Physik Erde|Umwelt

Berge im Eisgrab
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Ab Herbst wollen Europäer eine Eiskernbohrung in der Antarktis niederbringen. Die Daten sollen Rückschlüsse auf das Erdklima ermöglichen. Bei den Vorbereitungen entdeckten Forscher ein gewaltiges Gebirge.

Beim Blick aus der zweimotorigen Maschine wirkt Dronning Maud Land endlos – und topfeben. Ein Trugschluß. Denn der kilometerdicke Eispanzer verdeckt ein stattliches Gebirge. Es ist so groß wie die Alpen. Einige Täler reichen bis unter den Meeresspiegel, manche Gipfel steigen auf 3000 Meter über Normalnull. Der Jahrmillionen währende Schneefall hat das wilde Auf und Ab wie mit einem straff gespannten weißen Tuch zugedeckt. Einen Namen hat die im Eis begrabene Entdeckung noch nicht. Doch die Forscher des deutschen Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven kennen „ihre Berge“ mittlerweile ganz gut. Ein spezielles Eisradar macht’s möglich: Das elektromagnetische Reflexionsverfahren (EMR) – seit dem Südsommer 1994/95 erfolgreich im AWI-Einsatz – blickt problemlos 4000 Meter ins Eis hinein.

So spannend die Entdeckung des Unter-Eis-Gebirges ist, sie bleibt zunächst einmal ein wissenschaftliches Nebenprodukt. Denn eigentlich suchten Prof. Dr. Heinz Miller, 56jähriger Innsbrucker und Leiter der Sektion Geophysik des Alfred-Wegener-Instituts, und seine Kollegen etwas ganz anderes als mächtige Berge: Sie fahndeten nach dem idealen Standort für eine mehrere tausend Meter tiefe Eiskernbohrung. Im Rahmen des EPICA-Programms (European Project for Ice Coring in Antarctica) soll dieses Forschungsvorhaben entscheidende Hinweise auf die Klimaentwicklung der letztenn 500.000 Jahre geben.

Eiskernbohrungen bergen gefrorene Klimazeugen vergangener Epochen: So läßt sich im Eis über den Gehalt des Sauerstoffisotops 180 die Temperatur des einstigen Niederschlags bestimmen. Das Verhältnis 13C/14C – gemessen am Kohlendioxid oder Methan – gibt Aufschluß über die biologische Aktivität auf der Erde. Die im Eis gespeicherten Luftbläschen enthalten noch jene Konzentration an Treibhausgasen und Aerosolen, die zum Einschlußzeitpunkt auf der Erde geherrscht hat.

Auch daraus können Experten eindeutige Rückschlüsse auf die Klimate der Vorzeit ziehen. Für eine erfolgreiche Eiskernbohrung auf Dronning Maud Land mußten die Forscher einen Punkt finden, „an dem wir mit ungestörtem Fließen des Eises in den tiefen Schichten und damit einer eindeutigen zeitlichen Abfolge rechnen können“, so Miller.

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Nach monatelangen Meßflügen entschied man sich für „DML 05“ (Dronning Maud Land Punkt Nummer 5) – einen Platz, mit dem Miller „vom Gefühl her“ schon geliebäugelt hatte. Der Fels unter dem 3000 Meter mächtigen, „wunderbar geschichteten Eis“ ist im Umkreis von 40 Kilometern eben.

Nach Einrichtung des Camps und einigen Vorbohrungen wird das Projekt in diesem November offiziell gestartet. Die eigentliche Bohrung beginnt allerdings erst in der Kampagne 2001/2002. Dann will man pro Woche rund 170 Meter in die Tiefe vorstoßen und die ausgefrästen Eisbohrkerne sichern. Schon jetzt warten Forscher aus den beteiligten Ländern auf Eisstücke aus dem vier Zoll dicken Bohrkern.

Nach der langen Reise von Dronning Maud Land wird die kalte Fracht in Bremerhaven aber erst einmal ins Fischkühlhaus zur Zwischenlagerung wandern. „Sicherer geht es gar nicht“, sagt Miller. „Fisch ist wertvoll, und deshalb wird die Kühlung auch in unserem Sinn bestens überwacht.“

Ingwer Seelhoff
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