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Blick ins Innere des Mars

Astronomie|Physik

Blick ins Innere des Mars
Mars
Das Innere des Mars (Bild: Chris Bickel/ Science)

Der Mars wird seit Jahren von Raumsonden erkundet und viele Details seiner Oberfläche und Geologie sind schon bekannt. Doch wie sein Inneres aussieht, blieb bislang verborgen. Jetzt liefern seismische Daten der NASA-Raumsonde Mars InSight dazu erste Erkenntnisse. Sie enthüllen unter anderem, dass der Marskern größer und weniger dicht ist als gedacht – er nimmt fast das halbe Innere des Planeten ein. Der Mantel des Mars ist dafür weniger differenziert als der Erdmantel und ihm fehlt eine Entsprechung zum unteren Erdmantel. Die Marskruste wiederum ist eher dünn und könnte in zwei oder sogar drei Schichten unterschiedlicher Zusammensetzung unterteilt sein.

Ob Mars, Venus, Merkur oder Erde – die inneren Planeten des Sonnensystems entstanden alle in der inneren Region der Urwolke und auf ähnliche Weise: Aus anfangs kleinen Brocken wuchsen sie zu immer größeren Himmelskörpern heran. In den zunächst glutflüssigen Planeten setzte dann allmählich eine Differenzierung ein – die Schichten bildeten sich. Dadurch entwickelten alle inneren Planeten einen eisenreichen Kern, einen silikathaltigen Gesteinsmantel und eine feste Gesteinskruste. Doch während das Innere der Erde dank seismischer Daten schon relativ gut untersucht ist, war der Aufbau unseres Nachbarn Mars bislang weitgehend unbekannt. Zwar lassen sich anhand von Modellen die Abmessung von Kern, Mantel und Kruste grob schätzen, aber ohne seismische Messungen vor Ort fehlen präzisere Informationen über Struktur und Zusammensetzung des Marsinneren.

Unterschiede zum Innenleben der Erde

Diese Messdaten hat nun die NASA-Raumsonde Mars InSight geliefert. Dank ihres auf der Marsoberfläche stehenden Seismometers kann sie erstmals die seismischen Erschütterungen der Marsbeben einfangen und ihre Reflexion an den inneren Strukturen erfassen. Seit ihrer Landung im November 2018 hat sie mehrere hundert Marsbeben aufgezeichnet. Was diese über die Anatomie des Roten Planeten verraten, berichten nun internationale Forschungsteams in gleich drei Veröffentlichungen im Fachmagazin „Science“. Demnach entspricht der grobe Schichtenaufbau des Mars zwar dem Grundschema, in den Details aber gibt es deutliche Unterschiede zum Innenleben der Erde. Diese beginnen schon mit der Marskruste: Beim Mars ist diese offenbar in zwei oder sogar drei Schichten unterschiedlicher Zusammensetzung unterteilt. „In jedem Fall können wir ausschließen, dass die ganze Kruste aus dem gleichen Material besteht, das man aus Oberflächenmessungen und von Marsmeteoriten kennt“, sagt Brigitte Knapmeyer-Endrun von der Universität Köln.

Den seismischen Daten nach ist die obere Krustenschicht am Standort von Mars InSight rund acht Kilometer dick, dann folgt eine zweite, rund zwölf Kilometer dicke Schicht. „Dann könnte bereits der Mantel folgen. Dies wäre eine überraschend dünne Kruste, auch im Vergleich zur kontinentalen Kruste auf der Erde“, sagt Knapmeyer-Endrun. Es könnte aber auch sein, dass der Mars eine dritte Krustenschicht besitzt, die noch einmal rund 19 Kilometer weiter in die Tiefe reicht. Insgesamt wäre die Marskruste damit an der äquatornahen Landestelle der Sonde zwischen 20 und 39 Kilometer dick. Die seismischen Messungen legen zudem nahe, dass die Marskruste mehr radioaktive, hitzeproduzierende Elemente enthält als gedacht. „Die Bestimmung der Krustendicke basierend auf den InSight-Daten hilft uns nicht nur zu verstehen, wie der Mars heute aussieht, sondern liefert uns wichtige Informationen über seine thermische Entwicklung“, sagt Ana-Catalina Plesa vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt.

Kein unterer Mantel und ein großer Kern

Unterschiede gibt es auch beim Mantel des Mars. Seine Lithosphäre reicht bis in 400 bis 600 Kilometer Tiefe – mehr als doppelt so tief wie auf der Erde. Bei uns ist diese festere, 100 bis 200 Kilometer starke Gesteinsschicht Teil der driftenden Kontinentalplatten. Der Mars dagegen hat gängiger Annahme nach keine echte Plattentektonik. „Die dicke Lithosphäre passt gut zum Modell vom Mars als ‚One-Plate-Planet’“, erklärt Amir Khan von der ETH Zürich. Was dem Mars jedoch fehlt, ist eine Entsprechung zum unteren Erdmantel. Dieser beginnt bei uns in 660 Kilometer Tiefe und ist durch besonders dichte, durch den hohen Druck trotz der Hitze feste Mineralformen wie das Bridgemanit gekennzeichnet. Solche Perowskite entstehen nur unter extrem hohem Druck. Die neuen Messungen legen jedoch nahe, dass dieser Druck im Marsmantel nicht erreicht wird – selbst an der Kern-Mantelgrenze liegt er fast zehnfach niedriger als bei der Erde.

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Der Kern des Mars ist den neuen Daten zufolge zwar kleiner als bei der Erde, aber deutlich größer als bislang angenommen. Er könnte einen Radius von 1830 Kilometern haben und damit die Hälfte des Marsinneren einnehmen. „Das liegt eher am oberen Ende des Größenbereichs, den alle vorherigen Abschätzungen ergeben hatten“, erklärt Ana-Catalina Plesa vom DLR. Daraus ergibt sich jedoch, dass die Dichte des Marskerns mit etwa sechs Gramm pro Kubikzentimeter geringer sein muss als die Erdkerndichte, die bei neun bis 13 Gramm pro Kubikzentimeter liegt. „Der Kern muss also – neben Eisen und Nickel – auch einen großen Anteil leichterer Elemente enthalten“, erklärt Khan. Neben Schwefel mit einem Anteil von zehn bis 15 Prozent könnte es im Marskern auch Sauerstoff, Wasserstoff und Kohlenstoff geben, so die vorläufigen Annahmen des Forschungsteams. Die aktuellen Untersuchungen bestätigen zudem, dass der Marskern wie zuvor schon vermutet flüssig ist.

Damit haben die Daten der InSight-Sonde schon jetzt einige unerwartete Details des Marsinneren aufgedeckt. „Doch wir sind mit der Auswertung aller Daten noch lange nicht zu Ende – der Mars gibt uns noch viele Rätsel auf, vor allem die Frage, ob er sich zur gleichen Zeit und aus demselben Material wie unsere Erde gebildet hat“, erklärt Khan.

Quelle: Brigitte Knapmeyer-Endrun (Universität Köln) et al., Science, doi: 10.1126/science.abf8966; Amir Khan (ETH Zürich) et al., doi: 10.1126/science.abf2966; Simon Stähler (ETH Zürich) et al., doi: 10.1126/science.abi7730

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