Perron und seine Kollegen ziehen die Polwanderung heran, um eine rätselhafte Beobachtung zu erklären: Auf der Nordhalbkugel des Mars befinden sich riesige Becken, die Planetenforscher ursprünglich für Überreste von Ozeanen hielten. Allerdings zeigte sich Ende der 1990er Jahre, dass die vermeintlichen Küstenlinien nicht auf einer Höhe liegen. Satellitenmessungen ergaben Höhendifferenzen von mehr als drei Kilometern ? das mutmaßliche Ufer kann demnach nicht den Spiegel eines Gewässers repräsentieren.
Perron und seine Kollegen vermuten nun, dass sich die Gestalt des Mars bei der Polwanderung erheblich verformt hat, was ihren Berechnungen zufolge die Höhenunterschiede an der Küstenlinie erklären könnte. Allerdings müssten sich an der Oberfläche oder im Inneren des Mars gewaltige Massen verlagert haben, damit der ganze Planet kippte. Ein rotierender Körper bewegt sich immer so, dass sein Trägheitsmoment möglichst niedrig ist. Beim Mars führt das dazu, dass die riesigen Vulkane Olympus Mons und Co. am Äquator liegen ? möglichst weit weg von der Drehachse.
Da die Vulkane bereits vor der vermuteten Polwanderung vorhanden waren, rätseln Perron und seine Kollegen, welches andere Ereignis den Mars zum Kippen gebracht haben könnte. Infrage kämen Konvektionsbewegungen im Inneren des Planeten, Vulkanismus in einer Region namens Elysium oder eine Umlagerung des Wassers selbst.
Wohin der vermutete Ozean letztlich verschwand, ist ebenfalls unklar ? trotz inzwischen zahlreicher Belege dafür, dass es auf dem Mars einmal feucht war. „Der Ozean könnte langsam verdampft sein, wodurch das Wasser schließlich im Untergrund landete“, mutmaßt Perron.
Die mutmaßlichen Tümpel, deren Entdeckung das Wissenschaftsmagazin New Scientist kürzlich meldete, dürften das Wasser allerdings nicht aufgefangen haben: Die Vertiefungen, die Forscher für Wasserlöcher gehalten hatten, lagen allesamt an einer steilen Kraterflanke und nicht auf ebenem Untergrund. Wie der New Scientist inzwischen meldet, hatten die beteiligten Forscher diese Tatsache völlig übersehen. Ron Levin und Daniel Lyddy von Lockheed Martin in Arizona entschuldigten sich inzwischen für das Malheur.