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Die ersten Bilder des James-Webb-Teleskops

Astronomie|Physik

Die ersten Bilder des James-Webb-Teleskops
Carina-Nebel
Sternbildungsregion NGC 3324 im Carina-Nebel. © NASA, ESA, CSA, and STScI

Das James-Webb-Weltraumteleskop ist das größte und komplexeste Astronomie-Instrument, das je ins All gebracht wurde. Nun zeigt sich, dass sich der Aufwand gelohnt hat: Die ersten wissenschaftlichen Aufnahmen des neuen Teleskops demonstrieren die Leistungsfähigkeit seiner Optiken und der vier primär im Infrarot und Nahinfrarot arbeitenden Instrumente. Schon die erste Aufnahme lieferte die schärfste und detailreichste je gemachte „Deep Field“-Aufnahme des fernen Kosmos. Auch bekannte Motive wie der Carina-Nebel und das Stephans Quintett – eine Gruppe interagierender Galaxien – erscheinen in neuem Licht. Ein hochauflösendes Spektrum des extrasolaren Gasplaneten WASP-96 bestätigt die Hoffnung, dass das Webb-Teleskop auch neue Erkenntnisse über die Atmosphären von Exoplaneten liefern kann.

Das James-Webb-Weltraumteleskop ist eine Mission der Superlative. Mit seinem 6,50 Meter großen Spiegel und hochsensiblen Infrarotoptiken kann dieses Teleskop schärfer und weiter sehen als alle vor ihm. Gleichzeitig war der Transport ins All und die darauf folgende Prozedur des Auseinanderklappens und Justierens so kompliziert und risikoreich wie bei keinem anderen Instrument zuvor. Mehr als 300 einzelne Schritte mussten so präzise ablaufen wie ein Uhrwerk, damit das fünfschichtige Sonnensegel von der Größe eines Tennisplatzes aufgefaltet und in Position gebracht werden konnte und die Spiegel des Teleskops in ihre finale Konfiguration gelangten. Nachdem das am 25. Dezember 2021 gestartete Teleskop diese Schritte während seines Fluges an seinen Einsatzort absolviert hat, kreist es nun seit Ende Januar um den 1,5 Millionen Kilometer entfernten Lagrangepunkt 2. Dort wurden dann die 18 Segmente seines Primärspiegels in monatelanger Feinarbeit bis auf wenige Nanometer genau justiert, um ein unverzerrtes, klares Bild zu garantieren.

First Deep Field
Das First Deep Field des Webb-Teleskops mit dem Galaxienhaufen SMACS 0723. © NASA, ESA, CSA, and STScI

Deep Field und Exoplaneten-Spektrum

Jetzt ist es endlich soweit: Die Vorbereitungen sind abgeschlossen und das James-Webb-Teleskop hat mit seinem wissenschaftlichen Betrieb begonnen. Zum Einstieg wählte die NASA mehrere Zielobjekte und Motive aus, die die Vielseitigkeit und Einsatzmöglichkeiten des Teleskops bestmöglich illustrieren. Bereits am Abend des 11. Juli 2022 präsentierte US-Präsident Joe Biden höchstpersönlich die erste Aufnahme des Webb-Teleskops: Das „First Deep Field“ – die bisher tiefste und schärfste Infrarot-Aufnahme des fernen Kosmos. Sie zeigt den Galaxienhaufen SMACS 0723, der rund 4,6 Milliarden Lichtjahre von uns entfernt liegt. Die große Schwerkraft dieser Galaxien und der mit ihnen verknüpften Dunklen Materie lässt diesen Haufen wie eine Gravitationslinse für tausende noch weiter entfernte, lichtschwächere Galaxien wirken. Sie werden nun in dieser Aufnahme der Near Infrared Camera (NIRCam) erstmals mitsamt ihrer Details sichtbar. Um die extrem lichtschwachen Galaxien sichtbar zu machen, hat das Teleskop diesen Himmelsausschnitt insgesamt 12,5 Stunden lang angepeilt. Die Aufnahme zeigt die Galaxien im nahinfraroten Wellenlängenbereich von 0,5 bis 0,6 Mikrometer.

Die zweite bedeutende Veröffentlichung des Webb-Teleskops ist kein Bild, sondern ein Spektrum: Es zeigt die spektrale Signatur des 1150 Lichtjahre entfernten Gasplaneten WASP-96 b, der etwa 1,2-mal so groß ist wie Jupiter und die Hälfte seiner Masse hat. Der Near-Infrared Imager and Slitless Spectrograph (NIRISS) des Teleskops hat das Licht analysiert, das bei der Passage dieses Planeten vor seinem Stern zur Erde gelangt. Weil die in der Gashülle des Planeten enthaltenen Elemente und Moleküle dabei charakteristische Absorptionslinien im Lichtspektrum hinterlassen, können Astronomen anhand solcher Spektren die Zusammensetzung von Exoplaneten-Atmosphäre bestimmen. Das Webb-Teleskop liefert dafür erstmals die nötige Auflösung und Sensitivität. Das NIRISS-Instrument kann die Wellenlängen des Lichts bis auf ein Tausendstel Mikrometer genau trennen und noch feinste Helligkeitsunterschiede erkennen. Sein Spektralbereich von 0,6 bis 2,8 Mikrometern reicht weiter ins Infrarote hinein als bei anderen Spektrografen. Damit ist das Webb-Teleskop besonders dafür geeignet, Moleküle wie Wasser, Sauerstoff, Methan oder Kohlendioxid zu detektieren. Im Falle von WASP-96 b zeigt das Spektrum klar die Präsenz von Wasserdampf in der Gashülle an.

Zwei „Klassiker“ in neuem Licht

Eine weitere Aufnahme des James-Webb-Teleskops zeigt einen „Klassiker“: Die Sternbildungsregion NGC 3324 im 7600 Lichtjahre entfernten Carina-Nebel. Dieser von glühenden Gasen, jungen, heißen Sternen und den von ihrer intensiven Strahlung freigewehten Blasen geprägten Nebel wurde schon häufiger auch vom Hubble-Weltraumteleskop aufgenommen. Das Mid-Infrared Instrument (MIRI) des Webb-Teleskops zeigt nun die heißen Staubwolken, ionisierten Gase und Moleküle in den glühenden Wolken deutlicher als je zuvor. Das Teleskop ermöglicht es damit, mehr Details der Sternenentstehung sichtbar zu machen, und so die damit verknüpften Prozesse und Rückkopplungen aufzuklären. In der Aufnahme ist der Rand einer sich ausdehnenden „Blase“ im glühenden Gas zu sehen, die von den jungen Sternen im oberen Bildbereich freigeweht wurde. Dort, wo die Gase im Randbereich durch diese Prozesse komprimiert werden, können durch den Kollaps dichter Gaswolken neue Sterne entstehen.

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Stephans Quintett
Das Stephans Quintett. © NASA, ESA, CSA, and STScI

Unter den ersten Aufnahmen des James-Webb-Teleskops ist auch ein weiterer „Klassiker“: das Stephans Quintett. Diese auch als Hickson Compact Group 92 bekannte Formation von fünf Galaxien bietet Astronomen die Chance, die Interaktion solcher Sternansammlungen genauer zu untersuchen. Denn vier der fünf Galaxien sind einander so nah, dass sie in gravitativer Wechselwirkung stehen und einander in ihrer Sternbildung, der Verteilung ihrer Gase und ihrem Verhalten beeinflussen. Sichtbar ist dies unter anderem an den lang ausgezogenen Gasschweifen einiger dieser Galaxien sowie den Schockwellen in einigen von ihnen. Die Komposit-Aufnahme aus Daten des Near-Infrared Spectrograph (NIRSpec) und dem Mid-Infrared Instrument (MIRI) zeigen die Details dieser rund 290 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxien-Gruppe. Die fünfte, links stehende Galaxie NGC 7320 ist nur 40 Millionen Lichtjahre entfernt und gehört daher nur scheinbar zum Quintett. In ihr macht die Webb-Aufnahme sogar einzelne Sterne sichtbar.

Quelle: NASA/ STScI

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