Astronomen haben in unserer Milchstraße einen schlangenartigen Wirbel erspäht, der aus kollidierenden Sternwinden entsteht. Sie gehen von zwei sogenannten Wolf-Rayet-Sternen aus, die gemeinsam mit einem weiteren Stern ein Dreifachsystem bilden. Wie die Forscher berichten, könnte es dort bald zu einem spektakulären Ereignis kommen: zu einem Gammastrahlenausbruch. Denn es gibt Hinweise, wonach einer der Sterne bald in einem bombastischen Inferno explodieren könnte.
Die spektakulären Aufnahmen des spannenden Systems sind dem VISIR-Instrument des Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) zu verdanken. „Es handelt sich um das erste derartige Objekt, das in unserer eigenen Galaxie entdeckt wurde“, erklärt Joseph Callingham vom Netherlands Institute for Radio Astronomy in Dwingeloo. „Wir hätten nie erwartet, dass wir ein solches System gleichsam in unserem eigenen Garten finden würden“, sagt der Astronom. Wegen dem gewundenen Erscheinungsbild haben er und seine Kollegen das System „Apep“ genannten – in Anlehnung an den altägyptischen Gott, der als eine gewaltige Schlange dargestellt wurde, die das Chaos verkörperte.
Kollidierende Sternwinde sorgen für Wirbel
Wie die Astronomen berichten, besteht Apep aus einem Doppelsystem zweier sogenannter Wolf-Rayet-Sterne und einem begleitenden Einzelstern, die durch die Schwerkraft miteinander verbunden sind. Auf dem Bild sind nur zwei sternförmige Objekte erkennbar, weil die beiden Wolf-Rayet-Sterne als ein Punkt erscheinen, erklären die Wissenschaftler. Ihnen zufolge ist das Duo aber eindeutig für die schlangenartigen Wirbel um Apep verantwortlich: Von beiden gehen Sternwinde aus, die miteinander interagieren und so die komplexen Schwaden bilden.
Wie Callingham und seine Kollegen erklären, sind die Sternwinde typisch für Wolf-Rayet-Sterne. Sie entwickeln sich aus besonders massereichen Sternen und repräsentieren eine Endphase: Im Wolf-Rayet-Zustand überdauern sie nur wenige hunderttausend Jahre – kosmologisch betrachtet ist diese Zeitspanne ein Wimpernschlag. In dieser Zeit schleudern sie riesige Mengen von Materie mit unvorstellbarer Geschwindigkeit von sich – sie senden einen Sternwind ins All.
Kommt es bald zum Mega-Knall?
Bei Apep haben die Astronomen nun Geschwindigkeiten des Sternwinds von zwölf Millionen Kilometern pro Stunde festgestellt. Im Vergleich dazu kriecht die gesamte „Schlange“ nur sehr langsam: Der Wirbel bewegt sich mit weniger als zwei Millionen Kilometern pro Stunde. Diese Diskrepanz interpretieren die Astronomen als einen Hinweis darauf, dass einer der beiden Sterne die Winde in besonderer Weise aussendet: Er verströmt einen schnellen und einen langsamen Wind in verschiedene Richtungen.
Wie die Astronomen erklären, würde dies wiederum bedeuten: Der Stern dreht sich so schnell, dass er kurz vor dem Zerbersten steht. Und genau das macht das System nun so besonders spannend: Man nimmt an, dass ein Wolf-Rayet-Stern mit einer solch schnellen Rotation mit einem gewaltigen Paukenschlag die Bühne des Firmaments verlässt: mit einem langlebigen Gammastrahlenausbruch. Es handelt sich dabei um die mächtigsten Explosionen im Universum. Gammastrahlenausbrüche dauern zwischen einigen Tausendstelsekunden und einigen Stunden an und können so viel Energie freisetzen, wie die Sonne über ihre gesamte Lebensdauer produzieren wird.
Ob Apep tatsächlich dieses Schicksal bevorsteht, ist allerdings nicht sicher, betonen die Wissenschaftler. Doch eins scheint klar: Das spannende Sternsystem wird nun weiterhin im Blick der Astronomen stehen.
Quelle: ESO, Nature Astronomy. doi: 10.1038/s41550-018-0617-7