Die Bewohner Ostchinas waren im vergangenen Jahrtausend immer dann besonders kriegerisch, wenn Kälteperioden im Land herrschten. Das haben Wissenschaftler von der Universität Hongkong bei der Analyse von Klimadaten und historischen Aufzeichnungen entdeckt. Sie führen den Klimaeffekt darauf zurück, dass sich bei niedrigen Temperaturen die Ernte verringert und sich die Menschen im Kampf um die schrumpfenden Ressourcen extremerer Mittel wie Waffengewalt bedienten. Demnach könnten auch zukünftige Klimaveränderungen und die damit einhergehende Wasser- und Nahrungsmittelverknappung zu bewaffneten Auseinandersetzungen führen, erklären die Forscher.
In den Jahren 1000 bis 1911 litt das
Kaiserreich China unter sechs großen Kältephasen. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Menschen in diesen Perioden deutlich weniger Pflanzen ernten und Tiere schlachten konnten. Gleichzeitig führten die Chinesen im Osten des Kaiserreichs in diesen tausend Jahren fast 900 Kriege. Jahrzehnte, in denen es besonders viele, das heißt mehr als 15, bewaffnete Auseinandersetzungen gab, fielen fast alle in eine dieser Kältewellen. Die Kriege brachen meist etwa zehn bis dreißig Jahre nach Beginn der jeweiligen Klimaphase aus.
Erst vor kurzem hatten die Vereinten Nationen berichtet, dass Klimaveränderungen eine der Ursachen für den Konflikt in Darfur seien. Nach Ansicht anderer Wissenschaftler vereinfacht eine solche Schlussfolgerung allerdings die Hintergründe zu sehr. Auch der Heidelberger China-Experte Rudolf Wagner hält die nun veröffentlichten Ergebnisse aus Hongkong für “interessant, aber ich denke etwas übertrieben”. Neben dem Klima würden auch organisatorische, soziale und politische Faktoren eine wichtige Rolle spielen. Als Beispiel nennt Wagner die Fähigkeit einer Regierung, ihr Hoheitsgebiet zu kontrollieren und die Art und Weise, wie sie mit dem Volk umgeht.
David Zhang, einer der Autoren der neuen Studie, glaubt hingegen, dass Kälteperioden auch in anderen Regionen der Welt zu Konflikten geführt haben. So fallen beispielsweise der dreißigjährige Krieg und andere Krisen in Europa und auch Asien ins 17. Jahrhundert. Dieser Zeitraum war eine der kältesten Phasen der so genannten kleinen Eiszeit, die vom 15. bis ins 19. Jahrhundert reichte und der Nordhalbkugel der Erde ein ungewöhnlich kühles Klima bescherte.
Nature, Onlinedienst, DOI:10.1038/news070709-13 David Zhang ( University of Hong Kong) et al.: Human Ecology, Bd. 35, S. 403 wissenschaft.de ? Larissa Kessner