Dass Pluto eine dünne Atmosphäre besitzt, wird schon lange vermutet. 1988 wurde sie erstmals nachgewiesen, als der Zwergplanet vor einem fernen Stern vorüberzog und dessen Helligkeit graduell abfiel. Bislang war bekannt, dass Plutos Gashülle mindestens 100 Kilometer hoch ist. Die Kohlenmonoxid-Messungen zeigen nun jedoch, dass die Atmosphäre über 3.000 Kilometer in die Höhe reicht – rund ein Viertel des Abstands zu Plutos Großmond Charon. Das Kohlenmonoxid ist extrem kalt, rund minus 220 Grad Celsius.
Eine große Überraschung war, dass die Gaskonzentration mehr als doppelt so hoch wie der Grenzwert ist, den Astronomen im Jahr 2000 mit dem 30-Meter-Teleskop IRAM (Institut de radioastronomie millimétrique) auf dem Pico Veleta in Spanien bestimmt hatten. Damals wurde kein Kohlenmonoxid gemessen; die Forscher konnten daher lediglich eine untere Grenze angeben. Offenbar hat die Kohlenmonoxid-Konzentration seither beträchtlich zugenommen. ?Dieser Anstieg innerhalb eines Jahrzehnts ist verblüffend?, sagt Jane Greaves. ?Wir vermuten, dass sich die Atmosphäre ausgedehnt hat oder zusätzliches Kohlenmonoxid freigesetzt wurde.?
Auch die Konzentration von Methan ändert sich im Lauf der Zeit. Es ist das einzige andere bislang eindeutig nachgewiesene Gas in Plutos Lufthülle, die wahrscheinlich überwiegend aus Stickstoff besteht. Die Variationen sind eine Folge der schwankenden Sonneneinstrahlung aufgrund der stark elliptischen Umlaufbahn Plutos. 1989 stand er der Sonne am nächsten und bekam am meisten Wärme ab. Angesichts Plutos gesamter Umlaufszeit, die 248 Jahre beträgt, ist der seither vergangene Zeitraum ziemlich kurz.
Da Plutos Schwerkraft gering ist, entweichen seine Gase in großen Höhen leicht ins All. Plutos Atmosphäre ist daher die fragilste im Sonnensystem. ?Die Höhe, bis zu der wir Kohlenmonoxid nachweisen können, passt gut zu unseren Modellen, die beschreiben, wie der Sonnenwind die obere Pluto-Atmosphäre fortweht?, sagt Christiane Helling, eine Kollegin von Jane Greaves an der University of St Andrews.
Im Gegensatz zu den Treibhausgasen Kohlendioxid und Methan wirkt Kohlenmonoxid als eine Art Kühlmittel. Es ist also ein Gegenspieler zum Methan in Plutos Lufthülle. Die Balance der beiden Gase ist entscheidend für die Jahreszeiten auf dem Zwergplaneten. Im Pluto-Winter könnte die ganze Atmosphäre ausfrieren und als Schnee auf die eisige Oberfläche fallen.
Künftige Beobachtungen sollen mehr über diese Dynamik herausfinden. ?Ein solches Beispiel eines außerirdischen Klimawandels zu verfolgen, ist faszinierend?, sagt Jane Greaves. Sie freut sich schon auf die Schnappschüsse aus nächster Nähe, die New Horizons machen wird. Die am 19. Januar 2006 gestartete Raumsonde wird im Juli 2015 an Pluto vorbeifliegen – in einem Abstand von weniger als 10.000 Kilometern.