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Tod bei der Geburt

Astronomie|Physik Erde|Umwelt

Tod bei der Geburt
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Skelett des Ichthyosaurier-Weibchens, recxhts unten ist der Kopf des gerade im Beckengürtel steckenden Embryos zu erkennen (Ryosuke Motani, doi:10.1371/journal.pone.0088640)
Einige Meeressaurierarten brachten ihre Jungen lebend zur Welt. Davon zeugen einige Fossilien von Weibchen mit noch ungeborenen Jungtieren. Jetzt aber ist einem Forscherteam ein besonderer Fund gelungen: In China entdeckten sie das Fossil eines Meeressaurier-Weibchens, das vor 248 Millionen Jahren im Moment der Geburt starb. Eines ihrer drei Jungen war bereits geboren, ein anderes befand sich noch in ihrem Leib. Ein weiteres Jungtier aber steckte Kopf voran im Geburtskanal. Diese Fossilien sind damit das älteste Zeugnis einer Lebendgeburt bei Meeressauriern – und geben wertvolle Hinweise auf den Ursprung dieser Fortpflanzungsart.

Ichthyosaurier waren ein Erfolgsmodell der Evolution: Immerhin mehr als 150 Millionen Jahre lang, von der frühen Trias bis zur späten Kreidezeit, durchstreiften diese Reptilien die Meere der Urzeit. Die anfangs noch eher echsenartigen, später dann fischförmigen Saurier hatten sich jedoch nicht im Ozean entwickelt, sondern stammten von Vorfahren an Land ab, die nachträglich wieder zu einem Leben im Wasser zurückkehrten. Von späteren Ichthyosaurierarten ist bekannt, dass sie ihre Jungen lebend zur Welt brachten. Davon zeugen zahlreiche Fossilien mit noch ungeborenen Jungen im Leib. „Aber von den frühen Formen, die vor 251 bis 247 Millionen Jahren lebten, war zur Fortpflanzung bisher nichts bekannt“, erklären Ryosuke Motani von der University of California in Davis und seine Kollegen. Weil sie ihren landbewohnenden Vorfahren noch sehr nahe waren, könnten sie auch eierlegend gewesen sein, wie noch heute viele Reptilien.

Eine Mutter und drei Embryos

Das Rätsel um die Fortpflanzung der frühen Ichthyosaurier hat ein neuer Fossilienfund nun gelüftet. Bei Ausgrabungen in der Provinz Anhui im Südosten Chinas stießen die Paläontologen auf das Skelett eines Ichthyosaurier-Weibchens aus der Zeit von vor 248 Millionen Jahren. Das Tier gehörte zur Gattung Chaohusaurus, einer sehr ursprünglichen Gruppe rund ein Meter langer, noch eher echsenähnlicher Ichthyosaurier. Als die Forscher das Skelett freipräparierten, stellten sie fest, dass das Weibchen nicht allein war: Mit ihr waren auch drei Jungtiere konserviert. „Trotz ihres großen Alters sind die Embryos außerordentlich gut erhalten“, berichten Motani und seine Kollegen. An den Knochen und der Größe der rund 18 Zentimeter langen Tiere ließ sich ablesen, dass alle drei geburtsreif waren.

Das Besondere aber war die Position, in der die drei Jungtiere konserviert waren: Eines von ihnen lag noch im Mutterleib, mit dem Kopf in der Nähe ihres Beckengürtels. Ein weiteres lag außerhalb der Mutter, halb unter ihrem Körper begraben. Das dritte Jungtier aber steckte noch im Geburtskanal: Sein Kopf ragte bereits aus dem Becken der Mutter heraus, der Körper steckte noch im Mutterleib. „Dies ist das älteste Wirbeltierfossil, das den Moment der Geburt konserviert hat“, konstatiert Motani. Denn es gebe zwar einige Meeressaurier-Fossilien mit Embryos im Beckengürtel. In den meisten Fällen seien diese ungeborenen Jungen aber erst nach dem Tod der Mutter von Fäulnisgasen dort hineingetrieben worden. In diesem Falle aber blieben gleich drei Nachkommen in unterschiedlichen Phasen der Geburt erhalten. Das spricht nach Ansicht der Paläontologen dafür, dass dieses Ichthyosaurier- Weibchen tatsächlich mitten in der Geburt starb.

Und noch etwas Ungewöhnliches enthüllte das neuentdeckte Fossil: Die meisten anderen Meeressaurier gebaren ihre Jungen mit dem Schwanz voran – ähnlich wie heute noch viele Walarten. Dies stellt sicher, dass die Jungtiere während der Geburt noch über die Nabelschnur mit Sauerstoff versorgt werden. Die Gefahr zu ersticken ist damit für sie geringer. Doch der Chaohusaurus-Embryo wurde eindeutig mit dem Kopf zuerst geboren. Nach Ansicht von Motani und seinen Kollegen könnte dies darauf hindeuten, dass diese frühen Ichthyosaurier noch nicht völlig an das Leben im Wasser angepasst waren. Die Kopfgeburt wäre dann ein Relikt ihrer an Land lebenden Vorfahren. Denn für landlebende Reptilien ist eine Geburt mit dem Kopf voran die Regel.

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Die Forscher vermuten, dass es vielleicht sogar die Geburtsposition ihres Jungen war, die dem Meeressaurier-Weibchen zum Verhängnis wurde. „Die Orientierung mit dem Kopf voran während der Unterwasser-Geburt könnte bei den frühen Meeressauriern zu Komplikationen und hoher Sterblichkeit geführt haben“, mutmaßen die Wissenschaftler. Das neuentdeckte Fossil könnte genau dies dokumentieren. Ob das Weibchen allerdings tatsächlich an der Geburt selbst starb, bleibt Spekulation.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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