Doch die beobachteten “Fingerabdrücke” waren gegenüber den erwarteten Werten leicht verschoben. Erklären konnten Barrow und Webb diese Abweichung durch die Annahme, dass die Feinstrukturkonstante vor 11 Milliarden Jahren ? als das Licht die Staubwolken passierte ? um 0,7 Tausendstel Prozent kleiner war als heute. Diese Feinstrukturkonstante bestimmt die Stärke der elektromagnetischen Wechselwirkung. Sie ist eine dimensionslose Konstante, die sich aus den Werten dreier “fundamentaler” Naturkonstanten berechnen lässt. Das sind die Elementarladung, die Lichtgeschwindigkeit und das Plancksche Wirkungsquantum.
Wenn sich also die Feinstrukturkonstante im Laufe der Jahrmilliarden geändert hat, dann muss sich mindestens eine der drei anderen Konstanten auch geändert haben. Doch welcher schiebt man den Schwarzen Peter zu? Die so genannten Dilaton-Theorien gehen von einer veränderlichen Elementarladung aus. Doch Magueijo hat ein weiteres Argument, das für eine veränderliche Lichtgeschwindigkeit spricht.
Im japanischen AGASA-Observatorium fangen Physiker seit mehr als einem Jahrzehnt hochenergetische kosmische Strahlung ein, deren Existenz Einsteins Spezieller Relativitätstheorie widerspricht. Für diese Strahlung mit einer Energie von mehr als 100 Trillionen Elektronenvolt sollte unser Universum eigentlich undurchlässig sein. Durch die Wechselwirkung mit der kosmischen Hintergrundstrahlung müsste eine derart energiereiche Strahlung vernichtet werden.
Magueijos eigene VSL-Variante, die “doppelte spezielle Relativitätstheorie”, löst dieses Problem durch eine veränderbare Lichtgeschwindigkeit. Dies hat zur Folge, dass die Energiegrenze, ab der die kosmische Hintergrundstrahlung die hochenergetische kosmische Strahlung “ausbremst”, heraufgesetzt wird.
“Wir dürfen auf eine Antwort in naher Zukunft hoffen”, schreibt Magueijo zu der ausstehenden Entscheidung zwischen den verschiedenen Theorien. Neue Daten werden der im Jahr 2006 startende NASA-Satellit GLAST und das argentinische Pierre-Auger-Observatorium liefern. Am Pierre-Auger-Projekt sind auch Wissenschaftler der Universität Karlsruhe und des Forschungszentrums Karlsruhe beteiligt.