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Weiße Zwerge beim Engtanz

Astronomie|Physik

Weiße Zwerge beim Engtanz
Weiße Zwerge
Diese Illustration zeigt die beiden einander eng umkreisenden Weißen Zwerge von ZTF J1530+5027. (Bild: Caltech/IPAC)

Doppelsterne sind im Kosmos nichts Ungewöhnliches, sie könnten sogar häufiger sein als Einzelsterne. Doch jetzt haben Astronomen ein ganz besonderes Sternenpaar entdeckt: Zwei Weiße Zwerge, die sich so eng umkreisen, dass ihre Bahnen komplett in den Planeten Saturn hineinpassen würden. Für eine Umrundung benötigen diese kompakten Sternenreste nur knapp sieben Minuten – das ist die kürzeste Umlaufperiode, die je bei einem Doppelsternsystem gefunden wurde. Das Interessante daran sind die Folgen dieser engen Umkreisung: Das System verliert dabei Energie, die es unter anderem in Form von Gravitationswellen freisetzt.

Wenn ein sonnenähnlicher Stern das Ende seines Lebenszyklus erreicht, bläht er sich zunächst zu einem Roten Riesen auf. Dann jedoch stößt er in mehreren Explosionen seine Hüllen ab und wird zum Weißen Zwerg – einem nicht sehr großen, aber enorm dichten Sternenrest. War dieser Stern zuvor Teil eines Sternenpaares, dann kann es dazu kommen, dass sich am Ende zwei Weiße Zwerge eng umkreisen. Das Interessante daran: Bei sehr engen Orbits solcher Zwergenpaare ist die Schwerkraftwechselwirkung der beiden Partner so groß, dass Energie in Form von Gravitationswellen abgegeben wird. Die Raumzeit wird dabei ähnlich wie bei verschmelzenden Schwarzen Löcher oder Neutronensternen in Schwingungen versetzt, wenn auch schwächer. Je näher sich die beiden Weißen Zwerge dabei sind, desto mehr Energie verlieren sie – und desto stärker müssten die Gravitationswellen sein.

So nah wie kein anderes Paar

Bisher allerdings sind die Gravitationswellen-Detektoren nicht empfindlich genug, um die vergleichsweise schwachen Erschütterungen der Raumzeit zu registrieren. Forscher gehen aber davon aus, dass dies mit dem in den 2030er Jahren startenden Laser Interferometer Space Antenna, kurz LISA möglich sein wird. Deshalb suchen Astronomen schon jetzt nach Paaren zweier Weißer Zwerge mit möglichst engen Orbits. „Wir erwarten, dass LISA zehntausende solcher Systeme detektieren wird“, erklären Kevin Burdge vom California Institute of Technology (Caltech) in Pasadena und seine Kollegen. Bisher wurden allerdings nur sehr wenige geeignete Kandidaten identifiziert. Für ihre Studie haben die Forscher die Daten einer Himmelsdurchmusterung ausgewertet, bei dem ein Teleskop am Palomar Observatorium in Kalifornien gezielt nach sich periodisch verändernden Lichtquellen gesucht hat. Denn wenn sich zwei Weißen Zwerge eng umkreisen, wird dieses Paar regelmäßig heller und dunkler, je nachdem, welcher der beiden Sternenreste vor dem anderen vorüberzieht.

Unter den 20 Millionen Lichtkurven dieses Datensatzes identifizierten Burdge und sein Team eine, die auf ein enges Paar Weißer Zwerge hindeutete. Nähere Beobachtungen mit einem Teleskop des Kitt Peak Observatoriums bestätigten dann: ZTF J153932.16+502738.8, kurz ZTF J1539 besteht aus zwei Objekten mit einer Umlaufperiode von nur 6,91 Minuten. „Diese kurze Orbitalperiode bedeutet, dass die beiden Komponenten dichte Objekte sein müssen – Weiße Zwerge“, sagen die Forscher. Damit ist dieses Paar der Doppelstern mit der bisher kürzesten Umlaufperiode. Die beiden Weißen Zwerge sind einander so nahe, dass ihre Orbits komplett in den Planeten Saturn hineinpassen würden. Für LISA sind dies gute Aussichten: Die Astronomen schätzen, dass der fliegende Gravitationswellen-Detektor die Gravitationswellen von diesem System schon in der ersten Betriebswoche detektieren wird.

Umlaufbahnen werden immer enger

Doch die beiden Weißen Zwerge werden nicht immer stabil bleiben. Burdge und sein Team vermuten, dass die beiden Weißen Zwerge schon jetzt durch ihre große Nähe starken Schwerkraft-Wechselwirkungen ausgesetzt sind. „Die Objekte erfahren dadurch eine substanzielle Verformung durch Gezeitenkräfte“, so die Forscher. Bei einer so großen Nähe der beiden stellaren Partner kommt zudem noch ein Effekt zum Tragen: Die Allgemeine Relativitätstheorie von Albert Einstein sagt dafür die Freisetzung von Gravitationswellen voraus und das wiederum müsste zu einer messbaren Abnahme der Energie im System führen. Dadurch müssten sich die Umlaufbahnen beider Partner allmählich immer weiter verengen. Ob das der Fall ist, haben die Astronomen überprüft, indem sie in älteren Beobachtungsdaten nach der Lichtsignatur von ZTF J1539 suchten und diese mit der heutigen verglichen.

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Es zeigte sich: Die Umlaufperiode der beiden Weißen Zwerge hat sich in den letzten zehn Jahren schon messbar verkürzt. Sie sind demnach schon dabei, sich immer weiter anzunähern – und werden dies auch weiter tun: „Der Orbit von ZTF J1539 wird in den nächsten 130.000 Jahren soweit schrumpfen, bis er eine Periode von nur rund fünf Minuten erreicht“, berichten Burdge und sein Team. An diesem Punkt wird der größer der beiden Weißen Zwerge seinem Partner so viel Material absaugen, dass sich dessen Kern stark ausdehnt. Im Extremfall kann es dann dazu kommen, dass beide Sternenreste miteinander verschmelzen. „Dieses Entdeckung wird unser Verständnis solcher Systeme stark erweitern – und sie ist ein Vorgeschmack all der Überraschungen, die noch kommen“, kommentiert Anne Kinney von der US National Science Foundation die Ergebnisse der Astronomen.

Quelle: Kevin Burdge (California Institute of Technology, Pasadena) et al., Nature, doi: 10.1038/s41586-019-1403-0

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