Während des internationalen Polarjahres von 2007 bis 2009 trug ein Forscherteam aus sieben Nationen ? darunter auch aus Deutschland ? nun umfangreiche neue Daten zusammen, um das Rätsel zu lösen. Das Gebirge befindet sich im zentralen und kältesten Teil der Antarktis. Während des Sommers ist es nur wenige Wochen lang so warm, dass dort Flugzeuge landen können. Die Expedition war daher eine logistische Mammutaufgabe. Doch das Ergebnis kann sich sehen lassen: Mit verschiedenen Messmethoden durchleuchteten die Forscher den Eispanzer und deckten dadurch die wechselhafte Geschichte der Gamburtsev-Berge auf.
Das Team um Fausto Ferraccioli fand heraus, dass die Erdkruste unter dem Gebirge 20 Kilometer dicker ist als in anderen Teilen der Antarktis. Sie ist außerdem ungewöhnlich schwer. Nach Meinung der Forscher zeugt dieser Wulst von einer Kontinentkollision vor einer Milliarde Jahren ? zu einer Zeit also, als es auf der Erde noch keine Tiere oder höheren Pflanzen gab. Bei dem Crash verdickte sich die Kruste, und ein erstes Gebirge entstand. Dieses dürfte jedoch im Laufe einiger Hundert Millionen Jahre von der Erosion wieder eingeebnet worden sein, schreiben die Forscher. Doch die schwere Wurzel blieb erhalten.
Vor etwa 250 Millionen Jahren war der alte Gebirgskern erneut den Kräften der Plattentektonik ausgesetzt. Damals setzte der Zerfall des Superkontinents Pangäa ein. Unter dem Gebirgskern entstand ein Riss, es bildete sich ein Rifttal ähnlich wie in Ostafrika. Durch die Hitze aus dem Erdmantel wurde das alte Gebirge bis vor etwa Hundert Millionen Jahren erneut emporgehoben. Als sich später die ersten Gletscher in der Antarktis bildeten ? vermutlich vor gut 30 Millionen Jahren ? konservierten sie das jugendliche Aussehen des Gebirges.
?Es ist faszinierend, dass das Ost-Antarktische Riftsystem einem der geologischen Wunder der Welt so stark ähnelt, nämlich dem Ostafrikanischen Rift?, sagt Ferraccioli. Als nächstes wollen er und seine Kollegen durch das Eis bohren und Gesteinsproben aus den Gamburtsev-Bergen zutage fördern. So wollen sie die Datierung der verschiedenen tektonischen Ereignisse präzisieren. Bislang beruhen die Zeitangaben auf winzigen Körnchen des Minerals Zirkon, die bei Eisbohrungen über dem subglazialen Vostok-See gefunden wurden.