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Erbgut als Geschichtsbuch

Geschichte|Archäologie Gesellschaft|Psychologie

Erbgut als Geschichtsbuch
Auch wenn die Vertreter des jüdischen Volkes über den ganzen Globus verstreut leben, tragen sie doch ihre gemeinsame Herkunft im Genom mit sich. Dies haben Forscher aus Israel und den USA nun durch eine umfassende Genomanalyse von Menschen aller Hauptgruppen der jüdischen Diaspora nachgewiesen. Juden aus den verschiedenen Weltregionen teilen demnach zahlreiche genetische Merkmale, durch die sie sich von anderen Bevölkerungsgruppen unterscheiden und die auf gemeinsame Urahnen zurückgehen. Im Anschluss an die Studie dienen die hierfür gesammelten umfangreichen Gendaten nun künftig auch zur Erforschung der genetischen Ursachen von Herzerkrankungen, Krebs oder Diabetes sowie anderer häufiger Krankheiten, berichten die Forscher um Harry Ostrer vom New York University Langone Medical Center.

Als jüdische Diaspora wird der Umstand bezeichnet, dass im Laufe der Geschichte große Teile des jüdischen Volkes in die ganze Welt migrierten ? größtenteils aufgrund von Vertreibungen ? wo sie sich jedoch wieder zu Gemeinden zusammenfanden und so ihren Glauben und ihre Kultur bewahren konnten. Um besser zu verstehen, wie die heutigen jüdischen Gruppen miteinander verwandt sind, führten die Wissenschaftler eine genomweite Analyse der drei Hauptgruppen der Diaspora durch: der osteuropäischen Aschkenasim, der italienischen, griechischen und türkischen Sepharden sowie der iranischen, irakischen und syrischen Mizrachim. Wie die Ergebnisse zeigen, findet sich die gemeinsame Geschichte des jüdischen Volks auch im Genom: Juden aus allen Weltregionen tragen zahlreiche genetische Merkmale im Erbgut, die sie von anderen Bevölkerungsgruppen unterscheiden und auf eine gemeinsame Herkunft hindeuten. Der Zeitpunkt, von dem an sich das Erbgut der im Mittleren Osten lebenden und der Richtung Europa migrierten Juden auseinanderzuentwickeln begann, liegt etwa 2.500 Jahre zurück. Darüber hinaus lässt das Genom auch Rückschlüsse auf die Zugehörigkeit zu einer der drei Hauptgruppen der Diaspora zu. Aschkenasim, Sepharden und Mizrachim zeigen dabei variierende Grade der Vermischung mit den jeweils umgebenden Bevölkerungsgruppen.

Insgesamt wurden 237 jüdische Teilnehmer aus New York, Seattle, Athen, Rom und Israel untersucht. Auswahlkriterium war, dass jeweils alle vier Großeltern eines Probanden aus der gleichen jüdischen Gemeinde kommen mussten. Die Ergebnisse der Genanalyse wurden mit den Genomen weiterer 418 Menschen nicht-jüdischer Herkunft aus aller Welt verglichen. ?Nach früheren genetischen Untersuchungen, die auf Blutgruppen und Serummarkern basierten, wurden größere genetische Gemeinsamkeiten der jüdischen Gemeinschaften im Mittleren Osten untereinander als mit anderen jüdischen Populationen vermutet?, sagt Ostrer. ?Wie wir jetzt gezeigt haben, tragen alle Juden ein Bündel gemeinsamer genetischer Merkmale in sich, auch wenn jeweils gruppenspezifische, historisch bedingte Faktoren erkennbar sind.? Innerhalb jeder jüdischen Volksgruppe wurde ein überdurchschnittlich hoher Verwandtschaftsgrad festgestellt ? zwischen den Aschkenasim entspricht er in etwa dem von Cousins fünften Grades.

?Die Studie stützt die These, dass alle Menschen jüdischer Herkunft durch einen gemeinsamen genetischen Code miteinander verbunden sind?, sagte Ostrer. ?Zudem erklärt die starke Vermischung in Europa, warum so viele europäische und syrische Juden blaue Augen und blonde Haare haben.“ Laut Ostrer sollen die für die Studie gesammelten genetischen Informationen nun auch dazu dienen, neue Erkenntnisse über die vielfältigen genetisch bedingten Auslöser weitverbreiteter Krankheiten wie etwa Diabetes oder Krebs zu gewinnen.

Harry Ostrer (New York University Langone Medical Center) et al.: American Journal of Human Genetics, Onlineveröffentlichung vom 3. Juni 2010 ddp/wissenschaft.de ? Gunnar Henze
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