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Warum es Blondinen gibt

Geschichte|Archäologie

Warum es Blondinen gibt
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Blonde Frauen waren wohl schon in der Steinzeit bei Männern beliebt. Foto: Slideshow Bob, cc-by-sa-Lizenz
Blonde Frauen kamen schon in der Steinzeit bei Männern gut an – einfach, weil sie auffielen, glaubt der kanadische Anthropologe Peter Frost. Gegen Ende der letzten Eiszeit vor 10.000 bis 15.000 Jahren wurde nämlich das Großwild in den kalten Steppen Europas immer knapper. Die wenigen jagdfähigen Männer konnten kaum genug Fleisch als Nahrung heranschaffen und viele Männer kamen von der Jagd nicht mehr zurück. Da war es für Frauen ein Vorteil, blond zu sein: Wenn Männer ohnehin nicht für mehr als eine Frau sorgen konnten, wählten sie sich bevorzugt die Frauen aus, die sich von den anderen unterschieden. Und das waren eben Frauen, die Gen-Mutationen trugen, die ihre Haut hell, das Haar blond und die Augen blau werden ließen. Nur mit dieser sexuellen Selektion, wie Evolutionsbiologen sagen, konnten sich blonde Haare und blaue Augen in der Menschheit so weit verbreiten, meint Frost.

Mit seiner Hypothese, die der kanadische Anthropologe 2006 erstmals vorgestellt hatte, erregte Frost großes Aufsehen, schien sie doch die gängigen Blondinen-Klischees zu bestätigen. Was die blauen Augen angeht, hat es tatsächlich ein solches einmaliges Mutationsereignis gegeben, wie es Frost in seinem Szenario annahm: Vor 6.000 bis 10.000 Jahren hatte sich bei einem Menschen tatsächlich ein Gen massiv verändert, das für die Augenfarbe mitverantwortlich war, fanden dänische Genetiker heraus. Dieser Mensch hatte deshalb blaue Augen, und alle Menschen mit dieser Augenfarbe stammen von ihm ab – insgesamt etwa ein Zehntel der Menschheit. Dieser Urvater und diese Urmutter aller Blauäugigen lebte wohl im Nahen Osten oder in der Region nordwestlich des Schwarzen Meers.

Doch ganz so einfach verlief die Entwicklungsgeschichte der Blondinen – und natürlich auch der blonden Männer – nicht, haben nun weitere Genanalysen gezeigt: So ist das für rote beziehungsweise rotblonde Haare zuständige Gen in der Evolution des Menschen viele Male unabhängig voneinander mutiert, erklärt Mark Stoneking, Professor am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig in der Juni-Ausgabe der Zeitschrift „bild der wissenschaft“. Die ersten dieser Mutationen haben schon vor 20.000 bis 40.000 Jahren stattgefunden. Und selbst bei den Vorläufern des modernen Menschen in Europa, den Neandertalern, konnte der Leipziger Wissenschaftler Michael Hofreiter nachweisen, dass es bereits rotblonde Individuen gegeben hatte – lange Zeit vor dem Ende der Eiszeit.

Als genetische Schaltstelle, in der sich entscheidet, ob ein Mensch blonde beziehungsweise rotblonde Haare bekommt, haben Wissenschaftler ein Gen namens MC1R ausgemacht. Insgesamt mehr als 70 verschiedene, durch Mutationen entstandene Varianten dieses Gens gibt es bei heutigen Menschen. Das Gen enthält den Bauplan für ein Eiweißmolekül an der Oberfläche der Melanozyten ¬– jenen Zellen in der menschlichen Haut, die für die Produktion der Pigmente verantwortlich sind, die Haut und Haare dunkel färben.

Wie genau die Varianten des MC1R-Gens die Haarfarbe steuern, wissen Forscher bisher jedoch nicht. Lediglich bei rotblonden Menschen konnten bisher fünf Genvarianten nachgewiesen werden, die zum Auftreten dieser Haarfarbe führen. Doch warum sich diese auch nach Zehntausenden von Jahren Evolution halten konnten, darüber rätseln Forscher noch immer – bergen sie doch für ihre Träger auch Gefahren: Da rotblonde Menschen auch eine hellere Haut haben, die weniger gegen UV-Strahlung geschützt ist, haben sie gegenüber dunkelhäutigen ein hundertfach höheres Risiko, an Hautkrebs zu erkranken. Unter der brennenden Sonne Afrikas müssen daher Genmutationen, die zu hellerer Haut führten und das Erscheinungsbild der ursprünglich dunkelhäutigen und dunkelhaarigen Menschen veränderten, immer wieder ausgemerzt worden sein.

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Anders verhielt es sich, als die Vorfahren der heutigen Menschen vor etwa 70.000 bis 45.000 Jahren Afrika verließen und begannen, Asien und Europa zu besiedeln. In den gemäßigten Breiten war es eine hellere Haut kein Nachteil mehr, erläutert der britische Dermatologe Jonathan Rees in „bild der wissenschaft“. Hellhäutige Menschen können schon mit wenig Sonnenlicht das wichtige Vitamin D3 erzeugen, wenn sie ihre Haut dem Sonnenlicht aussetzen. So konnten sich die Träger von Genen für Hellhäutigkeit in Europa und Asien mindestens so gut behaupten wie Menschen mit dunkleren Hauttönen.

An einen deutlichen Selektionsdruck mit einer Bevorzugung von Blondinen, wie es Frost in seiner Hypothese plakativ ausgemalt hat, glaubt Rees hingegen nicht: „Wenn die Haut heller wird, ist rotes Haar nun mal eine der möglichen Begleiterscheinungen“, interpretiert der Wissenschaftler die Entwicklung eher nüchtern. Ohnehin sind und bleiben blonde Haare eine exotische Ausnahmeerscheinung der Menschheitsgeschichte: Nur einer von etwa fünfzig Menschen ist blond.

ddp/wissenschaft.de – Ulrich Dewald
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