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Albträume verringern durch akustische Assoziationen

Gesellschaft|Psychologie

Albträume verringern durch akustische Assoziationen
Albtraum
Was hilft gegen Albträume? © FOTOKITA/ iStock

Häufige Albträume können die Schlafqualität beeinträchtigen und für die Betroffenen großen Leidensdruck erzeugen. Die Standardtherapie besteht darin, dass die Betroffenen unter professioneller Begleitung lernen, sich positive Versionen ihrer Albträume zu überlegen und im Wachzustand einzuüben. Eine Studie zeigt nun, dass sich die Wirksamkeit durch eine nächtliche Erinnerungsstütze erhöhen lässt: Hörten die Patienten während des Einübens ein Geräusch, das in der Folge auch während der Traumphase ihres Schlafes abgespielt wurde, gingen ihre Albträume stärker zurück als bei Personen unter der Standardtherapie. Weitere Studien sollen klären, inwieweit die Ergebnisse verallgemeinerbar sind.

Bis zu vier Prozent der Erwachsenen leiden unter chronischen Albträumen. Dabei erleben sie im Traum angsteinflößende Situationen und stark negative Emotionen, die ihre Schlafqualität beeinträchtigen und oft zu nächtlichem Aufwachen führen. Oft sind es immer wieder die gleichen Szenarien, die die Träumer quälen – teils bedingt durch frühere traumatische Erlebnisse, teils ohne ersichtlichen Grund. Vielen Betroffenen hilft eine sogenannte Imagery Rehearsal Therapy (IRT; „Einüben von Vorstellungen“). Dabei lernen sie, ihren Albtraum umzugestalten: Unter therapeutischer Anleitung überlegen sie sich ein positives Ende für den Traum und proben das geänderte Traumszenario tagsüber, indem sie es sich so lebendig wie möglich vorstellen.

Albträume umdeuten

„Obwohl die IRT bei der Behandlung von Albträumen grundsätzlich wirksam ist, sprechen etwa 30 Prozent der Patienten nicht auf diese Behandlung an“, erklärt ein Forschungsteam um Sophie Schwartz von der Universität Genf. „Daher werden neue Optionen zur Beschleunigung und Verbesserung der therapeutischen Ergebnisse benötigt.“ Eine solche Option haben Schwartz und ihre Kollegen nun erprobt. Dazu teilten sie 36 Menschen mit Albträumen zufällig in zwei Gruppen ein. Beide Gruppen erhielten die Standardtherapie mit dem Einüben von positiven Traumversionen.

Während die eine Gruppe keine weitere Behandlung erhielt, lernte die andere Gruppe zusätzlich, die Vorstellung des neuen Traumendes mit einem Geräusch zu verknüpfen. Dazu spielten die Forscher den Probanden dieser Gruppe immer, wenn sie die neue Traumversion übten, wiederholt einen Klavierakkord vor. Auch bei den eigenständigen Übungen zu Hause sollten die Probanden diesen Akkord hören. Die Idee dahinter: Ein Effekt namens „Targeted memory reactivation“ (TMR; „gezielte Gedächtnis-Reaktivierung“) sorgt dafür, dass uns bestimmte Erinnerungen leichter wieder ins Gedächtnis kommen, wenn wir einen damit verknüpften Reiz erneut erleben. Wer beispielsweise beim Lernen gerne Musik hört, kann die gebüffelten Inhalte am leichtesten abrufen, wenn er erneut das gleiche Musikstück hört.

Akustische Gedächtnisstütze

Diesen Effekt machten sich Schwartz und ihre Kollegen zunutze. Sie wiesen alle Probanden an, für zwei Wochen jede Nacht ein Stirnband zu tragen, das registrierte, wann sie in die Phase des REM-Schlafes kamen – also die Schlafphase, in der die meisten Träume auftreten – und in dieser Phase wiederholt das Geräusch abspielte. „Wir waren positiv überrascht, wie gut die Teilnehmer die Studienverfahren respektierten und tolerierten, zum Beispiel die tägliche Durchführung der Imaginationstherapie und das nächtliche Tragen des Stirnbandes“, sagt Schwartz‘ Kollege Lampros Perogamvros. Um auszuschließen, dass die nächtliche Beschallung unabhängig von damit verknüpften Assoziationen für einen möglichen Effekt verantwortlich ist, mussten auch Probanden aus der Kontrollgruppe das Stirnband tragen.

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Das Ergebnis: Wie bei der der Imagery Rehearsal Therapy zu erwarteten, berichteten alle Probanden im Verlauf der Therapie über weniger Albträume. Bei Personen, die die Assoziationen zu dem Geräusch aufgebaut hatten, gingen die Albträume jedoch noch deutlicher zurück und sie berichteten häufiger über positive Emotionen in ihren Träumen. Auch bei einer Nachuntersuchung drei Monate später berichteten Probanden, die die Kombinationstherapie erhalten hatten, von weniger Albträumen. „Für uns als Forscher und Kliniker sind diese Ergebnisse sehr vielversprechend, sowohl für die Untersuchung der emotionalen Verarbeitung im Schlaf als auch für die Entwicklung neuer Therapien“, sagt Perogamvros. In weiteren Studien will das Team nun mit größeren Probandenzahlen und unter Einbeziehung unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen klären, inwieweit sich die Ergebnisse verallgemeinern lassen.

Quelle: Sophie Schwartz (Universität Genf, Schweiz) et al., Current Biology, doi: 10.1016/j.cub.2022.09.032

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