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Warum sind Aha-Momente so schön?

Gesellschaft|Psychologie Nachgefragt

Warum sind Aha-Momente so schön?
Geistesblitz
Was passiert bei einem Geistesblitz in unserem Gehirn? (Grafik: Thomas Vogel/ iStock)

Wenn wir plötzlich die Lösung für ein Problem finden – wie durch einen Geistesblitz – ist dies ein ganz besonderes Gefühl. Was passiert bei einem „Aha-Moment“ im Gehirn und warum macht er glücklich? Neurowissenschaftler konnten bereits Einblicke in diese Frage gewinnen. Demnach feuern bei einem  „Geistesblitz“ nicht nur Hirnareale für Gedächtnis, Sprachverarbeitung und Aufmerksamkeit – auch das „Glückshormon“ Dopamin und ein zentraler Teil des Belohnungssystems sind beteiligt.

Einen „Aha-Moment“ hat vermutlich schon jeder von uns einmal erlebt: Man grübelt an einer Aufgabe oder einem Problem herum und dann plötzlich, wie aus dem Nichts, findet man die Lösung. „Dieser plötzliche Geistesblitz ist ein häufiges psychologisches Phänomen“, sagt Martin Tik von der Medizinischen Universität Wien. „Er ist gekennzeichnet durch eine neue, originelle Verknüpfung alten Wissens und gilt als wichtiger Teil des kreativen Problemlösens. Nehmen wir nur das Beispiel von Archimedes, der aus seinem Bad springt und ‚Heureka‘ ruft.“ Doch was während dieses „Aha-Moments“ im Gehirn geschieht, war lange unbekannt.

Worträtsel im Hirnscanner

Um mehr über die Vorgänge beim „Aha-Moment“ herauszufinden, haben Tik und seine Kollegen dies bei 24 Probanden mithilfe eines Hirnscanners der neuesten Generation untersucht. „Indem wir modernste funktionelle Magnetresonanztomographie verwenden, sind wir in der Lage, tief in das Gehirn hineinzuschauen und im Detail zu erforschen, welche Areale beim Problemlösen aktiv sind“, erklärt Christian Windischberger von der Medizinischen Universität Wien. Für ihre Studie baten er und seine Kollegen die Teilnehmer, anspruchsvolle Worträtsel zu lösen, während der Scanner ihre Hirnaktivität aufzeichnete. Es galt zum Beispiel ein Wort zu finden, das mit drei vorgegebenen Wörtern sinnvoll in Verbindung gebracht werden konnte. Vorgegeben waren beispielsweise „Haus“, „Rinde“ und „Apfel“ – das mit allen drei kombinierbare Lösungswort war „Baum“. Sobald die Probanden die Lösung gefunden hatten, gaben die Probanden zudem die Intensität ihres „Aha-Erlebnisses“ an.

Die Auswertung der Hirnaktivität ergab, dass beim Lösen der Aufgaben vor allem das Sprachzentrum und weitere für die Verarbeitung von Sprache und Grammatik zuständige Areale aktiv wurden – wie angesichts der sprachlastigen Aufgaben zu erwarten war. Auch Teile des Stirnhirns, die für die Bewertung der eigenen Leistung und Problemlösestrategien verantwortlich sind, reagierten. Doch die entscheidenden Signale entdeckten die Wissenschaftler, als sie verglichen, welche Unterschiede es zwischen echten Geistesblitz-Erlebnissen und eher routiniert-gewussten Antworten gab: „Unsere Forschungsergebnisse zeigten neben Aktivierung von Arealen der Aufmerksamkeit, Sprachverarbeitung und Gedächtnis eine plötzliche, deutlich verstärkte Aktivierung des Nucleus accumbens, wenn das Lösen des Rätsels mit einem ‚Aha-Erlebnis‘ und somit einem Moment intensiver Freude und Erleichterung einherging“, berichtet Windischberger.

Dopamin hilft bei der Lösung

Das Spannende daran: Der Nucleus accumbens ist Teil des Belohnungssystems in unserem Gehirn und wird immer dann aktiviert, wenn Freude oder Belohnung empfunden wird. Gleichzeitig steht dieses Hirnareal in enger Verbindung mit der Freisetzung des „Glückshormons“ Dopamin – einem Hormon, dass für starke Emotionen, für die Aufmerksamkeit, aber auch für Süchte eine wichtige Rolle spielt. Nach Ansicht der Forscher könnte die Freisetzung des Dopamins und die Aktivierung des Nucleus accumbens einerseits bei der Lösung der Aufgabe und beim „Dranbleiben“ am Problem helfen, andererseits aber die manchmal geradezu ekstatische Freude erklären, die mit der Lösung eines kreativen Problems einhergeht.

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„Unsere Ergebnisse weisen auf eine enge Beziehung zwischen Dopamin, freudiger Erregung und Kreativität hin“, sagen die Forscher. Dopamin dient demnach nicht nur als Botenstoff im Zuge von Belohnungsreaktionen auf Sex, Essen oder Geld. Der Neurotransmitter spielt vielmehr auch eine Rolle für das zielgerichtete, motivierte Herangehen an anspruchsvolle Problemstellungen – und für die Freude, die wir nach dem Lösen dieser Aufgaben empfinden. Die Erkenntnisse über die neuronalen Vorgänge beim „Aha-Moment“ erklären aber auch, warum eine Lösung, die mit einem Geistesblitz einhergeht, einprägsamer ist: Die Beteiligung der verschiedenen Hirnareale sorgt dafür, dass die Speicherung im Langzeitgedächtnis erleichtert und verstärkt wird. Somit ist ein „Aha-Moment“ mehr als nur ein einfaches Gefühl der Freude oder Erleichterung, er ist stattdessen eine spezielle Form von schnellem Wiederabrufen, Kombinieren und einem finalen Kodierungsprozess, wie die Forscher erklären.

Quelle: Martin Tik (Medizinische Universität Wien) et al., Human Brain Mapping, doi: 10.1002/hbm.24073

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