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Geschwister senken das Scheidungsrisiko

Gesellschaft|Psychologie

Geschwister senken das Scheidungsrisiko
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Wer viele Geschwister hat, lässt sich weniger oft scheiden (Thinkstock)
Geschwister prägen uns von frühester Kindheit an: Sie sind Rivalen, Spielgefährten und Begleiter, sie zwingen uns zum Teilen, streiten sich mit uns, aber können auch zu wichtigen Verbündeten werden. Bis in Erwachsenenalter wird unsere Persönlichkeit durch diese frühen Erfahrungen geprägt. Jetzt zeigt sich: Die Zahl der Geschwister beeinflusst sogar, wie haltbar unsere Beziehungen sind. Das haben US-Forscher in einer Studie mit 57.000 Teilnehmern festgestellt – zu ihrem eigenen Erstaunen. Demnach verringert jeder Bruder oder jede Schwester das Risiko für eine Scheidung um immerhin zwei Prozent.

Dass es Vorteile hat, mit Geschwistern aufzuwachsen, liegt auf der Hand: “Man entwickelt schon früh die Fähigkeit, sich mit anderen auseinanderzusetzen”, erklärt Doug Downey von der Ohio State University, einer der Autoren der Studie. Im Kindergarten zeige sich der Unterschied zwischen Einzelkindern und Kindern aus größeren Familien daher noch relativ deutlich: Während Einzelkinder viele soziale Fähigkeiten hier erst lernen müssen, sind die Geschwisterkinder meist schon weiter, wie viele Untersuchungen zeigen. Im späteren Alter allerdings gleicht sich dieses Manko weitgehend aus, im Teenageralter sind dann meist kaum noch Unterschiede festzustellen – auch das zeigen einige Studien. Insofern ist nicht immer klar festzustellen, wie sehr das Aufwachsen mit oder ohne Geschwister noch im Erwachsenenalter seine Spuren hinterlässt, da zu viele andere Faktoren das Verhalten und die Persönlichkeit bis dahin mitprägen.

Mehr Geschwister – geringeres Scheidungsrisiko

Downey und seine Kollegen wollten es genauer wissen und haben nun einen der möglichen Einflüsse von Geschwistern untersucht. Sie testeten, ob und wie sich die Zahl der Brüder oder Schwestern auf die Partnerschaft auswirkt – und dabei im Speziellen auf die Scheidung. Für ihre Studie werteten sie die Daten einer US-weiten Erhebung aus, bei der 57.000 erwachsene Frauen und Männer zu verschiedensten psychologischen, sozialen und persönlichen Fragen interviewt wurden. Diese Befragungen wurden in den USA von 1972 bis 2012 regelmäßig durchgeführt. Die Forscher erfassten Informationen darüber, ob und wie viele Geschwister die Befragten hatten, ob sie verheiratet oder geschieden waren und weitere mögliche Einflussfaktoren auf Partnerschaft und Ehe.

Die Auswertung brachte eine Überraschung: Denn entgegen den Erwartungen war der Unterschied in den Scheidungsraten zwischen Einzelkindern und denen mit nur einem Bruder oder einer Schwester eher gering. Anders dagegen beim Vergleich von Einzelkindern und denen mit mehreren Geschwistern: Je größer die Familie, desto geringer war später die Wahrscheinlichkeit, dass derjenige sich scheiden ließ. “Jedes zusätzliche Geschwisterkind senkte das Scheidungsrisiko dabei um rund zwei Prozent”, berichtet Downey. Bei mehr als sieben sei allerdings Schluss, dann steige der positive Effekt nicht mehr an. Diesen Effekt großer Familien fanden die Forscher bei Studienteilnehmern aus allen untersuchten Generationen. “Geschwister tragen heute genau so viel dazu bei, uns gegen Scheidungen zu wappnen wie noch vor 50 Jahren”, sagt Downeys Kollegin Donna Bobbitt-Zeher.

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Geschwister schulen die Konfliktfähigkeit

Die Forscher überprüften auch, ob nicht vielleicht eine andere Eigenschaft großer Familien der wahre Auslöser dieses positiven Effekts sein könnte. “Es könnte ja sein, dass beispielsweise alleinerziehende Mütter oder Väter häufiger kleine Familien haben, sagt Downey. Einzelkinder oder Kinder mit nur einem Geschwisterkind könnten dann durch diese Erfahrung später mehr Probleme  in ihrer eigenen Beziehung haben. Um das auszuschließen, bezogen die Wissenschaftler auch Faktoren wie die Familienstruktur, den sozioökonomischen Status, die Religion, die Einstellung zu Rollen mit ein, und auch das Alter der Studienteilnehmer bei ihrer Heirat und die Frage, ob diese selbst Kinder hatten oder nicht. “Selbst wenn wir all diese Kontrollfaktoren hinzunahmen blieb der Zusammenhang zwischen Geschwisterzahl und späterer Scheidung erhalten”, sagt Bobbitt-Zeher.

Zwar hat die Studie die Gründe für diesen Zusammenhang nicht direkt untersucht. Downey und seine Kollegen finden ihn aber dennoch recht gut erklärbar: “Wenn man mit Geschwistern aufwächst, lernt man früh, den Standpunkt anderer zu berücksichtigen und auch, über Probleme zu reden”, so Downey. Je mehr Geschwister man habe, desto mehr Gelegenheiten habe man, um diese Fähigkeiten zu üben. “Das kann eine gute Basis für Beziehungen im Erwachsenenalter sein – und auch für eine Ehe.” Aber das heißt nun nicht, dass sich alle Eltern von Einzelkindern oder von nur zwei Kindern Sorgen machen müssen, ihrem Nachwuchs die Zukunft zu verbauen, wie die Forscher betonen. Es gebe so viele Faktoren, die das Gelingen oder Scheitern von Beziehungen und Ehen beeinflussen – und die Zahl der Geschwister sei nur ein kleiner davon.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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