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Sind Sprachen eher positiv oder negativ geladen?

Gesellschaft|Psychologie Nachgefragt

Sind Sprachen eher positiv oder negativ geladen?
Sprache besitzt negative und positive Elemente. (IllustrationSalamatik/iStock)
Glück ist ein positiver Begriff, Auto ein neutraler und Hass ein negativer: Freud und Leid des Menschen spiegeln sich im Gebrauch von emotionsgeladenen Wörtern wieder. Doch wie sieht es unterm Strich aus – überwiegen die positiven oder negativen Begriffe? Dieser Frage sind Forscher durch eine umfangreiche Sprachanalyse von Texten aus zehn Sprachen nachgegangen. Ihr Fazit: In allen zeichnet sich eine positive Tendenz ab – vermutlich gilt dies für alle menschlichen Sprachen.

Bereits 1969 vermuteten Forscher erstmals, dass die menschliche Sprache generell eine Tendenz zum Positiven haben könnte. Bislang blieb dies allerdings weitgehend Spekulation. Nun haben die Forscher um Peter Dodds von der University of Veermont in Burlington handfeste Beweise für diese These geliefert. Für ihre Studie werteten sie systematisch Texte aus zehn Sprachen aus: Englisch, Spanisch, Französisch, Deutsch, Portugiesisch, Koreanisch, Chinesisch (vereinfacht), Russisch, Indonesisch und Arabisch. Die Texte stammten aus 24 unterschiedlichen Quellen, beispielsweise aus Büchern, Zeitungen, sozialen Netzwerken, Webseiten sowie aus Film und Fernsehen.

Buchstäblich erfreuliche Tendenz

Bei den Analysen kristallisierten sich etwa Zehntausend der am häufigsten verwendeten Begriffe in der jeweiligen Sprache heraus. Diese Wörter legten die Forscher dann rund 1900 Muttersprachlern zur Beurteilung vor: Sie sollten auf einer Skala von eins bis neun den Begriffen einen Grad der Positivität zuordnen. So bekam ein Wort wie „Lachen“ beispielsweise durchschnittlich einen Wert von 8.5, neutrale Begriffe wie „Lieferwagen“ lagen hingegen bei 5 Punkten und eher negative Begriffe wie „Gier“ ernteten besonders wenig Punkte.

Die Auswertungen der Wissenschaftler zeigten: Bei allen 24 Quellen von Wörtern und in allen analysierten Sprachen gab es mehr Begriffe, die über dem neutralen Bereich lagen – mit anderen Worten: Die Stimmung der Sprache ist im Durchschnitt eher positiv geladen. Die Forscher betonen, dass es sich dabei nicht um die Botschaften von ganzen Texten handelt, sondern um den Durchschnittscharakter der kleinsten Bausteine der Sprache – der Wörter. Auch wenn sich Texte beispielsweise mit der Berichterstattung über Unglücke befassen, kann der Wortwert unterm Strich positiv sein.

Ein Hedonometer soll Sprach-Emotion erkennen

Dennoch spiegelt sich natürlich der emotionale Charakter eines Textes durchaus in der Zahl der verwendeten negativ beziehungsweise positiv besetzten Wörter wieder, sagen die Forscher. Diesen Zusammenhang haben sie für die Entwicklung eines Werkzeugs zur automatischen Analyse von Stimmungen in Texten genutzt. Sie nannten es Hedonometer – der Begriff leitet sich vom griechischen Wort für Freude ab.

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Das Hedonometer kann die Glücks-Signale von englischsprachigen Twitter-Beiträgen verfolgen. Am Tag des Terroranschlags in Paris hat es beispielsweise einen deutlichen Knick im Fröhlichkeits-Niveau der Tweets verzeichnet. Aber auch Buchtexte kann das Instrument analysieren. In den Ergebnissen spiegelt sich dann der positive oder negative Verlauf der Handlung wider. Die Forscher wollen dieses Instrument nun weiterentwickeln und ihm auch mehrere Sprachen beibringen. Doch was auch immer das Hedonometer im Detail aufdeckt, das Grundprinzip wird den Forscher zufolge gleich bleiben: Im Durchschnitt nutzt menschliche Sprache überwiegend positiv geladene Grundbausteine.

Originalarbeit der Forscher: PNAS, doi: 10.1073/pnas.1411678112

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