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Ohrwurm: Was Musik „klebrig“ macht

Gesellschaft|Psychologie Nachgefragt

Ohrwurm: Was Musik „klebrig“ macht
Manche Melodien haben den Ohrwurm-Faktor. (Illustation: Pingebat/iStock)
Das Lied mit dem bezeichnenden Titel „Can’t Get You Out Of My Head“ von Kylie Minogue läuft im Radio… und schon ist es passiert: Als Ohrwurm dudelt es nun dem genervten Opfer nachhaltig durch den Kopf. Was macht Musikstücke derart „klebrig? Auf diese Frage hat und Thomas F. aufmerksam gemacht – vielen Dank dafür!

 
Dem Ohrwurm-Faktor haben Forscher von der Durham University eine Studie gewidmet. „Klar ist, dass häufiges Hören eines Liedes wahrscheinlicher macht, dass es sich zu einem Ohrwurm entwickelt und dass Menschen, die viel singen und Musik hören, vergleichsweise häufige von dem Effekt betroffen sind“, sagt Kelly Jakubowski. Entsprechend häufig gelten deshalb Titel als Ohrwürmer, die oft in den Medien gespielt werden. „Wir sind jedoch der Frage nachgegangen, warum bestimmte Musikstücke abgesehen von ihrer Popularität den Ohrwurm-Faktor besitzen“, sagt der Forscher.

Ohrwürmer seziert und analysiert

Im Rahmen ihrer Studie befragten Jakubowski und seine Kollegen zunächst 3000 Menschen nach Musikstücken, die sich bei ihnen irgendwann einmal im Kopf festgesetzt hatten. Die Forscher beschränkten die Auswahl dabei auf populäre Genres. 100 der identifizierten Ohrwürmer verglichen sie dann wiederum mit 100 Liedern, die nicht genannt wurden, aber ähnliche Popularität in den Medien erreicht haben. Dabei kamen Computerprogramme zur musikalischen Analyse zum Einsatz, um die charakteristischen Gemeinsamkeiten der Ohrwürmer aufzudecken.

Es zeichnete sich ab: Melodien setzen sich am ehesten in den Köpfen von Menschen fest, wenn sie besonders grundlegende Konturen der Musik der westlichen Kultur aufweisen. Beispielsweise ist ein solches charakteristisches Muster eine ansteigende und dann abfallende Tonhöhe in der Melodie. Viele Kinder- beziehungsweise Schlaflieder folgen diesem Konzept. Es macht sie für die Keinen eingängig und einprägsam, erklären die Forscher.

Ohrwurm-Faktoren zeichnen sich ab

Zusätzlich zu dem vertrauten Hörerlebnis gehört aber auch musikalische Würze zum Rezept der Ohrwürmer: Unerwartete Intervallstrukturen, Sprünge oder ungewöhnliche Wiederholungen unterscheiden sie oft von anderen Musikstücken. Ein Beispiele für solche ungewöhnliche Strukturen finden sich den Forschern zufolge in einem berühmten Klassiker mit Ohrwurm-Faktor: „In The Mood“ von Glenn Miller. „Die musikalisch klebrigen Titel haben oft ein schnelles Tempo, eine vertraute melodische Form und ungewöhnliche Intervalle beziehungsweise Wiederholungen“, resümiert Jakubowski.

Ihm und seinen Kollegen zufolge sind die Ergebnisse nicht nur aus musikalischer Sicht interessant: Die Erforschung von Ohrwürmern könnte auch Einblicke in die Netzwerke ermöglichen, die Wahrnehmung, Emotionen, Gedächtnis und spontane Gedanken im Gehirn verbinden, sagen die Wissenschaftler. Im Vordergrund scheint aber dennoch die Musik zu stehen: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass man anhand des melodischen Inhalts durchaus bis zu einem gewissen Grad vorhersagen kann, ob ein Stück sich in den Köpfen der Menschen festsetzen wird.“ Was er über die Anwendungsmöglichkeiten sagt, wird vielleicht nicht unbedingt jeden Hörer begeistern, aber dafür Produzenten: „Die Ergebnisse könnten Komponisten und musikalischen Designern von Werbespots helfen, Melodien zu entwickeln, an die sich Menschen nachhaltig erinnern“, so Jakubowski.

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Immerhin nennt der Forscher in diesem Zusammenhang auch Tipps, wie man einen Ohrwurm vertreiben kann: Viele Betroffene berichten, dass es helfen kann, einen Ohrwurm bis zum Ende durchzuhören, damit das Gehirn sich aus der Endlosschleife befreit. Möglicherweise kann auch ein Heilungs-Lied den Ohrwurm vertreiben: beispielsweise die Nationalhymne.

Quelle: Durham University

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