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Rollenspiel begeistert Mädchen für Wissenschaft

Gesellschaft|Psychologie

Rollenspiel begeistert Mädchen für Wissenschaft
Marie Curie
Wenn Mädchen sich in Marie Curie hineinversetzen, steigert dies ihr Interessen an Naturwissenschaft.© blueringmedia/ iStock

Dem Vorbild nacheifern: Spielen Mädchen, sie seien die berühmte Wissenschaftlerin Marie Curie, sind sie anschließend motivierter, sich einer naturwissenschaftlichen Aufgabe zu widmen. In einem Experiment blieben die Mädchen aus der Marie-Curie-Rollenspiel-Gruppe ähnlich lange bei einem naturwissenschaftlichen Spiel dabei wie Jungen. Mädchen dagegen, die nur eine Geschichte über Marie Curie gehört oder keine Informationen über die Wissenschaftlerin erhalten hatten, brachen das Spiel deutlich eher ab. Demnach könnten wissenschaftliche Rollenspiele dazu beitragen, geschlechtsspezifische Unterschiede beim Interesse für MINT-Fächer zu mildern.

Schon zu Beginn des Grundschulalters glauben viele Kinder, Jungen seien besser in Naturwissenschaften als Mädchen. Diese Annahme beeinflusst das Interesse, die Anstrengungen und die Erfolge der Kinder in Fächern wie Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT). Auch in der späteren Berufswahl spiegeln sich die Geschlechterstereotype wieder: In manchen naturwissenschaftlich geprägten Bereichen sind mehr als dreimal so viele Männer wie Frauen beschäftigt.

Superhelden aus der Wissenschaft

Ein Team um Reut Shachnai von der Yale University in New Haven hat nun untersucht, wie sich an diesen Stereotypen etwas ändern lassen könnte. Auf die Idee kam Shachnai während ihres Psychologie-Studiums in einem Kurs über die Psychologie der Vorstellungskraft. „Wir lasen eine Abhandlung darüber, wie Kinder, die vorgaben, ein Superheld zu sein, bei Selbstkontrollaufgaben besser abschnitten – der so genannte ‚Batman-Effekt’“, erklärt ihre damalige Dozentin und Co-Autorin Tamar Kushnir. „Reut fragte sich, ob dies auch funktionieren würde, um Mädchen zu ermutigen, in der Wissenschaft zu bleiben.“

Als Test für diese Hypothese nutzten die Forscherinnen das Wissenschaftsspiel „Sinken oder Schwimmen“: Dabei sehen die Kinder auf einem Bildschirm verschiedene Objekte über einer Wasserfläche schweben und sollen vorhersagen, ob diese Objekte – beispielsweise ein Anker, ein Basketball oder ein Luftballon – sinken oder schwimmen. Nachdem sie ihre Wahl getroffen haben, sehen sie, wie der Gegenstand ins Wasser fällt und dort entweder untergeht oder an der Oberfläche bleibt. Wie ausdauernd würden die Jungen und Mädchen dieses Spiel spielen? Und welchen Einfluss hätten dabei mögliche Vorbilder?

Geschichten von Vorbildern

Um das herauszufinden, rekrutierten die Forscherinnen 240 amerikanische Kinder im Alter von vier bis sieben Jahren und teilten sie in drei Gruppen ein. Den Kindern der Kontrollgruppe sagten sie vor dem Spiel, sie seien nun für einen Tag Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und dürfen nun ein entsprechendes Spiel spielen. Die Kinder der Geschichten-Gruppe erhielten die gleiche Information, hörten aber vor dem Spiel zusätzlich etwas über das Leben und die Leistungen eines wissenschaftlichen Vorbilds – für die Jungen Isaac Newton, für die Mädchen Marie Curie. Ein anschließendes kurzes Quiz stellte sicher, dass sie bei der Geschichte aufgepasst hatten.

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Auch die Kinder aus der Rollenspiel-Gruppe hörten die entsprechende Geschichte, sollten danach aber spielen, sie seien selbst die entsprechende Persönlichkeit. Während des „Sinken oder Schwimmen“-Spiels wurden sie entsprechend angesprochen: „Wie lautet Ihre Vorhersage, Dr. Marie?“ Nach jeder Runde des Spiels wurden die Kinder gefragt, ob sie weiterspielen oder etwas anderes machen wollten. Am Ende sollten sie außerdem bewerten, wie gut sie sich in dem Spiel und als Wissenschaftlerin oder Wissenschaftler fühlten.

Durchhaltevermögen als Marie Curie

Obwohl die Mädchen aller Gruppen ebenso oft mit ihren Voraussagen richtig lagen wie die Jungen – in etwa 70 Prozent der Fälle – verloren die Mädchen aus der Kontroll- und der Geschichtengruppe bereits nach durchschnittlich sechs Runden das Interesse an dem Spiel. Die Mädchen aus der Rollenspiel-Gruppe dagegen spielten durchschnittlich zwölf Runden. Bei den Jungen machte es keinen Unterschied, welcher Gruppe sie zugeordnet waren. Sie spielten unabhängig von der vorherigen Exposition ebenfalls durchschnittlich zwölf Runden des Spiels. „Die Jungen waren sozusagen schon an der Obergrenze, unabhängig von unserer Intervention“, sagt Kushnir. „Die Mädchen dagegen profitierten ungemein vom Spielen in der Fantasie.“

Das Hören der Geschichte ohne Rollenspiel wirkte sich zwar nicht auf die Ausdauer beim „Sinken oder Schwimmen“-Spiel aus, sorgte aber zumindest dafür, dass sich die Mädchen in der abschließenden Bewertung positiver bezüglich ihrer Selbsteinschätzung als Wissenschaftlerin äußerten. Den Forscherinnen zufolge hat die Rollenspiel-Methode das Potenzial, negativen Rollenbildern entgegenzuwirken. „Anstatt nur von Vorbildern zu hören, können Kinder davon profitieren, wenn sie die Art von Handlungen, die sie bei den Vorbildern sehen, aktiv ausführen. Mit anderen Worten, ein paar Schritte in den Fußstapfen des Vorbilds gehen, anstatt nur ihren Weg beobachten“, so Shachnai.

Quelle: Reut Shachnai (Yale University, New Haven, Conneticut, USA) et al., Psychological Science, doi: 10.1177/09567976221119393

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