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Wie die Digitalisierung das Leseverhalten verändert

Gesellschaft|Psychologie

Wie die Digitalisierung das Leseverhalten verändert
Smartphone neben aufgeschlagenem Buch
Warum ein Buch aufschlagen, wenn das Gesuchte nur einen Klick entfernt auch im Internet zu finden ist? (Foto: pixabay.com, DariuszSankowski)
Die Digitalisierung hat die Welt in den vergangenen Jahren grundlegend verändert – und damit auch das Leseverhalten. Viele junge Menschen besitzen kaum noch Bücher. Die Verkaufszahlen der Printmagazine sinken stetig. Dabei wird nicht unbedingt weniger gelesen, sondern schlichtweg anders. Wie dieses „Anders“ aussieht, ist eine spannende Frage. Die Antwort folgt…

Die Welt wurde durch die Digitalisierung neu programmiert, heißt es im Buch „Smarte grüne Welt?“. Dieses ist natürlich auch gleich ganz modern als E-Book verfügbar. Heutzutage gibt es kaum noch ein Buch, eine Zeitung, ein Magazin oder ein anderes klassisches Printmedium, welches nicht zusätzlich oder ausschließlich online abrufbar ist. Schon seit mehreren Jahren gehen die Verkaufszahlen der gedruckten Auflagen von Zeitungen jeder Art rasant zurück. Plötzlich werden die Listen der meistverkauften Publikumszeitschriften von TV-Zeitschriften wie der TV Spielfilm angeführt. Doch auch die Online-Angebote zum TV-Programm werden gerne genutzt. Nur vereinzelt sind dazwischen Titel wie „Landlust“ oder „Bild der Frau“ zu finden. Und auch hier geht die Tendenz klar in Richtung Online-Bereich.

Printmedien gehen online

Kaum noch eine Zeitschrift schreibt schwarze Zahlen. Die rote Farbe überwiegt bei den Printmedien schon seit mehreren Jahren deutlich. Betroffen sind sogar prominente Klassiker wie die Bild oder Bravo. Einige Titel wie das Stadtmagazin „Prinz“ oder zahlreiche Games-Magazine haben ihre gedruckte Auflage sogar vollständig eingestellt. Dennoch reicht es durch die Entwicklungen im Rahmen der neuen Medien sowie der Digitalisierung längst nicht mehr aus, die Inhalte schlichtweg von Offline-Kanälen auf eine Online-Präsenz zu verlagern. Stattdessen konsumieren die Leser nicht mehr nur über andere Medien, sondern auch auf eine andere Art und Weise. Ihr Leseverhalten hat sich grundlegend verändert und somit müssen auch die Zeitungen, Magazine & Co ihre Inhalte entsprechend auf die neuen Gewohnheiten anpassen. Wer diese Entwicklung verschläft, muss vielleicht bald nicht nur offline, sondern auch online seine Pforten schließen.

Informationen müssen gefiltert werden

Wir leben in einer Wissensgesellschaft, in welcher Informationen einen großen Wert besitzen. Durch das World Wide Web sind diese Informationen mittlerweile jederzeit sowie für jedermann (mit Internetanschluss) und in riesiger Menge verfügbar. Genau diese riesige Menge stellt aber auch ein Problem dar. Gibt der Nutzer einen Suchbegriff bei Google ein, so erhält er tausende Ergebnisse oder sogar mehrere Millionen – viele davon mit ähnlichen oder sogar gleichen Inhalten. Er muss also erst einmal die Informationsflut filtern und sich aus dieser enormen Auswahl die gewünschte Quelle heraussuchen. Wissen ist plötzlich schneller und umfassender abrufbar als jemals zuvor. Die Inhalte müssen aber zugleich einfacher und möglichst personalisiert sein, damit der Leser eben auch auf der betreffenden Webseite bleibt und nicht direkt zum nächsten Medium „hüpft“. Menschen lesen also nicht unbedingt weniger als früher, aber dafür lieber kürzere Texte, wo ihnen Informationen auf einen Blick geboten werden und die ihren Bedarf nach Aktualität, Information sowie Personalisierung stillen. Klingt kompliziert? Ist es auch, weshalb viele Printmedien nach wie vor Probleme damit haben, sich (auch) im Online-Bereich durchzusetzen.

Das Lesen wird zum Erlebnis

Im Internet muss jeder Text zu einer eigenen kleinen Sensation werden, um sich von der Konkurrenz abzuheben. Die Titel müssen noch reißerischer, die Inhalte noch mehr auf den Punkt gebracht und die Informationen noch aktueller sein – ansonsten liegt die Aufmerksamkeitsspanne der Leser nur bei wenigen Sekunden, höchstens vielleicht zwei bis fünf Minuten. Denn das Internet ist aufregend: Videos, soziale Netzwerke oder brandaktuelle News via Twitter sorgen dafür, dass der Nutzer stets mit „Action“ versorgt ist. Informationen sollen nicht mehr nur Wissen vermitteln, sondern sie müssen sozusagen zur Sensation werden. Die Inhalte ehemaliger Printmedien müssen im World Wide Web also ein Erlebnis darstellen. Sie setzen dafür längst nicht mehr nur auf reine Texte, sondern auch auf Bilder, Videos, Snapchats, Instagram-Stories und viele weitere Medien. Das „Nutzungserlebnis“ rückt in den Vordergrund, die eigentliche Information derweil immer mehr in den Hintergrund.

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Texte sind die Sammlung einzelner Stichwörter

Befragungen an der School of Libary and Information Science haben noch weitere interessante Besonderheiten im digitalen Leseverhalten entlarvt. Demnach nehmen sich die Leser im Internet viel weniger Zeit für einzelne Texte. Sie wechseln zwischen den Medien, zwischen Artikeln oder zwischen Webseiten schnell hin und her. Sie möchten die Texte auf einen Blick erfassen und springen somit von Stichwort zu Stichwort. Das Lesen hat also nicht mehr in erster Linie das Ziel der Entspannung, sondern soll in möglichst kurzer Zeit möglichst viel Wissen bereitstellen. Fettgedruckte Stichwörter oder übersichtliche Gliederungspunkte sowie Unterüberschriften sind deshalb das A und O für Texte im Internet, damit diese überhaupt noch – zumindest ein Stück weit – gelesen werden.

Viele User springen sogar direkt zum Fazit, weshalb immer mehr Magazine & Co im Internet direkt zu Beginn ihrer Beiträge eine Kurzzusammenfassung bieten. Bei klassischen Artikeln in Printmedien wie dem „Stern“ wäre das früher undenkbar gewesen. Viele Besucher auf der Internetseite lesen also nur die ersten Wörter, springen zum nächsten Absatz, lesen wieder nur die ersten Wörter, springen weiter – so lange, bis sie die Informationen gefunden haben, nach welchen sie suchen. Längere Texte werden zwar nach wie vor gelesen, jedoch auch bei den jüngeren Zielgruppen immer noch lieber auf Papier als auf einem digitalen Medium.

Digitale Leser lesen anders  – und anderes

Obwohl also viele Leser nach wie vor das Papier bevorzugen, gehen die Verkäufe von Printmedien sowie gedruckten Büchern stetig zurück. Bei so vielen kostenfreien oder -günstigen Inhalten, welche über das World Wide Web abrufbar sind, sind viele Menschen schlichtweg nicht mehr bereit dazu, für Informationen zu bezahlen. Sie googeln also lieber schnell die News oder sehen sich die Nachrichten in der Online-Mediathek an, als die Tageszeitung zu abonnieren. Dennoch bevorzugen sie nach wie vor das Papier zum Lesen – auch, wenn Studien keinen Unterschied zwischen der Wissensaufnahme beim Lesen auf Papier gegenüber dem Bildschirm feststellen konnten.

Die Entwicklungen sind deutlich, jedoch nicht unbedingt als nur positiv oder nur negativ zu werten. Denn die digitale Welt hat für viele Menschen überhaupt erst den Zugang zu Informationen, Wissen und Bildung ermöglicht. Zahlreiche Menschen lesen zudem mehr, seit sie im Internet dazu jederzeit und überall sowie kostenfrei die Möglichkeit haben. Zudem konnte beobachtet werden, dass Leser über digitale Kanäle ihre Interessen weiterentwickeln und andere Literatur konsumieren, als das über den klassischen Kauf von Büchern der Fall wäre beziehungsweise war.

21.12.2018

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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

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