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Was hat es mit dem „Hundesprech“ auf sich?

Gesellschaft|Psychologie Nachgefragt

Was hat es mit dem „Hundesprech“ auf sich?
Mit Hunden reden wir unwillkürlich ähnlich wie mit Babys (Foto: DRBimages/ iStock)
„Komm zu Frauchen! Braaav! Bist ein guuuuter Hund!“ Wenn Hundebesitzer mit ihren Tieren sprechen, nutzen die meisten von ihnen unwillkürlich eine betontere, höhere Sprachmelodie. Warum das so ist und ob Hunde darauf überhaupt stärker reagieren als auf normal betontes Sprechen, haben Forscher nun untersucht. Das interessante Ergebnis: Welpen reagieren tatsächlich stärker auf dieses „Hundesprech“, ausgewachsene Hunde dagegen nicht.

Wenn wir Menschen mit kleinen Kindern reden, verändern wir unwillkürlich unsere Sprachmelodie: Wir sprechen langsamer und betonter, mit stärkeren Tonhöhenwechseln und einer insgesamt höheren Stimmlage. Diese unbewusste Anpassung an unser junges Gegenüber hat auch durchaus einen Sinn: Studien belegen, dass Säuglinge schon im Alter von sieben Wochen eine Vorliebe für eine solche Babysprache zeigen, ihre Hirnaktivität wird durch diese Sprechweise stärker angeregt und das spätere Sprechenlernen wird erleichtert. Doch kleine Kinder sind nicht die einzigen, gegenüber denen wir unsere Sprechweise so anpassen. Auch Hunden gegenüber nutzen die meisten Menschen eine sehr ähnliche Sprechweise, die ebenfalls betonter, langsamer und höher ist als normal. Aber warum? „Diese Haustier-Sprache könnte einerseits eine spontane Reaktion auf kindliche Merkmale beim Tier sein – dem Babyschema entsprechend“, erklären Tobey Ben-Aderet von der City University of New York und seine Kollegen. „Es könnte aber auch einen Versuch repräsentieren, mit einem nichtverbalen Wesen zu kommunizieren – ihm quasi das Lernen und Verstehen zu erleichtern.“

Welche Erklärung zutrifft und ob Menschen auf Hunde aller Altersstufen mit der spezifischen „Hundesprache“ reagieren, haben die Forscher in einem Experiment untersucht. Dafür zeigten sie 30 Frauen im Alter zwischen 17 und 55 Jahren jeweils 30 verschiedene Hundeportraits: zehn von Welpen, zehn von erwachsenen und zehn von eindeutig älteren Hunden. Die Probandinnen hatten die Aufgabe, jeden Hund mit einem vorgegebenen, typischen Text anzusprechen: „Hello Cutie! Who’s a good boy? Come here! Good boy! Yes! Come here, sweetie pie! What a good boy!“ Dieser Text wurde aufgenommen und auf seine tonalen Merkmale hin analysiert. Den gleichen Text hatte zuvor jede Teilnehmerin einmal zur Kontrolle ganz sachlich-normal und ohne Hundebild vorgelesen. Dann spielten die Forscher die aufgenommenen Texte Hunden verschiedenen Alters vor, die teilweise aus dem Tierheim stammten, teilweise aus Familien.

Erwachsene Hunde reagieren auch ohne

Die erste Erkenntnis: Menschen neigen dazu, Hunde aller Altersstufen mit dem typischen Singsang anzusprechen. Auch Tiere, die nicht unbedingt dem klassischen Kindchenschema entsprachen, riefen unwillkürlich diese „Babysprache“ hervor. „Das Alter des Hundes hatte dabei nur geringe Auswirkungen auf diese Sprechweise: Bei Welpen war nur die Tonhöhe insgesamt etwas höher“, berichten die Forscher. Ihrer Ansicht nach spricht dies dafür, dass nicht das Babyschema der Hauptauslöser für diese unwillkürliche Sprachanpassung ist. Vielmehr sei es eine unbewusste Reaktion auf das Wissen, dass der Hund Worte nur bedingt inhaltlich versteht und stärker auf Betonungen reagiert. „Die Hundesprache steht daher im Einklang mit der Hypothese, dass wir diese Sprachmuster nutzen, um die Kommunikation mit einem nonverbalen Wesen zu vereinfachen“, so Ben-Aderet und seine Kollegen.

Die zweite Erkenntnis aus dem Experiment aber ist ebenso überraschend wie aufschlussreich: Längst nicht jeder Hund scheint auf unsere hundespezifische Sprechweise geeicht. Wenn die Welpen die betonte Hundesprache eines Menschen hörten, reagierten sie tatsächlich stärker darauf als auf unbetonte, „normal“ gesprochene Sätze. Sie schauten schneller und häufiger zum Lautsprecher und näherten sich diesem an, wie die Wissenschaftler berichten. Anders jedoch die ausgewachsenen Hunde: Ihre Reaktion war bei normalbetonter und hundespezifischer Sprechweise gleich. „Offenbar verliert diese Sprechweise bei den ausgewachsenen Hunden ihren funktionellen Wert“, vermuten die Forscher. Während Welpen ähnlich wie Kleinkinder instinktiv auf die betontere Ansprache reagieren – und das egal von welchem Menschen sie kommt, sind erwachsene Hunde deutlich wählerischer: Sie nehmen bevorzugt das zur Kenntnis, was ihre Bezugsperson sagt – egal mit welcher Betonung. Für Hundebesitzer bedeutet dies: Gerade bei Welpen ist die betonte Hundesprache in jedem Falle sinnvoll und hilft der Kommunikation. Ist der Hund aber einmal ausgewachsen, ist die übertriebene Betonung eigentlich nicht mehr nötig – unser Hund versteht auch so, was wir von ihm wollen.

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Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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