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Zweisprachige sind sensiblere Gesprächspartner

Gesellschaft|Psychologie

Zweisprachige sind sensiblere Gesprächspartner
Kinder
Bilingual aufwachsende Kinder können sich besser auf unterschiedliche Gesprächspartner einstellen. (Bild: asiseeit/ istock)

Mit anderen erfolgreich kommunizieren zu können, ist eine grundlegende Alltagskompetenz. Forscher haben nun herausgefunden, dass Zweisprachigkeit diese wichtige Fähigkeit offenbar fördert. Ihre Experimente zeigen: Bilinguale Kinder verstehen die kommunikativen Signale ihres Gegenübers besser und passen ihr eigenes Verhalten auch besser daran an als einsprachig Aufwachsende. Möglicherweise liegt dies an ihrer Erfahrung mit anspruchsvollen Kommunikationssituationen und unterschiedlichen Gesprächsstilen.

Kinder, die zweisprachig aufwachsen, können sich später problemlos und akzentfrei mit Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen verständigen. Doch das ist nicht der einzige Vorteil. Studien zeigen, dass Zweisprachigkeit das Gehör schult, kreativer machen kann und im Alter möglicherweise sogar vor Demenz schützt. Doch wie sieht es mit dem Einfluss auf soziale und kommunikative Fähigkeiten aus? Dieser Frage sind nun Psychologen um Anja Gampe von der Universität Zürich nachgegangen. Sie wollten wissen, ob das Aufwachsen mit zwei Sprachen es Kindern erleichtert, sich auf unterschiedliche Gesprächspartner einzustellen. „Erfolgreiche Kommunikation erfordert Kooperation mit unterschiedlichen Partnern. Das bedeutet, wir müssen unser Verhalten an unser jeweiliges Gegenüber anpassen“, erklären die Forscher. Dafür sei es wichtig, dessen Absichten und kommunikativen Bedürfnisse zu verstehen.

Gezielt angepasst

Wie gut dies bereits Dreijährigen gelingt, testete das Team mit 110 jungen Probanden aus der Schweiz. Das Besondere: Während die eine Hälfte der Kinder einsprachig war, wuchs die andere Hälfte in einem zweisprachigen Haushalt auf. Diese Kinder sprachen mit einem Elternteil Schweizerdeutsch, mit dem anderen eine Sprache wie Englisch, Französisch, Spanisch oder Italienisch. Im Experiment sollten die Kinder Puzzleteile verstecken und anschließend zuschauen, wie zwei Interaktionspartner in Form einer Marienkäfer- und einer Grashüpfer-Handpuppe danach suchten. Dabei durften sie beiden Puppen Hinweise geben. Das Entscheidende war, dass sich die zwei Interaktionspartner in ihren Reaktionen auf die von den Kindern angebotene Hilfe deutlich unterschieden. Der Marienkäfer zeigte sich dankbar für jeden Tipp. Der Grashüpfer wollte die Puzzleteile dagegen unbedingt selbst finden und reagierte ablehnend auf jeden Hinweis.

Wie würden die Kinder darauf reagieren? Es zeigte sich: Sowohl die einsprachig als auch die zweisprachig aufgewachsenen Kinder gaben sich gleichermaßen hilfreich – und zwar beiden Gesprächspartnern gegenüber. Allerdings passten nur die Zweisprachigen ihr Kommunikationsverhalten an die offenbar unterschiedlichen Bedürfnisse beider Puppen an. So gingen die zweisprachigen Kinder dazu über, dem Grashüpfer auf non-verbaler Ebene zu helfen: Sie nahmen Puzzleteile unauffällig aus ihrem Versteck und platzierten sie so, dass der Grashüpfer sie selber leicht entdecken konnten. Einsprachige Kinder dagegen lieferten dem Grashüpfer weiterhin explizit verbale Hinweise wie „Schau doch mal dort nach“. Ihnen gelang es somit nicht, sich an dessen Bedürfnis anzupassen, die Puzzleteile selber zu entdecken, wie die Wissenschaftler berichten.

Sensibler und flexibler

„Zweisprachige Kinder reagieren in ihrem Kommunikationsverhalten sensibler auf ihre Gesprächspartner und zeigen eine größere Flexibilität bei der Wahl ihrer Kommunikationsmittel“, erklärt Gampe. Diese Ergebnisse deuten ihr zufolge darauf hin, dass Zweisprachigkeit die Fähigkeit zur flexiblen und auf das jeweilige Gegenüber angepassten Kommunikation fördert. Wie aber kommt dieser Effekt zustande? Die Forscher erklären sich das Phänomen dadurch, dass bilinguale Kinder bereits von klein auf mit unterschiedlichen Sprach- und Gesprächsstilen konfrontiert sind. Zusätzlich müssen sie im Alltag häufiger anspruchsvolle Kommunikationssituationen bewältigen, was Flexibilität und mitunter möglicherweise auch non-verbale Strategien erfordert. „Beide Faktoren könnten zu Vorteilen bei der Kommunikation führen“, so das Fazit des Teams.

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Quelle: Anja Gampe (Universität Zürich, Schweiz) et al., Child Development, doi: 10.1111/cdev.13190

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