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Affenpockenviren auch in den Hoden

Gesundheit|Medizin

Affenpockenviren auch in den Hoden
Affenpockenviren
Affenpockenviren (grün) in den Kanälchen der Nebenhoden. © Xiankun (Kevin) Zeng, USAMRIID

Mehr als 50.000 Menschen wurden im Zuge des jüngsten Ausbruchs mit Affenpocken infiziert, darunter auffallend viele sexuell aktive schwule Männer. Jetzt deutet eine Studie mit Makaken darauf hin, dass das Affenpockenvirus auch die Hoden und Spermien befallen kann und dort präsent ist. Die Forscher wiesen das Virus sowohl in den Hodenkanälchen als auch in an der Spermienproduktion beteiligten Zellen nach. Einige der Affen trugen die Affenpockenviren auch noch mehr als einen Monat nach der akuten Infektion in sich. Nach Ansicht der Wissenschaftler spricht dies dafür, dass die Affenpockenviren in den Hoden zumindest teilweise vor dem Immunsystem geschützt sind – und dass sie auch beim Menschen sexuell übertragen werden können.

Affenpocken sind eigentlich eine beim Menschen sehr seltene und vorwiegend auf Afrika beschränkte Erkrankung. In West- und Zentralafrika, wo das Affenpockenvirus heimisch ist, kommt es immer wieder zu kleineren Ausbrüchen, wenn Personen dort in engen Kontakt mit einem infizierten Nagetier oder Affen kommen. Anders als das Coronavirus ist das Affenpockenvirus nicht über Aerosole übertragbar, sondern nur durch direkten Kontakt mit Körperflüssigkeiten wie Blut und Speichel oder den in den Hautpusteln und ihren Krusten enthaltenen Viren. Doch seit Anfang Mai 2022 gibt es erstmals eine weltweite Häufung von Affenpockenfällen, mehr als 50.000 Menschen in 120 Ländern außerhalb von Afrika wurden infiziert. Auffallend viele Betroffene sind junge Männer, bei denen sich die Hautläsionen vor allem im Genitalbereich zeigten. Ihre Angaben zu möglichen Kontakten weckten den Verdacht, dass sie sich über sexuelle Kontakte infiziert hatten.

Virus in Hodengewebe und Nebenhoden

Für ihre Studie haben Jun Liu und seine Kollegen vom US Army Medical Research Institute of Infectious Diseases (USAMRIID) in Fort Detrick die eingefrorenen Hoden von 21 Langschwanzmakaken (Macaca fascicularis) untersucht, die zuvor zu Versuchszwecken mit dem Affenpockenvirus infiziert worden waren. Diese Affenart gilt als gut geeignetes, weil menschenähnlich reagierendes Tiermodell für diese Viruserkrankung, auch wenn die Infektion bei ihr meist schwerer verläuft als bei uns Menschen. „Wir haben dabei sowohl Gewebeproben aus der akuten Phase der Infektion untersucht als auch aus der Rekonvaleszenzphase, in der die Infektion allmählich abklingt“, erklärt Seniorautor Xiankun Zeng. Um die Präsenz von Affenpockenviren nachzuweisen, nutzten die Forscher sowohl Fluoreszenzmarker für das Virenantigen als auch Nachweismethoden für die RNA des Virus.

Das Ergebnis: „Wir haben Affenpockenviren-Antigene in 18 von 21 der untersuchten Hoden detektiert“, berichten die Wissenschaftler. Das Virus war demnach sowohl in den Spermienvorläufern präsent als auch in den Samenkanälchen und den interstitiellen Zellen des Hodens. „Auch in den epidymialen Kanälen des Nebenhodens, die die Orte der Spermienproduktion und -reifung sind, haben wir Affenpockenviren detektiert“, so die Forscher. Ihrer Ansicht nach spricht dies dafür, dass das Affenpockenvirus in der akuten Phase der Infektion auch über die Spermien und Spermienflüssigkeit übertragen werden kann. Das könnte erklären, warum sich so viele junge Männer über gleichgeschlechtliche sexuelle Kontakte angesteckt haben. „Die Hoden werden bei vielen viralen Infektionen befallen, unter anderem von Zika, Ebola, Marburg und dem Krim-Kongo-Fieber“, erklären Liu und seine Kollegen. Denn dieses Organ gehört neben Augen und Gehirn zu denjenigen, die nur in Teilen für das Immunsystem zugänglich sind.

Persistierend auch nach der akuten Infektion

Die sexuelle Übertragung des Affenpockenvirus könnte der Studie zufolge sogar noch dann stattfinden, wenn die oberflächlichen Hautläsionen und andere akute Infektionsanzeichen schon wieder abgeklungen sind. Denn auch in zwei Hodenproben von bereits rekonvaleszenten Makaken konnte das Team Affenpocken nachweisen. Diese blieben bis zu 37 Tage nach der Infektion erhalten. Während die Hautläsionen dieser Affen keine Viren mehr enthielten, waren sie im Hodengewebe noch präsent. „Unsere Daten liefern damit Indizien dafür, dass das Affenpockenvirus sowohl in der akuten Phase der Infektion wie auch in der Rekonvaleszenzphase über die Spermien weitergegeben werden kann“, sagt Zeng. Jetzt seien weitere Studien mit menschlichen Patienten nötig, um diese anhaltende Präsenz und Übertragung der Affenpockenviren auch beim Menschen nachzuweisen.

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Quelle: Jun Liu (US Army Medical Research Institute of Infectious Diseases (USAMRIID), Fort Detrick) et al., Nature Microbiology, doi: 10.1038/s41564-022-01259-w

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