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Appetitzügler für Stechmücken

Gesundheit|Medizin

Appetitzügler für Stechmücken
Aedes aegypti-Stechmücken verdoppeln bei einer Blutmahlzeit ihr Gewicht. (PongMoji/iStock)

Nahrungsaufnahme einstellen! Diese Botschaft vermitteln bestimmte Medikamente zur Behandlung von Übergewicht beim Menschen – und offenbar auch bei Stechmücken, wie Forscher nun herausgefunden haben. In ihren Erkenntnissen über die Hintergründe dieser Wirkung bei den Blutsaugern sehen sie nun großes Potenzial: Der Appetit-zügelnde Effekt könnte zur Entwicklung neuer Konzepte im Kampf gegen die Übertragung von Krankheiten durch Insekten führen.

Wie die Forscher um Leslie Vosshall von der Rockefeller University in New York berichten, bildete die Grundlage ihrer Studie die Tatsache, dass Stechmücken nach einer Mahlzeit für eine lange Zeit natürlicherweise ihren Appetit verlieren: Nachdem sie sich kräftig mit Blut vollgesaugt haben, entwickeln viele Stechmückenarten für einige Tage keinen Hunger mehr. Erst wenn sie die Mahlzeit verdaut und Eier gelegt haben, machen sie sich erneut auf die Suche nach einem Opfer. Auf diesem Zyklus beruht auch ihre Bedeutung als Krankheitsüberträger zwischen den gestochenen Personen.

Interessante Parallele zwischen Mensch und Mücke

So stellten sich die Forscher die Frage, ob es möglich wäre, die Dauer der Appetitlosigkeit bei den Stechmücken künstlich zu verlängern. Dies könnte die Vermehrung der Insekten und auch ihre Fähigkeit Krankheiten zu übertragen beeinträchtigen, so die Idee. Die Forscher vermuteten, dass ähnlich wie beim Menschen bestimmte Hormon- und Rezeptorsysteme für das Hunger- beziehungsweise Sättigungsgefühl bei den Stechmücken verantwortlich sind. “Es ist bekannt, dass diese Wege für den Hunger beim Menschen wichtig sind. Da sie bei vielen Lebewesen in ähnlicher Form vorkommen, entschlossen wir uns, auszuprobieren, ob menschliche Diätmedikamente auch den Appetit der Stechmücken unterdrücken können”, sagt Vosshall. Als Versuchstiere dienten ihnen dabei Aedes aegypti-Stechmücken, die für ihre Rolle als Überträger von Gelbfieber, Zika und Dengue-Fieber berüchtigt sind.

So stellten die Forscher zunächst fest: Stechmücken, denen sie menschliche Diätmedikamente verabreicht hatten, verging tatsächlich besonders lange der Appetit. Durch weiterführende Untersuchungen konnten sie dann auch den für den Effekt verantwortlichen Signal-Empfänger identifizieren. Demnach vermittelt der Neuropeptid Y-like-Rezeptor 7 (NPYLR7) den Insekten, ob sie auf die Nahrungssuche gehen sollen oder nicht. Mücken, bei denen die Forscher diesen Rezeptor künstlich inaktivierten, waren immer hungrig. Dies zeigte: NPYLR7 muss eingeschaltet vorliegen, damit ein Sättigungsgefühlt entsteht.

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Eine schonende Bekämpfungsstrategie in Sicht

Nun bestand die Herausforderung darin, einen Wirkstoff zu finden, der den NPYLR7-Schalter aktiviert, aber nicht beim Menschen wirkt, damit es zu keinen unerwünschten Effekten kommen kann. So führten die Wissenschaftler ein Hochdurchsatz-Screening mit mehr als 265.000 Verbindungen durch. Mit Erfolg: Sie identifizierten einen Mücken-spezifischen Wirkstoff, der die Stechlust der Insekten deutlich hemmt, wenn sie in die Nähe eines Menschen kommen. “Normalerweise sind Moskitos mit leerem Bauch super motiviert: Sie gieren nach Menschenblut wie wir nach einem Schokoladenkuchen”, sagt Vosshall. “Aber nachdem sie das Medikament erhalten hatten, verloren sie das Interesse”, berichtet die Wissenschaftlerin.

Bevor das Mittel nun allerdings zur Kontrolle von Stechmücken eingesetzte werden kann, ist noch Forschungsarbeit nötig, sagen die Wissenschaftler. Neben grundlegenden Fragen zur Funktion des Rezeptors gilt es nun zu klären, wie man den Stechmücken den Wirkstoff am besten verabreichen kann. “Ein Vorteil des Konzepts ist, dass die Wirkung der Appetit-zügelnden Substanz nicht dauerhaft ist”, betont Vosshall. “Es verringert den Hunger für ein paar Tage, was natürlich auch die Fortpflanzung verringert, aber es tötet die Moskitos nicht ab.” Dabei handelt es sich um einen günstigen Aspekt, denn bisherige Erfahrungen mit Bekämpfungsmaßnahmen haben gezeigt, dass radikale Verfahren problematische Nebenwirkungen haben können. “Der neue Ansatz könnte nun eine vielversprechende Alternative darstellen”, so Vosshall.

Quelle: Cell Press, Cell, doi: 10.1016/j.cell.2018.12.004

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