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Coronavirus-Mutation breitet sich weltweit aus

Gesundheit|Medizin

Coronavirus-Mutation breitet sich weltweit aus
Coronavirus
Eine mutierte Form von Sars-CoV-2 breitet sich weltweit aus. (Bild: ChakisAtelier/ iStock)

Dass Viren im Laufe der Zeit mutieren ist nichts Ungewöhnliches, das gilt auch für das Coronavirus Sars-CoV-2. Doch wie sich nun zeigt, ist eine Mutante des neuen Virus offenbar besonders erfolgreich. Sie hat sich im Verlauf der Corona-Pandemie nahezu weltweit ausgebreitet und ist inzwischen zur dominierenden und häufigsten Form von Sars-CoV-2 geworden, wie Analysen von tausenden Genomsequenzen verschiedener Virenisolate belegen. Ergänzende Laborversuche haben ergeben, dass diese mutierte G614-Variante eine erhöhte Infektiosität besitzt – sie kann menschliche Zellen effektiver befallen und sich in ihnen drei bis sechsmal stärker vermehren als die ursprüngliche Form. Die Schwere der Covid-19-Verläufe scheint dies aber nicht zu beeinflussen.

Alle Viren mutieren im Laufe der Zeit. Denn bei ihrer Vermehrung in den Wirtszellen können immer wieder Kopierfehler auftreten, die dann von den viralen „Nachkommen“ weitergetragen werden. Typischerweise kommen solche Mutationen bei RNA-Viren besonders häufig vor, weil sie die DNA-Korrekturmechanismen der Wirtszellen nicht nutzen können. Es ist daher kein Zufall, dass besonders viele neu auftretende und neu an den Menschen angepasste Erreger zu den RNA-Viren gehören. Auch das Coronavirus Sars-CoV-2 verändert sich im Laufe der Zeit, wenn auch vergleichsweise langsam. Wissenschaftler verfolgen seine Entwicklung schon seit Beginn der Pandemie, indem sie immer wieder Virenproben aus Patienten isolieren und deren Erbgut analysieren. In der zentralen Datenbank GISAID sind inzwischen zehntausende solcher Genomsequenzen für Sars-CoV-2 gesammelt. Durch den Vergleich dieser viralen RNA-Sequenzen lässt sich feststellen, wo und wie stark das Virus mutiert ist – aber auch, auf welchen Wegen es sich über die Welt verbreitet hat.

Ausbreitung rund um die Welt

Schon Ende April 2020 berichtete ein Forscherteam um Bette Korber vom Los Alamos National Laboratory in einem noch nicht begutachteten Fachartikel – einem sogenannten Preprint – über eine Mutation von Sars-CoV-2, die sich besonders stark ausbreitete. „Wann immer diese Mutation eine Population erreichte, nahm ihre Häufigkeit rapide zu und in vielen Fällen wurde sie in nur wenigen Wochen die dominante Form“, berichten die Forscher. Diese Mutation führt dazu, dass an einer Stelle des viralen Spike-Proteins, dem Oberflächenprotein, mit dem das Coronavirus an menschliche Zellen bindet, die Aminosäure Asparagin gegen Glycin ausgetauscht wird. Schon im April stellten die Forscher durch Genvergleiche fest, dass sich diese G614-Variante von Sars-CoV-2 stärker ausbreitet als die ursprüngliche D614-Form. Inzwischen stehen noch mehr Virensequenzen zur Verfügung und Korber und ihr Team haben ihre Sequenzvergleiche von 6000 auf nun 30.000 aufgestockt.

Die neuen Ergebnisse bestätigen die rapide Ausbreitung der mutierten Coronavirus-Variante. „Die Sars-CoV-2-Variante mit dem Aminosäure-Wechsel ist zur häufigsten Form in der globalen Pandemie geworden“, berichten die Forscher. „Selbst dort, wo die ursprüngliche D614-Form vor Entstehung von G614 gut etabliert war, hat ein Wechsel stattgefunden.“ Vor dem 1. März 2020 fand sich die mutierte Form nur in rund zehn Prozent der weltweit registrierten Virussequenzen, bis Ende März war ihr Anteil dann schon auf 67 Prozent angewachsen und bis Mitte Mai machte die G614-Form 78 Prozent aller weltweit sequenzierten Isolate von Sars-CoV-2 aus. In weiteren Analysen untersuchten die Wissenschaftler, wann und wo die diesem Aminosäurewechsel zugrundeliegenden Erbgut-Mutationen zuerst aufgetreten sind. „Die frühesten Beispiele, die Teile der vier Mutationen umfassenden Genomtyps trugen, wurden Ende Januar in China und in Deutschland nachgewiesen“, so Korber und ihre Kollegen. „Sie besaßen bereits drei der vier RNA-Mutationen, die diesen Typ definieren.“ Das erste Virus, dass alle vier Mutationen trug, wurde am 20. Februar in Italien nachgewiesen und verbreitete sich von dort aus innerhalb von Tagen in ganz Europa.

Schnellere Vermehrung

Dieser rasante Siegeszug der neuen Virusmutante weckt die Frage, warum sie so erfolgreich ist. „Wir konnten schon in unserer ersten Studie sehen, dass die G614-Variante zur dominanten Form wurde, aber wir konnten nicht feststellen, welche der möglichen Ursachen diesem Zugewinn an Fitness zugrunde liegt“, sagt Korber. Sie und ihr Team haben daher in Zusammenarbeit mit anderen Forschergruppen zusätzliche Analysen und Experimente durchgeführt. Zum einen werteten sie dafür die klinischen Daten von 999 Covid-19-Patienten aus, die in einem Krankenhaus im britischen Sheffield behandelt worden waren. Es zeigte sich, dass die Patienten, die mit der G614-Mutante von Sars-CoV-2 infiziert waren, im Schnitt eine höhere Virenlast im Körper trugen. „Wir fanden aber keinen signifikanten Zusammenhang zwischen dem D614G-Status und der Schwere der Erkrankung und des Verlaufs“, betonen die Wissenschaftler. Zudem wird die mutierte Virenvariante offenbar genauso effektiv von neutralisierenden Antikörpern bekämpft wie die ursprüngliche Form, wie Labortests mit Antikörpern aus dem Serum genesener Patienten ergaben.

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Einen deutlichen Vorteil für das mutierte Virus zeigten dagegen Tests zur Infektiosität. Ein Team um Erica Ollmann Saphire vom La Jolla Institute for Immunology und David Montefiori von der Duke University hatte dafür Zellkulturen im Labor mit mutierten und nicht mutierten Formen von Sars-CoV-2 infiziert. „Virenpartikel mit der G-Form des Speike-Proteins waren drei- bis sechsmal infektiöser“, berichten die Forscher. Der G614-Varianten scheint es demnach leichter zu fallen, menschliche Zellen zu entern und sich in ihnen zu vermehren. Das könnte die höhere Virenlast der betroffenen Patienten und die schnelle Ausbreitung dieser Mutante erklären. „Die in vitro-Ergebnisse stützen die klinischen Beobachtungen – beide deuten darauf hin, dass Viren mit der G614-Mutation sich in menschlichen Zellen stärker vermehren können“, sagt Nathan Grubaugh von der Yale University in einem begleitenden Kommentar. „Aber was wir noch nicht sagen können, ist, ob diese Mutante auch leichter übertragbar ist und die Pandemie verschlimmert.“ Nach Einschätzung des Virologen ist es aber unwahrscheinlich, dass diese Mutation von Sars-CoV-2 die individuellen Verläufe der Krankheit schlimmer macht oder dass Eindämmungsmaßnahmen deswegen geändert werden müssen.

Quelle: Bette Korber (Los Alamos National Laboratory) et al., Cell, doi: 10.1016/j.cell.2020.06.043
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