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Luftverschmutzung weltweit über den Grenzwerten

Gesundheit|Medizin

Luftverschmutzung weltweit über den Grenzwerten
Smog über Berlin
Die Feinstaubbelastung ist keineswegs nur dort zu hoch, wo dicker Smog herrscht, sondern fast überall auf der Welt. © PPAMPicture/ iStock

Feinstaub zählt zu den größten Risikofaktoren für Gesundheitsschäden und vorzeitige Todesfälle weltweit. Mit einer Kombination verschiedener Methoden hat eine Studie nun erstmals die tägliche Feinstaubbelastung weltweit kartiert. Das Ergebnis: Nur 0,18 Prozent der globalen Landfläche und 0,0001 Prozent der Weltbevölkerung sind einer Feinstaubbelastung unterhalb der von der Weltgesundheitsorganisation WHO festgelegten Grenzwerte ausgesetzt. Während die Belastung in Europa und Nordamerika in der Zeit zwischen 2000 und 2019 gesunken ist, verzeichnet die Studie für viele andere Teile der Welt steigende Werte.

Studien zufolge hat die Luftverschmutzung mit Feinstaub allein im Jahr 2019 zu 6,67 Millionen vorzeitigen Todesfällen geführt. Die winzigen Teilchen mit einer durchschnittlichen Partikelgröße von nur 2,5 Mikrometern (PM 2,5) können über die Atemluft bis in die Lungenbläschen gelangen und schwerwiegende Schäden anrichten, darunter Erkrankungen der Lungen und des Herz-Kreislauf-Systems. Nach bisherigen Erkenntnissen gibt es keinen sicheren Schwellenwert, unterhalb dessen die Belastung keine Schäden verursacht. Da bereits geringe Feinstaubbelastungen zu Gesundheitsproblemen und vorzeitigen Todesfällen führen können, hat die WHO die Grenzwerte für Feinstaub im Jahr 2021 von zehn Mikrogramm pro Kubikmeter Außenluft auf fünf Mikrogramm pro Kubikmeter für die durchschnittliche jährliche Belastung gesenkt. Für die tägliche Belastung wurde der Grenzwert von 25 auf 15 Mikrogramm pro Kubikmeter gesenkt.

Feinstaubbelastung global kartiert

Viele Länder der Welt überwachen inzwischen die Feinstaubbelastung und haben Messstationen eingerichtet. „Die häufig spärliche und wenig einheitliche Verteilung der Messstationen macht eine genaue Erhebung der globalen PM2,5-Belastung allerdings schwierig“, erklärt ein Team um Wenhua Yu von der Monash University in Melbourne in Australien. Um vergleichbare Daten auf lokaler, regionaler, nationaler und globaler Ebene zu erhalten, kombinierten die Forschenden Daten von 5446 Messstationen in 65 Ländern mit satellitengestützten meteorologischen Daten und geografischen Informationen.

„Mit einem innovativen Ansatz des maschinellen Lernens haben wir diese Informationen integriert, um die täglichen Feinstaubkonzentrationen auf globaler Ebene mit einer hohen räumlichen Auflösung von zehn mal zehn Kilometern für den Zeitraum von 2000 bis 2019 zu kartieren“, beschreibt Yus Kollege Yuming Guo. Das Ergebnis: „Unseren Berechnungen zufolge lag die bevölkerungsgewichtete Feinstaubkonzentration in diesem Zeitraum weltweit bei 32,8 Mikrogramm pro Kubikmeter“, so das Forschungsteam. Das übersteigt den von der WHO festgelegten Grenzwert für die jährliche Exposition um mehr als das sechsfache.

Weltweite Überschreitung der Grenzwerte

Mit Abstand am stärksten betroffen war Ostasien mit jährlichen Werten von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter, also zehnfach über dem Grenzwert. Selbst in Australien und Neuseeland, die der Studie zufolge die geringste Feinstaubbelastung aufweisen, lag die jährliche Belastung mit 8,5 Mikrogramm pro Kubikmeter oberhalb des Grenzwerts. Zudem stellten Yu und sein Team in diesen Regionen eine steigende Tendenz zwischen 2000 und 2019 fest, ebenso wie in Südasien, Lateinamerika und der Karibik. In Europa und Nordamerika dagegen sanken die Werte zwischen 2000 und 2019 leicht.

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Nur 0,18 Prozent der weltweiten Landfläche und 0,0001 Prozent der Weltbevölkerung waren einer Feinstaubbelastung unter fünf Mikrogramm pro Kubikmeter im Jahresdurchschnitt ausgesetzt. Auch in Bezug auf die täglichen Werte stellten die Forschenden eine deutliche Überschreitung der Grenzwerte fest. An über 70 Prozent der Tage lag die Feinstaubbelastung im weltweiten Durchschnitt oberhalb von 15 Mikrogramm pro Kubikmeter, in Süd- und Ostasien sogar an mehr als 90 Prozent der Tage. Spitzenreiter der täglichen Feinstaubbelastung war Singapur, wo der Grenzwert im Jahr 2019 an 361 von 365 Tagen überschritten wurde, dicht gefolgt von Katar und Pakistan mit jeweils 360 Tagen. Bezogen auf die jährliche Durchschnittsbelastung lag China an der Spitze.

Grundlage für zukünftige Forschungen

Je nach Region stellte Forschungsteam unterschiedliche saisonale Muster der Feinstaubkonzentrationen fest: „Der Nordosten Chinas und Nordindien waren am stärksten in den Wintermonaten Dezember, Januar und Februar betroffen, während die östlichen Gebiete Nordamerikas in den Sommermonaten Juni, Juli und August die höchsten PM2,5-Werte aufwiesen“, berichtet Guo. Weitere Studien könnten genauer Aufschluss darüber geben, welche Faktoren zu diesen saisonalen Schwankungen beitragen.

Yu und sein Team weisen darauf hin, dass die Ergebnisse insbesondere in Regionen mit wenigen Messstationen mit Vorsicht zu interpretieren sind, da es sich um Abschätzungen auf Basis maschinellen Lernens handelt. Für Regionen mit einer guten Abdeckung an Messstationen hat das Team jedoch nachgewiesen, dass das Modell zuverlässige Werte ermittelt. Für zukünftige wissenschaftliche Untersuchungen zu den Auswirkungen der Luftverschmutzung sowie für politische Entscheidungen kann die Studie daher eine wichtige Informationsquelle darstellen. „Unsere Ergebnisse sind von Bedeutung für globale Strategien zur Verringerung der Luftverschmutzung und für die Bewertung der kurz- und langfristigen gesundheitlichen Auswirkungen der globalen PM2,5-Belastung“, so das Forschungsteam.

Quelle: Wenhua Yu (Monash University, Melbourne, Australien) et al., The Lancet Planetary Health, doi: 10.1016/S2542-5196(23)00008-6

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