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Neues Darmkrebsrisiko-Testverfahren

Krebsvorsorge

Neues Darmkrebsrisiko-Testverfahren
Eine Vorsorge-Darmspiegelung kann Krebsentwicklung rechtzeitig aufdecken. (Bild: peterschreiber.media/iStock)

Früherkennung ist bei Darmkrebs entscheidend – bei wem regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen besonders wichtig sind, könnte bald ein neues Testverfahren aufzeigen, berichten Forscher: Das Krankheitsrisiko eines Menschen lässt sich anhand von sieben Mikro-RNAs im Blut bestimmen. Der Nachweis dieser Biomarker zeigt die Neigung zur Entwicklung von Darmkrebs dabei deutlicher auf als bisherige Verfahren zur Risikoeinschätzung. Die Methode könnte somit helfen, die Vorsorge bei dieser häufigen Krebsart in Zukunft effektiver zu gestalten, sagen die Wissenschaftler.

Früh erkannt, Gefahr gebannt – durch Vorsorgeuntersuchungen lässt sich die Entwicklung von Darmkrebs im Vergleich zu vielen anderen Tumorerkrankungen recht gut verhindern: Bei einer Darmspiegelung können die Tumoren und ihre Vorstufen frühzeitig identifiziert und manchmal sofort entfernt werden. Ab einem Alter von 50 Jahren bei Männern und 55 Jahren bei Frauen übernehmen auch die Krankenkassen die Kosten der Vorsorge-Darmspiegelung. Doch viele Menschen scheuen sich vor der unangenehmen Prozedur und hoffen auf ihr Glück, nicht betroffen zu sein. Doch leider führt das riskante Vermeidungsverhalten häufig in Lebensgefahr: „Noch immer trifft die Diagnose Darmkrebs jedes Jahr fast 60.000 Menschen in Deutschland“, sagt Hermann Brenner vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg (DKFZ).

Ihm zufolge könnten gezieltere Warnungen hilfreich sein, um die Vorsorgebereitschaft zu erhöhen: „Wenn wir die Möglichkeit hätten, das persönliche Erkrankungsrisiko besser aufzuzeigen, könnte die Darmkrebs-Prävention vielleicht viel effektiver werden“, so Brenner. Ansätze dazu gab es bereits: Es sind bestimmte genetische Faktoren und Lebensweisen von Menschen bekannt, die mit einem erhöhten Darmkrebsrisiko verbunden sind. Deren Nutzung im Rahmen eines Risikoprofils zur Vorhersage ist aber begrenzt. Deshalb suchten Brenner und seine Kollegen nach alternativen Möglichkeiten, um das individuelle Darmkrebsrisiko von Personen zu bestimmen. So geriet die Möglichkeit des Nachweises über Mikro-RNAs ins Visier der Wissenschaftler.

Nukleotid-Winzlinge als Biomarker

Es handelt sich dabei um Nukleotid-Moleküle, die aus nur 20 bis 25 Bausteinen bestehen. Seit den 1990er Jahren ist bekannt, dass diese Mikro-RNAs (miRNAs) eine wichtige Rolle im Körper spielen. Anders als ihre Verwandten, die RNAs, dienen sie nicht direkt der Herstellung von Proteinen. Sie spielen aber eine zentrale Rolle im komplexen Geschehen der Genregulation im Körper. Studien haben bereits gezeigt, dass sich bestimmte Erkrankungen in einem ungewöhnlichen Muster von Mikro-RNAs im Blut widerspiegeln. Vor diesem Hintergrund sind Brenner und seine Kollegen nun der Frage nachgegangen, inwieweit bestimmte miRNA-Expressionsmuster mit dem Auftreten von Darmkrebs in Verbindung stehen und somit eine Vorhersage des Erkrankungsrisikos ermöglichen könnten.

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Die Wissenschaftler nahmen dazu 41 miRNA-Kandidaten ins Visier, die aufgrund von zuvor gewonnenen Hinweisen vielversprechend schienen. Ihr Vorkommen untersuchten sie in gelagertem Blutserum von Teilnehmern der sogenannten ESTHER-Studie. Dabei handelt es sich um eine umfangreiche Längsschnittstudie zur Krebsforschung, die seit dem Jahr 2000 durchgeführt wird. Wie das Team berichtet, waren insgesamt 198 der fast 10.000 ESTHER-Teilnehmer innerhalb von 14 Jahren nach der Blutentnahme an Darmkrebs erkrankt. So konnten die Forscher untersuchen, welche der 41 miRNA-Kandidaten ein auffälliges Vorkommen bei den Betroffenen gezeigt hatten.

Grundlage für effektivere Früherkennung

So identifizierten sie schließlich sieben miRNAs, die eng mit dem Auftreten von Darmkrebs korrelierten. Durch den Vergleich mit den Werten bei krebsfreien Teilnehmern entwickelten sie ein Risikoscore-System, in dem sich das individuelle Darmkrebsrisiko auf der Basis der sieben miRNAs widerspiegelt. „Unsere Daten zeigen, dass die Änderungen im miRNA-Profil der Erkrankung um Jahre vorausgehen können“, sagt Erstautorin Janhavi Raut vom DKFZ.

Konkret konnten die Wissenschaftler zeigen: Studienteilnehmer mit den höchsten Werten des miRNA Risikokoscores besaßen ein etwa 20-fach höheres Risiko, Darmkrebs zu entwickeln als Personen mit den niedrigsten Werten. Wie sie betonen, ist die Vorhersagekraft des Verfahrens damit deutlich höher als bei dem bisher aussagekräftigsten genetischen Risikoscore. Er basiert auf dem Nachweis von 140 sogenannten Einzelnukleotid-Polymorphismen – Variationen von Genen, die mit einer erhöhten Neigung zur Entwicklung von Darmkrebs in Verbindung stehen. Dieses Nachweisverfahren zeigt nur ein maximal vierfach erhöhtes Risiko für die Entstehung auf, berichten die Wissenschaftler.

Somit zeichnet sich ihnen zufolge erhebliches medizinisches Potenzial für ihre miRNA-Methode ab: „Es handelt sich um eine vielversprechende Möglichkeit, das individuelle Darmkrebsrisiko besser abzuschätzen als das mit bisher verfügbaren Verfahren möglich war. Wenn sich die Vorhersagekraft in unabhängigen Studien mit langer Laufzeit bestätigen lässt, hätten wir einen aussagekräftigen Biomarker zur Verfügung, der die Darmkrebsvorsorge entscheidend verbessern könnte“, sagt Brenner abschließend.

Quelle: Deutsches Krebsforschungszentrum, Fachartikel: Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-021-25067-8

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