Die eigene Handschrift ist wie ein Fingerabdruck – individuell und unverwechselbar. Selbst wenn Menschen nach einem Unfall mit dem Fuß oder dem Mund schreiben müssen, bleibt ihr persönlicher Schriftstil erhalten. Aus dieser Konstanz ergibt sich für Ärzte ein bisher kaum genutztes Diagnosekriterium. Denn schleichende oder plötzliche Veränderungen im Schriftbild sind oft Anzeichen einer Krankheit, so Reinhard Ludewig, ehemaliger Direktor des Instituts für Klinische Pharmakologie der Universität Leipzig. Als Beispiel nennt er die immer kleiner werdenden Buchstaben bei Parkinson-Patienten – ein ernst zu nehmendes Warnzeichen, schon lange bevor andere Symptome offensichtlich sind. Auch Herz- und Lungenkrankheiten hinterlassen ihre Spuren in der Handschrift. Der Grund: Die für die Feinmotorik zuständigen Strukturen im Gehirn reagieren bereits auf geringe Sauerstoffdefizite.
Wenn Leber und Niere schwächeln, reichern sich Giftstoffe im Gehirn an. Die Schrift wird zittrig bis zur Unleserlichkeit. Solche Schriftveränderungen sind außerdem typisch für Mineralstoffmangel, Nebenwirkungen von Medikamenten, Vergiftungen oder den übermäßigen Gebrauch von Alkohol und anderen Drogen. Durch einen Vergleich von aktuellen und früheren Schriftproben lässt sich nicht nur der mögliche Krankheitsbeginn rückdatieren, sondern auch die Wirkung einer Therapie gut verfolgen.