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Wenn Menschen Krankheiten auf Tiere übertragen

Gesundheit|Medizin

Wenn Menschen Krankheiten auf Tiere übertragen
Schimpansen
Menschenaffen im Zoo stecken sich besonders häufig bei uns Menschen an. © jeryltan/ iStock

Von Menschen auf Tiere übertragene Krankheiten gefährden Artenschutzbemühungen und können durch Rückübertragungen auch zum Gesundheitsproblem für Menschen werden. Forscher haben veröffentlichte Studien zu diesem Thema ausgewertet und fast 100 Fälle identifiziert, in denen menschliche Krankheitserreger bei Tieren festgestellt wurden. Besonders häufig wurden solche sogenannten Spillbacks bei Primaten und großen Zootieren entdeckt. Die Autoren gehen davon aus, dass viele weitere Übertragungsereignisse übersehen wurden. Künstliche Intelligenz könnte in Zukunft helfen, Risiko-Spezies vorherzusagen.

Das Coronavirus SARS-CoV-2 sprang mit hoher Wahrscheinlichkeit von Fledermäusen auf den Menschen über. Auch viele weitere Infektionskrankheiten wie die Schweinegrippe, die Vogelgrippe, SARS und MERS sind sogenannte Zoonosen, also Erreger, die von Tieren an Menschen weitergegeben wurden. Gerade angesichts der Covid-19-Pandemie hat dieser Übertragungsweg große öffentliche und wissenschaftliche Aufmerksamkeit erfahren. Doch auch die umgekehrte Richtung könnte Anlass zur Besorgnis geben: Krankheitserreger können auch vom Menschen auf zuvor nicht betroffene Tierarten übertragen werden.

Fälle bei Zootieren und Primaten

Damit hat sich nun ein Team um Anna Fagre von der Colorado State University in den USA näher auseinandergesetzt. „Wir haben die Literatur durchforstet, um herauszufinden, wie sich der Prozess in der Vergangenheit manifestiert hat“, sagt Co-Autor Gregory Albery von der Georgetown University in Washington D.C. In 97 veröffentlichten Studien fanden die Forscher Berichte darüber, dass menschliche Krankheitserreger auf Tiere übertragen wurden.

Fast die Hälfte der entdeckten Vorfälle betraf Tiere in Gefangenschaft, insbesondere in Zoos. Da Tierärzte die Gesundheit von Zootieren genau im Auge behalten, ist es jedoch wahrscheinlicher, dass sie eine von Menschen übertragene Viruserkrankung bei ihren Schützlingen bemerken als bei Tieren in freier Wildbahn. In 57 von 97 Fällen handelte es sich bei den betroffenen Tieren um Primaten. Dies ist zum einen naheliegend, da Affen zu den nächsten Verwandten des Menschen zählen und somit der Sprung für Viren kleiner ist als zu evolutionär weiter entfernten Spezies. Zum anderen werden insbesondere Menschenaffen – sowohl in Zoos als auch in freier Wildbahn – besonders sorgfältig überwacht.

Auswirkungen auf Tiere und Menschen

„Dies unterstützt die Idee, dass wir Krankheitserreger eher dort entdecken, wo wir viel Zeit und Mühe in die Suche investieren, wobei sich eine unverhältnismäßig große Anzahl von Studien auf charismatische Tiere in Zoos oder in unmittelbarer Nähe des Menschen konzentriert“, sagt Fagre. „Das wirft die Frage auf, welche artenübergreifenden Übertragungsereignisse wir möglicherweise übersehen und was dies nicht nur für die öffentliche Gesundheit, sondern auch für die Gesundheit und Erhaltung der infizierten Arten bedeuten könnte.“

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In ihrer Übersichtsarbeit erläutern die Autoren verschiedene Szenarien, wie sich die Übertragung von menschlichen Viren auf Tiere auswirken kann. Denkbar sei zum einen, dass das übertragene Virus zu einer hohen Krankheitslast und vielen Todesfällen bei den betroffenen Tieren führt – ein großes Problem für Artenschutzbemühungen. Zum anderen sei es möglich, dass das Virus in der Tierart ein neues Reservoir findet und womöglich sogar neue, besorgniserregende Varianten bildet. Ob es die Tiere dabei sichtbar krank macht oder nicht, spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle. Dieses Szenario stellt wiederum ein Problem für die menschliche Gesundheit dar: Denn selbst wenn es gelingt, die Ausbreitung eines solchen Virus in der menschlichen Gesellschaft zu begrenzen, etwa durch verstärkte Hygiene und weitere Public Health Maßnahmen, kann der Erreger von den Tieren wieder zurück auf Menschen übertragen werden – ein sogenannter „sekundärer Spillover“.

Vorhersagen dank künstlicher Intelligenz

Auf Basis der in der aktuellen Studie ausgewerteten Literatur ist dieses Risiko zwar vorhanden, aber nicht sehr verbreitet. „Relativ wenige dokumentierte Beispiele führten zu Morbidität und Mortalität bei den Tieren, und nur sehr wenige führten zur Beibehaltung eines menschlichen Krankheitserregers in einem neuen Reservoir oder zu einem anschließenden ‚sekundären Spillover‘ zurück auf den Menschen“, schreiben die Forscher. Um für zukünftige Fälle gewappnet zu sein, sei es jedoch wichtig, plausible Übertragungen und ihre möglichen Auswirkungen vorhersagen zu können. Dabei kann künstliche Intelligenz helfen, die ihre Schlüsse auf Basis einer soliden Forschungsgrundlage zieht.

Erste Ergebnisse aus diesem Bereich sind vielversprechend. Bezogen auf veröffentlichte Vorhersagen, welche Tierarten sich mit Sars-CoV-2 infizieren könnten, lagen die Wissenschaftler häufiger richtig als falsch. „Es ist sehr befriedigend zu sehen, dass sich die Sequenzierung von Tiergenomen und das Verständnis ihrer Immunsysteme ausgezahlt hat“, sagt Alberys Kollege Colin Carlson. „Die Pandemie gab den Wissenschaftlern die Möglichkeit, einige Prognoseinstrumente zu testen, und es stellte sich heraus, dass wir besser vorbereitet sind als wir dachten.“

Gesundheit von Wildtieren überwachen

Für andere Krankheiten sei es allerdings wichtig, weiteres Wissen zu generieren, auf dem solche Vorhersagen aufbauen können. „Wir beobachten Sars-CoV-2 genauer als jedes andere Virus auf der Welt, so dass wir erkennen können, wenn es zu einem Spillback kommt. In anderen Fällen, in denen wir nicht mit so vielen Informationen arbeiten können, ist es bisher viel schwieriger, das Risiko glaubwürdig einzuschätzen“, sagt Carlson. Daher sei es wichtig, die Gesundheit von Wildtieren langfristig zu überwachen, so Fagre. „Wenn wir genau beobachten, können wir diese artenübergreifenden Übertragungsereignisse viel schneller erkennen und entsprechend handeln.“

Quelle: Anna Fagre (Colorado State University, USA) et al., Ecology Letters, doi: 10.1111/ele.14003

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