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Wie das Gehirn Krankheitssymptome steuert

Gesundheit|Medizin

Wie das Gehirn Krankheitssymptome steuert
Krankes Kind
Fieber, Mattigkeit und Appetitlosigkeit sind typische Krankheitszeichen. Aber wie entstehen sie? © SDI Productions/ iStock

Wenn wir krank sind, fühlen wir uns oft müde und abgeschlagen, haben keinen Appetit und oft eine erhöhte Körpertemperatur. Reguliert werden diese Symptome von unserem Gehirn. Doch auf welche Weise erfährt unser Gehirn von der Infektion und welche Region genau ist für die Reaktionen verantwortlich? Das haben Forscher nun an Mäusen untersucht. Dabei zeigte sich: Ein Bereich des Hypothalamus, der in der Nähe der Blut-Hirn-Schranke liegt, kommuniziert direkt mit dem Immunsystem. Aktivierten die Forscher die entsprechenden Neuronen experimentell, entwickelten die Mäuse ebenfalls Krankheitssymptome.

Auf Infektionen verschiedener Arten reagiert unser Körper mit einer Reihe evolutionär erhaltener Anpassungen, die darauf abzielen, die Krankheitserreger zu bekämpfen und unsere Überlebenschancen zu erhöhen: Wir bekommen Fieber, verlieren den Appetit und fühlen uns müde. Gesteuert werden all diese Reaktionen von unserem Gehirn. Wie genau es allerdings von der Infektion erfährt und auf welche Weise es die Veränderungen in Verhalten und Physiologie erzeugt, war bislang unklar.

Direkte Kommunikation zwischen Hirn und Immunsystem

Ein Team um Jessica Osterhout von der Harvard University in Cambridge hat nun an Mäusen untersucht, wie genau die Krankheitsreaktion im Gehirn initiiert wird und abläuft. Dazu injizierten sie den Versuchstieren zunächst entzündungsfördernde Substanzen, die eine bakterielle oder virale Infektion imitierten. Wie erwartet entwickelten die Tiere Fieber, Appetitlosigkeit und weitere Krankheitszeichen. Über verschiedene Methoden der Fluoreszenzmarkierung und optogenetische Analysen untersuchten die Forscher anschließend, welche Bereiche und Zellen im Mäusegehirn darauf reagierten.

Das Ergebnis: Das sogenannte ventral-mediale präoptische Areal (VMPO), eine Region des Hypothalamus, die unmittelbar neben der Blut-Hirn-Schranke liegt, wurde durch die Infektion stark aktiviert. „Was passiert, ist, dass die Zellen der Blut-Hirn-Schranke, die in Kontakt mit dem Blut und dem peripheren Immunsystem stehen, aktiviert werden. Diese nicht-neuronalen Zellen sondern daraufhin Botenstoffe ab, die wiederum die Population von Neuronen aktivieren, die wir gefunden haben“, erklärt Osterhouts Kollegin Catherine Dulac. Auf diese Weise kommuniziert das Gehirn also direkt mit dem Immunsystem.

Krankheitsreaktionen umkehren?

Als nächstes untersuchten die Forscher die in Folge der Aktivierung ausgelösten Reaktionen, indem sie die entsprechende Hirnregion ohne eine zugrundeliegende Infektion künstlich aktivierten. Und tatsächlich: Stimulierten sie die entsprechenden Neuronen, stieg die Körpertemperatur der Mäuse, sie fraßen weniger und hielten sich bevorzugt an einem auf 30 Grad Celsius beheizten Bereich ihres Käfigs auf. „Darüber hinaus projizierten die entsprechenden Neuronen auf zwölf Hirnareale, von denen einige dafür bekannt sind, Durst, Schmerzempfinden oder soziale Interaktionen zu kontrollieren, was darauf hindeutet, dass auch andere Krankheitsverhaltensweisen durch die Aktivität dieser Neuronen beeinflusst werden könnten“, so die Forscher.

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Obwohl sich all diese Reaktionen evolutionär entwickelt haben, um das Überleben des Individuums zu fördern, können sie in zu hohem Maße schädlich sein. Fieber beispielsweise kann helfen, die Krankheitserreger zu bekämpfen. Wird es jedoch zu hoch, schädigt es den Körper und kann sogar lebensbedrohlich werden. Ähnliches gilt für ein verringertes Hunger- und Durstgefühl. Die Forscher hoffen, mit einem genaueren Verständnis der zugrundeliegenden Mechanismen bestimmte Prozesse womöglich gezielt umkehren zu können. „Wenn wir wissen, wie das funktioniert, können wir vielleicht Patienten helfen, die Schwierigkeiten mit dieser Art von Symptomen haben, zum Beispiel Krebspatienten während einer Chemotherapie“, so Osterhout.

Quelle: Jessica Osterhout (Harvard University, Cambridge) et al., Nature, doi: 10.1038/s41586-022-04793-z

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