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Wie der Fötus mit der Plazenta kommuniziert

Gesundheit|Medizin

Wie der Fötus mit der Plazenta kommuniziert
Fötus
Fötus und Plazenta am 12. Tag nach der Befruchtung. (Bild: Ionel Sandovici)

Damit der Fötus im Mutterleib mit Nährstoffen versorgt wird, bildet die Plazenta verstärkt Blutgefäße aus. Eine Studie an Mäusen zeigt nun, dass dafür Signalstoffe entscheidend sind, die der Fötus selbst ausschüttet. Für eine gesunde Entwicklung des Babys ist es wichtig, dass bei der Produktion dieser Signalstoffe jeweils nur eine der beiden Genkopien, die es von Vater und Mutter erhalten hat, aktiv sind. Andernfalls drohen Wachstumsstörungen. Die Studie gibt Einblicke in die molekularen Wechselwirkungen und ermöglicht ein besseres Verständnis für krankhafte Veränderungen.

Die Plazenta bildet während der Schwangerschaft die Verbindung zwischen der Mutter und dem ungeborenen Kind. Sie entsteht aus embryonalem Gewebe, das in die Gebärmutterschleimhaut einwächst, und enthält sowohl fetale als auch mütterliche Anteile. Im Laufe der Schwangerschaft bilden sich mehr und mehr Blutgefäße, die dafür sorgen, dass das Baby über die Plazenta Nährstoffe von der Mutter erhält. Bilden sich zu wenige Blutgefäße, kann dies zu einer Mangelversorgung und vermindertem Wachstum des Kindes führen. Eine Überversorgung dagegen ist mit einem zu schnellen Wachstum, Fehlbildungen und Tumoren assoziiert.

Wachstumsfaktor des Fötus

Ein Team um Ionel Sandovici von der University of Cambridge hat nun an Mäusen erforscht, wie die Nährstoffversorgung des Fötus auf molekularer Ebene reguliert wird. „Während des Wachstums im Mutterleib braucht der Fötus Nahrung von seiner Mutter, und gesunde Blutgefäße in der Plazenta sind wichtig, damit er die richtige Menge an Nährstoffen erhält“, erklärt Sandovici. „Wir haben einen Weg gefunden, über den der Fötus mit der Plazenta kommuniziert, um die korrekte Ausbildung dieser Blutgefäße zu veranlassen. Wenn diese Kommunikation unterbrochen wird, entwickeln sich die Blutgefäße nicht richtig und das Baby hat Schwierigkeiten, die benötigte Nahrung zu bekommen.“

Ein Schlüsselprotein bei dieser Kommunikation ist den Forschern zufolge der Wachstumsfaktor IGF2 (Insulin-like Growth Factor 2). An trächtigen Mäusen zeigten sie, dass dieser sowohl vom Fötus selbst ausgeschüttet wird als auch von der Plazenta sowie von den Endothelzellen, die die Blutgefäße auskleiden. Für das Wachstum der Blutgefäße zur Versorgung des Fötus ist offenbar das IGF2, das er selbst ausschüttet, am wichtigsten. Unterdrückten die Forscher bei Mäusen die Produktion des fetalen IGF2, bildete die Plazenta weniger Blutgefäße und die ungeborenen Mäusebabys wurden schlechter versorgt. „Wir wissen schon seit einiger Zeit, dass IGF2 das Wachstum der Organe fördert, in denen es produziert wird. In dieser Studie haben wir gezeigt, dass IGF2 auch wie ein klassisches Hormon wirkt – es wird vom Fötus produziert, gelangt in das Blut des Fötus, durch die Nabelschnur und zur Plazenta, wo es wirkt“, berichtet Sandovici.

„Tauziehen“ der Gene

Produziert wird IGF2, indem das entsprechende Gen dafür abgelesen wird. Da jeder Mensch jeweils eine Genkopie vom Vater und eine von der Mutter erhält, liegt das Gen doppelt vor. Damit aber nicht zu viel IGF2 ausgeschüttet wird, ist die mütterliche Genkopie normalerweise durch epigenetische Veränderungen stillgelegt. Diese epigenetische Inaktivierung bezeichnet man als Imprinting („Prägung“). Bekannt war bereits, dass Störungen des Imprinting, bei denen entweder keine oder beide Genkopien aktiviert werden, beim Menschen zu schwerwiegenden genetischen Krankheiten mit Groß- oder Minderwuchs führen können.

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Sandovici und sein Team haben an Mäusen nun die zugrundeliegenden molekularen Mechanismen genauer untersucht. Dabei stellten sie fest, dass der IGF2-Rezeptor, der erforderlich ist, damit IGF2 seine Wirkung entfalten kann, ebenfalls durch ein Gen produziert wird, von dem nur eine der beiden Kopien aktiv ist – in diesem Fall die mütterliche. Den Forschern zufolge repräsentiert dieser Befund eine Art „Tauziehen“ zwischen den väterlichen und mütterlichen Genen des Fötus. Bildlich beschreibt Sandovicis Kollege Miguel Constância: „In unserer Studie treibt die vom Vater geerbte Genkopie für IGF2 die Forderung des Fötus nach größeren Blutgefäßen und mehr Nährstoffen an, während das von der Mutter geerbte Genkopie für den IGF2-Rezeptor in der Plazenta kontrolliert, wie viel Nährstoffe sie bereitstellt.“

Die dadurch aufrecht gehaltene Balance sorgt dafür, dass der Fötus weder zu viel noch zu wenig versorgt wird. Die Ergebnisse können dazu beitragen, mögliche Störungen dieses Prozesses besser zu verstehen und womöglich medizinisch zu behandeln.

Quelle: Ionel Sandovici (University of Cambridge) et al., Developmental Cell, doi: 10.1016/j.devcel.2021.12.005

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