„Dort wollte ich hin!“, wusste Heike Behrend schon als Teenie: nach Afrika, um dort ganz andere Menschen in ihrem fremden Anderswo zu erleben. Nach dem Studium der Ethnologie reiste sie zum ersten Mal 1978 für einen mehrmonatigen Forschungsaufenthalt in die Tugen-Berge in Kenia. Im Dorf Bartabwa bezog sie eine Hütte und ging an die Arbeit: ethnografische Feldforschung als „teilnehmende Beobachtung“, wie sie es an der Universität gelernt hatte. Sie begann, die Ältesten und die Nachbarn auszufragen.
Dann fiel sie aus allen Wolken, wie stark das gegenseitige Anderssein von den Afrikanern zurückgespiegelt wurde. Denn sie selbst wurde intensiv beobachtet. Mit wenig schmeichelhaftem Ergebnis: Sie erfuhr, dass sie die Lachnummer des Dorfs war, „der Affe“– ein Spottname für unwissende ungehobelte Primitive. Erst später rückte sie im Status etwas auf und wurde „das Ding“. Nachdem sie endlich auch die Tischsitten begriffen hatte – Teller nie leer essen! –, beschlossen die Ältesten, ihr „Verwandtschaft“ zur Seite zu stellen: eine alte Frau namens Kopcherutoi. Von da an war sie „die kleine Kopcherutoi“ – und endlich im Rang eines Menschen.
Bei weiteren Forschungsaufenthalten in Uganda avancierte sie dann zur „Spionin“ und „Kannibalin“. Das alles erzählt Behrend schonungslos und mit trockenem Humor – eine augenöffnende Lektion über das Selbst- und Fremdbild einer Ethnologin. Und ein tolles Afrika-Buch. Thorwald Ewe
Heike Behrend
MENSCHWERDUNG EINES AFFEN
Matthes & Seitz, 278 S., € 25,–
ISBN 978–3–95757–955–3