Die großen deutschen Verlagshäuser der Nachkriegszeit fangen an, ihre Geschichte aufzuarbeiten. Dabei feiert man vor allem die großen Journalisten und Verleger, die nicht nur die bundesdeutsche Presselandschaft, sondern auch die Demokratie mit ihrer Persönlichkeit, ihrem verlegerischen und journalistischen Engagement nachhaltig geprägt haben. Von den Zeitungsverlagen unterstützt, schreiben bekannte Männer über bekannte Männer: Ralf Dahrendorf schrieb über Gerd Bucerius, Peter Merseburger über Rudolf Augstein, und der Adenauer-Biograph Hans-Peter Schwarz hat nun ein Buch über Axel Springer verfasst.
Axel Springer war der größte Verleger Europas, Erfinder der „Bild-Zeitung“, Förderer und Feind Willy Brandts, Feindbild der „68er“ und Brückenbauer nach Israel. Schwarz will die Biographie Axel Springers mit der zeitgeschichtlichen Perspektive des „kurzen 20. Jahrhunderts“ verbinden, da er in ihm eine „Schlüsselfigur“ dieser Periode deutscher Geschichte sieht. „Er ist eine Art Prototyp jener umtriebigen, lebenstüchtigen, auch bedenkenlosen Nachkriegsgenera-tion, der die Bundesrepublik ihre lange Zeit beispiellose Dynamik verdankte“, so charakterisiert Schwarz Axel Springer.
Der Autor zeichnet ein Bild des Unternehmers, des Privatmanns und des politisch aktiven Axel Springer in all seinen Widersprüchlichkeiten: unternehmerisch meist erfolgreich, im Umgang nicht einfach, privat eine zerrissene und schwierige Persönlichkeit, politisch seit Ende der 50er Jahre mit einem festen, kaum mehr verrückbaren Weltbild. Springer war ein politischer Verleger, der seine Blätter ganz auf die eigene Linie einschwor. 1967 goss er sein politisches Credo in vier eherne Grundsätze, die für alle Verlagsmitarbeiter bindend wurden: die Wiederherstellung der deutschen Einheit, die Ablehnung von politischem Extremismus, die Bejahung der sozialen Marktwirtschaft und die Aussöhnung zwischen Juden und Deutschen. Das Festhalten an der deutschen Einheit stellte ihn in Gegensatz zu Konrad Ade-nauers Politik der konsequenten Westintegration und ließ ihn, gepaart mit seinem Antikommunismus, zum Feindbild einer ganzen Generation werden.
Diese „Beharrlichkeit“ und Kontinuität in der „politischen Grundlinie“ beeindruckt den Autor ebenso wie die Tatsache, dass es Springer trotz der Politisierung seiner Blätter gelang, unternehmerisch erfolgreich zu sein. Ob man den Verleger jedoch, nur weil er zeitlebens an die Wiedervereinigung glaubte, als „Visionär“ bezeichnen kann, bleibt fraglich. Dass Axel Springer die Presselandschaft der Bundesrepublik nicht nur nachhaltig geprägt, sondern auch verändert hat, steht hingegen außer Zweifel.
Rezension: Münkel, Daniela