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Das letzte Tabu – NS-Militärjustiz und Kriegsverrat

Wette, Wolfram/Vogel, Detlef

Das letzte Tabu – NS-Militärjustiz und Kriegsverrat

Im Mai 2002 rehabilitierte der Deutsche Bundestag pauschal die Deserteure der Wehrmacht während des Zweiten Weltkriegs. Die Kriegsverräter sparte er aus. Als Kriegsverrat galt ein Landesverrat, der von Angehörigen der Wehrmacht während des Zweiten Weltkriegs begangen wurde. In ihrem Buch dokumentieren und kommentieren die Herausgeber 33 Urteile und fünf Anklageschriften der NS-Militärjustiz mit einer Vielzahl von Dokumenten. Darüber hinaus führen sie allgemein in das Thema ein und zeigen, welche Vorwürfe den Soldaten gemacht wurden. Dabei zeigen sie anhand von Beispielen auf, wie willkürlich die NS-Militärgerichte oft mit dem Vorwurf des Kriegsverrats umgegangen sind. Ein interessanter Aspekt, auf den die Autoren dabei stießen: Die NS-Militärjustiz behandelte Offiziere in der Regel sehr viel milder als einfache Soldaten. So wurde ein Oberarzt, obwohl er Kettenbriefe versandte, in denen er ein Ende der Massaker an Juden forderte, lediglich zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr verurteilt, während ein Stabsgefreiter zum Tode verurteilt wurde, nur weil er sich in seinem privaten Tagebuch kritisch zum gleichen Thema geäußert hatte. Andere gingen weiter: Sie verweigerten sich bewusst der Militärmaschinerie des Nationalsozialismus, wechselten die Seiten, weil sie Massaker nicht länger ertragen wollten, oder versuchten auf andere Weise mit den ihnen zur Verfügung stehenden begrenzten Mitteln gegen den Krieg zu wirken, der von deutschem Boden ausgegangen war und von der Wehrmacht mit getragen wurde. Andere wehrten sich lediglich gegen die Willkür ihrer Vorgesetzten und wurden gleichfalls als Kriegsverräter verurteilt. Mit dem pauschal formulierten Kriegsverräter-Paragraphen wollten Hitler und die in seinem Dienst stehenden Militärjuristen “den Kriegsrichtern zusätzlich zu den übrigen, präziser formulierten Straftatbeständen des Militärstrafgesetzbuches einen allgemeinen justiziellen Schlagstock an die Hand geben, um Wehrmachtsangehörige, die in irgendeiner Weise der kämpfenden Volksgemeinschaft zuwiderhandelten, vernichten zu können”. Anders als die konservativen Widerständler um Stauffenberg oder Tresckow wurden viele dieser “Kriegsverräter” auch nach 1945 noch geschmäht, oder es wurde ihnen zumindest keine Anerkennung ihres Handelns zuteil. Im Gegenteil, sie wurden so wieder zu Opfern ihrer Unbotmäßigkeit gegen das nationalsozialistische Regime. Wette und Vogel wollen mit ihrem Buch die Voraussetzung schaffen für eine sachgerechte Auseinandersetzung mit diesem Thema. Eine pauschale Aufhebung der Urteile, die Militärgerichte zwischen 1939 und 1945 mit Verweis auf den Straftatbestand des Kriegsverrats gefällt haben, steht noch auf der politischen Agenda. Die Diskussion darüber wird anhalten, und es werden auch emotionale Töne in dieser Auseinandersetzung nicht fehlen.

Rezension: Oster, Uwe A.

Wette, Wolfram/Vogel, Detlef
Das letzte Tabu – NS-Militärjustiz und Kriegsverrat
Aufbau Verlagsgruppe, Berlin 2007, 507 Seiten, Buchpreis € 24,95
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