Fast 40 Jahre nach der Veröffentlichung des von Kurt Bittel, Wolfgang Kimmig und Siegwalt Schiek herausgegebenen Sammelbands „Die Kelten in Baden-Württemberg“ (Verlag Konrad Theiss, Stuttgart 1981) bietet das Werk des Prähistorikers Markus Schußmann eine vergleichbar ausführliche Zusammenstellung der keltischen Hinterlassenschaft im benachbarten Bundesland Bayern.
Der Band ist in zehn Kapitel gegliedert. Auf einige Überlegungen zur Geschichte des Keltenbegriffs, eine Kurzdarstellung der antiken literarischen und archäologischen Quellen, einen Abriss der Forschungsgeschichte und eine knappe Übersicht über die Chronologie folgen ausführliche darstellende Kapitel. Schußmann schildert die Tracht und die Bewaffnung der Kelten, ihr Siedlungswesen und Grabbrauchtum, wirtschaftliche Aspekte wie den (Fern-)Handel und das Handwerk, aber auch Kunst und Religion.
Besonders ausführlich behandelt wird die Vielfalt der unterschiedlichen Siedlungsformen vom einfachen Gehöft über das Dorf zu großflächigen Oppida wie Manching oder Kelheim, aber auch die Entwicklung der Bestattungssitten von der Späthallstattzeit (um 620 – um 450 v. Chr.) bis zur unmittelbar vorrömischen Spätlatènezeit (um 150 – um 15 v. Chr). Im Kapitel über den Fernhandel kommen vor allem die Beziehungen der Kelten zum Mittelmeerraum, also zu den Griechen, den Etruskern und später auch den Römern, zur Sprache.
Den Abschluss bilden Überlegungen zur Entstehung der Bayern. Der Autor sieht hier keine keltischen Kontinuitäten und weist mit Recht die einst gängige Gleichsetzung der Bayern mit den keltischen Boiern zurück. Auch den Anteil alteingesessener keltischer Bevölkerungsteile an der Ethnogenese der Bayern beurteilt Schußmann zurückhaltend.
Die Anschaulichkeit der Ausführungen wird erhöht durch über 500 teils farbige Abbildungen, die neben Fotografien archäologischer Objekte auch Rekonstruktionszeichnungen, Grabungs- und Befundpläne, Verbreitungskarten und topographische Skizzen umfassen. Der informative Band wird abgerundet durch eine umfangreiche, nach Autorennamen geordnete Auflistung archäologischer Spezialliteratur. Auf sie wird in der Darstellung selbst allerdings nicht Bezug genommen, was die gezielte Suche nach weiterführender Literatur zu bestimmten Themen oder Fundorten erschwert.
Auch ist der Darstellung einzelner archäologischer Fundorte in der Regel nicht zu entnehmen, was dort gegebenenfalls noch immer im Gelände sichtbar ist. Dennoch, das Buch bietet eine sehr gut lesbare, ausgewogene und anschauliche Darstellung jenes Teils der archäologischen Hinterlassenschaft im vorrömischen Bayern, die man hierzulande gewöhnlich den Kelten zuschreibt.
Rezension: Prof. Dr. Bernhard Maier
Markus Schußmann
Die Kelten in Bayern
Archäologie und Geschichte
Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2019, 415 Seiten, € 39,95