Herbert Kraume beschäftigt sich in seiner im Primus Verlag erschienenen Überblicksdarstellung „Glanzvolles Burgund“ vor allem mit der Blütezeit des Herzogtums am Ende des Spätmittelalters. Bereits der Einband, den ein Detail aus dem prachtvollen Genter Altars des flämischen Meisters Jan von Eyck aus dem Jahr 1432 schmückt, weist wie der Buchtitel auf die schillernde Geschichte Burgunds im 15. Jahrhundert hin.
Der Autor des Buches beginnt mit der Rolle des französischen Königssohns Philipp im Hundertjährigen Krieg. Anschaulich wird geschildert, wie er zu seinem Beinamen „der Kühne“ gelangte, von seinem Vater die Herrschaft über Burgund erhielt und den Aufstieg des Herzogtums begründete, der sich unter seinen Nachfolgern Johann Ohnefurcht, Philipp dem Guten und Karl dem Kühnen fortsetzte. Im Jahr 1477 stieg die Dynastie durch die Heirat der begehrten Maria von Burgund mit dem künftigen Kaiser Maximilian I. zwar endgültig in die erste Riege der europäischen Herrscherhäuser auf, doch ging das Territorium zwischen Dijon im Süden und Holland im Norden damit gleichzeitig im Reich der Habsburger auf.
Kraume erzählt von der Blütezeit Burgunds in einem anschaulichen Schreibstil. Eine Vielzahl zeitgenössischer Abbildungen und einzelne, teilweise amüsante Infokästen lockern die Textgestalt immer wieder auf. Der Autor bietet viele Fakten, die durch zahlreiche Quellenzitate besonders des Chronisten Philippe de Commynes (ca. 1447-1512) lebendig werden. Dennoch vermisst der Leser gerade hierbei eine analytische Auseinandersetzung mit den dargestellten Entwicklungen. Der Band bleibt zu oft den biographischen Handlungssträngen der Personen verhaftet, ohne die Bedeutung der Geschehnisse in einen Gesamtkontext einzuordnen. Deutlich wird dies zum Beispiel bei der Schilderung der Rolle Burgunds in Bezug auf das Schicksal Jeanne d‘ Arcs. Beachtung dagegen finden sowohl künstlerische Strömungen als auch die Konflikte der Herzöge mit den Ständen. Ein knapper Ausblick auf die Zeit nach dem Tod Karls des Kühnen im Jahr 1477 rundet das Bild vom Ende des Herzogtums an der Schwelle zur Neuzeit ab. Das Buch eignet sich eher für diejenigen, die einen ersten Einstieg in die Geschichte des spätmittelalterlichen Burgunds suchen. Für eine intensive und reflektierte Beschäftigung mit einzelnen Details der historischen Zusammenhänge ist der Band jedoch nur bedingt zu verwenden. Zwar sind dem Text eine aussagekräftige Genealogie und eine umfassende Auswahlbibliographie angehängt, doch fehlen sowohl Fußnoten, ein Register wie auch eine sorgfältige Beschäftigung mit aktueller Forschungsliteratur. Leider umfasst der Band trotz Ankündigung im Titel nicht das gesamte burgundische Mittelalter, sondern bleibt auf die Schilderung seiner Geschichte im 15. Jahrhundert beschränkt. Um sich über die Herkunft und Entwicklung Burgunds vor der Zeit Philipps des Kühnen zu informieren, muss man andere Werke heranziehen.
Rezension: Philipp Meller